Das Auslagern von Kernbereichen wie Buchhaltung oder Controlling galt lange als Tabu. Heute ist es in vielen Unternehmen Alltag. Wie kam es zu diesem Paradigmenwechsel?
Theobald: Die Anforderungen in diesen Bereichen sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen, vor allem durch strengere Regulierungen und wachsende Compliance-Vorgaben. Viele Unternehmen stoßen hier intern an ihre Grenzen. Der anhaltende Fachkräftemangel verschärft die Situation zusätzlich. Deshalb entscheiden sich immer mehr Firmen für die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern wie Forvis Mazars.
Für welche Branchen ist Outsourcing besonders interessant?
Sengewald: Das lässt sich nicht pauschalisieren. Outsourcing kann für Unternehmen aller Branchen sinnvoll sein, wenn der Aufbau neuer Kompetenzen im eigenen Haus zu aufwendig ist.
Welche Schwerpunkte setzt Forvis Mazars bei seinen Dienstleistungen?
Theobald: Wir beraten ein breit gefächertes Mandantenportfolio und übernehmen als Managed-Services-Anbieter unter anderem Finanzprozesse. Branchenspezifische Schwerpunkte gibt es dabei kaum. Es gibt jedoch Einschränkungen, etwa wenn Unternehmen erwarten, dass wir ein vollständiges ERP-System bereitstellen, um ein breiteres Spektrum an Geschäftsprozessen zu managen. In solchen Fällen müssen wir fragen, was sinnvoll ist und funktionieren kann. Für stark produktionsgetriebene Geschäftsmodelle beispielsweise ist eine starke Differenzierung erforderlich, die ein spezialisierter Anbieter unter Umständen besser leisten kann.
Welche Aufgaben außer Finanzprozessen übernehmen Sie für Ihre Mandanten?
Sengewald: Unsere Wurzeln liegen in der Wirtschaftsprüfung und Beratung im Finanzbereich, und entsprechend konzentrieren wir uns vor allem auf das Finanzwesen – also Themen wie Accounting, Steuern, Controlling oder Treasury. Darüber hinaus bieten wir Unterstützung bei administrativen HR-Prozessen, etwa der Personal- und Entgeltabrechnung oder der Verwaltung von Personalakten. Ein weiteres Feld ist das Risiko- und Compliance-Management: Hier unterstützen wir beispielsweise durch Übernahme der internen Revision.
Theobald: In den vergangenen Jahren haben wir eine sehr starke Expertise im Bereich der Nachhaltigkeitsberatung aufgebaut, mit einem aktuellen Fokus auf dem Reporting. Wir erwarten, dass auch hier die Nachfrage deutlich wachsen wird. Viele Unternehmen werden externe Unterstützung benötigen, um neue Vorgaben wie die CSRD zu erfüllen, ohne selbst dafür erhebliche interne Ressourcen aufbauen zu müssen.
Wo sehen Sie künftig weiteren Bedarf an Managed Services?
Sengewald: Der Bedarf in den beschriebenen Bereichen wird hoch bleiben. Wachsende Felder sind sicherlich Datenanalyse und Automatisierung. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz eröffnet hier weitere Möglichkeiten, aber der Aufbau der notwendigen technologischen Infrastruktur und des notwendigen Personals erfordert signifikante Investitionen. Leistungen wie die Datenanalyse extern zu beziehen, ist insofern attraktiv für viele Unternehmen, sie werden daher künftig stärker gefragt sein.
Theobald: Bei Forvis Mazars verfügen wir bereits über umfassende Datenexpertise und investieren kontinuierlich in diesen und angrenzende Bereiche. Perspektivisch können wir uns vorstellen, solche Leistungen zu Plattformen auszubauen und als Managed Services anzubieten.
Wie balancieren Sie Ihre Doppelrolle als Berater und als Anbieter von Managed Services?
Theobald: Wenn ein Unternehmen zu uns kommt, um beispielsweise ineffiziente Prozesse im Finanzbereich zu optimieren, und noch kein klares Bild der angestrebten Lösung hat, empfehlen wir in der Regel eine ergebnisoffene Analyse. Das Ziel ist, die bestmögliche Lösung zu finden – sei es durch Optimierung der internen Strukturen, Prozesse und des Technologieeinsatzes oder durch Auslagerung.
Sengewald: Wenn Outsourcing die beste Lösung ist und wir über die nötigen Kompetenzen verfügen, bieten wir an, die Aufgaben zu übernehmen. Wir unterstützen unsere Mandanten aber auch bei der Suche nach geeigneten alternativen Anbietern und dem folgenden Onboarding-Prozess. Die Bedürfnisse des Kunden stehen immer an erster Stelle.
Welches ist der häufigste Irrtum beim Outsourcing?
Sengewald: Der Glaube, man könne Aufgaben einfach abgeben und sich dann zurücklehnen. Erfolgreiches Outsourcing erfordert zunächst das Schaffen der notwendigen Voraussetzungen und dann eine geordnete Übergabe. Diese Phase ist kritisch im gesamten Prozess: Sie verlangt einen recht hohen Aufwand, der jedoch entscheidend ist für das Erreichen der gesteckten Ziele und damit den Erfolg des Outsourcings. Auch im laufenden Betrieb bleibt der Auftraggeber gefragt. Er muss etwa relevante Informationen bereitstellen oder für die weitere Optimierung von Schnittstellen sorgen – prozessual und technisch.
Theobald: Ebenso wichtig ist die fortlaufende und aktuelle Dokumentation: Alle Abläufe und Verantwortlichkeiten sollten sauber festgehalten werden. Das ermöglicht es dem Auftraggeber, flexibel zu bleiben – sei es, um den Dienstleister zu wechseln oder Aufgaben zurück ins Unternehmen zu holen. Outsourcing muss keine Einbahnstraße sein.