Ambient Assisted Living

Hersteller von Ambient-Assisted-Living-Produkten, -Systemen und -Dienstleistungen können auf Erstattung durch die gesetzliche Pflegeversicherung hoffen.

Schon seit einiger Zeit wird eine Aufnahme von Ambient-Assisted-Living-Produkten, -Systemen und -Dienstleistungen (AAL) in den Leistungskatalog der gesetzlichen Sozialversicherung gefordert, beispielsweise durch den Verbraucherverband Bundeszentrale e. V. und die Arbeitsgruppe 3 der Konzertierten Aktion Pflege. Und das zu Recht: Die Potenziale von AAL durch die technische Unterstützung von Pflegebedürftigen und Pflegepersonen ist immens!

AAL-Markt mit großem Potenzial

Bei AAL handelt es sich um technische Produkte, Systeme und Dienstleistungen, die sowohl die selbstständigere Lebensführung von pflegebedürftigen Personen fördern und die Lebensqualität erhöhen als auch die pflegerische Versorgung in der eigenen Häuslichkeit optimieren. Nur beispielhaft sollen hier aus dem beträchtlichen Markt an AAL Sturzerkennungssystem, Wendebett und Ortungssystem mit integrierter Notruffunktion genannt werden. Allen diesen Produkten ist gemein, dass sie Pflegebedürftigen einen möglichst langen und würdevollen Verbleib in der eigenen Häuslichkeit ermöglichen, indem sie sowohl diese als auch Pflegedienstleister und pflegende Angehörige bei der Pflege unterstützen. Damit entspricht der Einsatz von AAL dem gesetzlich festgelegten Ziel, Pflegebedürftigen zu helfen, trotz ihres Hilfebedarfs ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) sowie so lange wie möglich in ihrer häuslichen Umgebung zu verbleiben (§ 3 Satz 1 SGB XI). Letztlich kann dadurch ein Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung hinausgezögert werden.

Kostentragung durch die Sozialversicherung nur unzureichend geregelt

Dieser Beitrag von AAL im Rahmen der Pflege sollte vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der gesteigerten Tendenz zu Alleinleben, den mitunter hohen Ansprüchen pflegebedürftiger Personen an ihre Lebensqualität sowie dem wachsenden Fachkräftemangel nicht ungenutzt bleiben (vgl. auch Dierks/Retter/Pirk, Möglichkeiten der Kostenerstattung technischer Assistenzsysteme (AAL) für pflegebedürftige Verbraucherinnen und Verbraucher nach geltendem Recht sowie Entwicklung von konkreten Handlungsempfehlungen, S. 5). Bisher wird der pflegerische Nutzen von AAL hingegen nicht vollumfänglich ausgeschöpft, da insbesondere die Kostenübernahme durch die Sozialversicherung für die mitunter teuren Geräte nur unzureichend geregelt ist. Kranken- und Pflegeversicherungen sind daher mit Kostenerstattungen für AAL in der Praxis sehr zurückhaltend. Im Pflegehilfsmittelverzeichnis ist bisher einzig der Hausnotruf als AAL gelistet und wird damit durch die soziale Pflegeversicherung erstattet. Darüber hinaus scheuen Pflegebedürftige aufgrund des ungewissen Ausgangs sowie der Langwierigkeit des Verfahrens davor, ihren Anspruch auf Kostenübernahme für ein AAL im Klagewege geltend zu machen.

Entschliessung des Bundesrates zur Schaffung von Rechtsgrundlagen für Erstattung von AAL

Erfreulich ist daher die Entschließung des Bundesrates zur Schaffung von Grundlagen zur Refinanzierbarkeit digitaler altersgerechter Assistenzsysteme im Rahmen des SGB XI vom Mai 2020 (BR-Drs. 105/20). Der Bundesrat hat die „Potenziale der Digitalisierung“ vor allem für die „Arbeitswelt Pflege“ erkannt und fordert mit der Entschließung die Bundesregierung dazu auf, „einheitliche gesetzliche Voraussetzungen für alle Pflegekassen zur […] regelhaften Finanzierung für die Nutzerinnen und Nutzer nachweislich wirksamen digitalen altersgerechten Assistenzsystemen (AAL) geschaffen werden“ (S. 3). Durch den Bundesrat wird die Aufnahme von AAL in den Leistungskatalog der sozialen Pflegeversicherung durch eine Anpassung des § 40 SGB XI angeregt. Damit wären AAL künftig als Pflegehilfsmittel durch die soziale Pflegeversicherung erstattungsfähig, sofern die Bundesregierung der nicht verbindlichen Aufforderung des Bundesrates nachkommt.

Voraussichtlich Nachweis eines pflegerischen Nutzens des AAL durch den Hersteller erforderlich

Natürlich wird auch in Zukunft nicht jedes AAL erstattungsfähig sein. Zu erwarten steht, dass die Pflegeversicherung nur dann die Kosten für ein AAL tragen wird, sofern der Hersteller den Nachweis eines pflegerischen Nutzens für den Pflegebedürftigen und/oder pflegende Personen erbracht hat. Es ist Herstellern von AAL zu empfehlen, die normativen Anforderungen an AAL im Einzelnen und die geforderten Nachweise während des gesamten Entwicklungsprozesses im Auge zu haben. Dies ermöglicht frühzeitig beispielsweise erforderliche Produktanpassungen vorzunehmen und entsprechende Nachweise für die Erfüllung der Produktanforderungen zu generieren. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der Vermeidung zeit- und kostenintensiver Produktiterationen von Relevanz.

   

Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 3-2020. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier . Sie können diesen Newsletter auch abonnierenund erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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