Zukunft gestalten: So gelingt ein erfolgreicher Stabwechsel im Mittelstand

Der deutsche Mittelstand steht vor einem entscheidenden Umbruch: In den nächsten Jahren suchen tausende Familienunternehmen Nachfolger*innen. Welche Erfolgsfaktoren sichern den Fortbestand des Lebenswerks? Erfahren Sie im ersten Teil unserer neuen Serie „Nachfolge XY ungelöst“, wie vorausschauende Planung, professionelle Beratung und klare Kommunikation den Unterschied machen.

Allein in den kommenden drei Jahren plant fast die Hälfte aller Familienunternehmen eine Geschäfts- oder Anteilsübertragung, meldet das Wirtschaftsforschungsinstitut ifo aus München. Bis 2027 suchen nach Angaben der staatlichen Förderbank KfW jährlich durchschnittlich 125.000 Unternehmen eine*n Nachfolger*in. Doch der Prozess gestaltet sich zunehmend schwieriger – mit weitreichenden Folgen für die hiesige Wirtschaft. Der jüngste DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge schlägt Alarm: Mehr als einem Viertel der betroffenen Betriebe droht demnach mangels geeigneter Nachfolger*innen das Aus.

Die Ursachen hierfür liegen tief: Der demografische Wandel treibt die Zahl der Übergabewilligen kontinuierlich nach oben. Bereits heute ist knapp jede*r dritte Unternehmensinhaber*in über 60 Jahre alt, wie aus einer KfW-Studie hervorgeht. Gleichzeitig schrumpft durch die geburtenschwachen Jahrgänge der Pool potenzieller Nachfolger*innen stetig. „Die aktuelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Unsicherheit verschärft diese Situation zusätzlich“, erläutert Christina Vosseler, Steuerberaterin bei Forvis Mazars. Geopolitische Krisen, steigende Energie- und Produktionskosten sowie zunehmende Bürokratie erschweren nicht nur die aktuelle Unternehmensführung, sondern auch potenziellen Übernehmer*innen die Entscheidung einzusteigen. „Es wird zunehmend herausfordernder, jemanden zu finden, die oder der bereit ist, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen“, konstatiert die Expertin.

Diese drei Erfolgsfaktoren sind entscheidend

Angesichts dieser komplexen Ausgangslage rückt eine maßgebliche Frage in den Fokus: Wie lässt sich der Generationenwechsel trotz widriger Umstände erfolgreich gestalten? Die Fachleute von Forvis Mazars haben dafür drei zentrale Ansatzpunkte identifiziert, die den Unterschied zwischen Scheitern und Gelingen ausmachen können.

Langfristig planen und vorbereiten: Wer sein Lebenswerk erfolgreich fortführen lassen möchte, muss den Prozess frühzeitig orchestrieren. Die Praxis zeigt: Ein Zeitrahmen von mindestens fünf bis zehn Jahren vor dem anvisierten Übergabetermin schafft den nötigen Spielraum, um alle Weichen systematisch zu stellen.

Professionelle Begleitung sichern: „Nur wer rechtliche, steuerliche und emotionale Dimensionen gleichermaßen berücksichtigt, kann den Übergang souverän meistern“, betont Wolfgang Durach, Rechtsanwalt bei Forvis Mazars. Erfahrene Berater*innen begleiten diesen vielschichtigen Prozess und bringen die erforderliche Expertise ein.

Transparent kommunizieren: Der offene Dialog mit allen Stakeholdern entscheidet maßgeblich mit über den Erfolg: „Familie, Mitarbeiter*innen und externe Partner müssen von Beginn an systematisch eingebunden werden“, rät Durach. Nur wer Klarheit schaffe und Perspektiven aufzeige, könne Vertrauen aufbauen und Akzeptanz für den angestrebten Wandel schaffen. 

Management-Buy-out und Verkauf als ernsthafte Alternativen zur familieninternen Lösung

Die drei Erfolgsfaktoren bilden eine solide Basis für jedes Nachfolgevorhaben. Doch sie werfen auch die nächste entscheidende Frage auf: Welche konkrete Lösung passt am besten zu welcher Organisation? Die Antwort darauf ist vielschichtig und erfordert mehr als nur wirtschaftliche und rechtliche Überlegungen. Zusätzlich beeinflusst in der Regel insbesondere die emotionale Bindung der Inhaber*innen an ihr Lebenswerk die Entscheidungen.

Viele Unternehmer*innen ziehen es vor, ihre Firma innerhalb der Familie weiterzugeben, da dies den Vorteil bietet, das Unternehmen in vertrauten Händen zu wissen. Der Nachwuchs hat die Möglichkeit, sich über einen längeren Zeitraum auf seine zukünftigen Aufgaben vorzubereiten und kennt das Geschäft bereits gut. Dennoch zeigt eine aktuelle Studie des ifo Instituts, dass nur etwa ein Drittel der Familienunternehmen diese Nachfolgeform erfolgreich umsetzen kann. Wolfgang Durach erläutert: „Der Wunsch der übergebenden Person kollidiert häufig mit den Vorstellungen der nächsten Generation.“

Angesichts dieser Herausforderungen sollten Unternehmer*innen auch Alternativen außerhalb der Familie prüfen. Zwei zentrale Optionen stehen dabei im Fokus: Management-Buy-out (MBO) und der Verkauf an externe Interessent*innen.

Beim MBO übernimmt das bestehende Management das Unternehmen. Diese Lösung sorgt für Stabilität und Kontinuität, da das Führungsteam bereits tief in die Organisationsstrukturen eingebunden ist. „Ein MBO eignet sich besonders für Firmen mit einem starken internen Managementteam, das bereit ist, unternehmerisches Risiko zu tragen“, erklärt Christina Vosseler. Der Vorteil liege darin, dass die Kultur erhalten bleibt und das operative Geschäft nahtlos weiterläuft. „Allerdings besteht das Risiko, dass ein ‚Weiter so‘ notwendige Transformationen erschwert“, warnt Vosseler. Zudem erfordere ein MBO erhebliche finanzielle Mittel, die nicht alle aufbringen könnten, ergänzt Wolfgang Durach. „Je größer das Unternehmen, desto schwieriger gestaltet sich daher ein MBO.“

Alternativ ist der Verkauf an strategische Partner oder Private-Equity-Investoren in Betracht zu ziehen. Diese Option schafft finanziell größere Spielräume für Investitionen und Expansion. „Zudem bringen Private-Equity-Investoren oft nicht nur Kapital mit, sondern auch ein breites Netzwerk und Managementexpertise“, so Durach. Dies kann besonders für größere Unternehmen attraktiv sein, die vor erheblichen Wachstumsherausforderungen stehen.

Ein komplexer Prozess erfordert Beratung

Unabhängig davon, ob sich ein*e Inhaber*in für eine Übergabe oder eine Veräußerung entscheidet – der Prozess ist komplex und erfordert professionelle Beratung. „Idealerweise beginnt man so früh wie möglich mit der konkreten Planung“, rät Vosseler. Dazu gehöre, dass jede*r Unternehmer*in von Beginn an Vorsorge treffen sollte – sei es durch Testamente oder Generalvollmachten –, um im Ernstfall vorbereitet zu sein.

Wolfgang Durach betont zudem die Rolle des Aufsichtsrats bei der Nachfolgeplanung: „Er kann eine entscheidende Rolle spielen, weil er das Vertrauen des Unternehmers oder der Unternehmerin genießt und Kompetenz mitbringt.“ Der Aufsichtsrat könne den Finger in die Wunde legen, den Nachfolgeprozess aktiv begleiten und kritische Fragen stellen – zum Beispiel, ob die nächste Generation wirklich am besten geeignet ist oder ob externe Lösungen vorzuziehen wären.

Fazit: Die Nachfolgefrage wird zu einer immer zentraleren Herausforderung für den deutschen Mittelstand. Unternehmer*innen sollten daher frühzeitig mit der Planung beginnen und dabei sowohl familiäre als auch externe Optionen in Betracht ziehen, um nicht leichtfertig die Zukunftsfähigkeit ihres Lebenswerks zu riskieren. Ob Übergabe oder Exit – beide Wege bieten Chancen und Risiken, die gemeinsam mit erfahrenen Expert*innen sorgfältig abgewogen werden müssen.

Dieser Beitrag bildet den Auftakt der Serie „Nachfolge XY ungelöst – so gelingt die Unternehmensübergabe“, die sich mit den verschiedenen Aspekten der Unternehmensnachfolge auseinandersetzt. In den kommenden Teilen beleuchten wir detailliert die verschiedenen Optionen und bewährte Lösungsansätze, um den Generationenwechsel erfolgreich zu meistern.

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