Kartellrechtliche Kontrolle von Energiepreisen im Jahr 2023 am Beispiel Wärme

Angesichts gestiegener Energiekosten stehen Energiepreise bzw. Preisgestaltungen von Energieversorgern zunehmend im Fokus der Öffentlichkeit, aber auch der Kartellbehörden. Staatliche Entlastungen im Rahmen der sog. Energiepreisbremsen sollen die tatsächliche Kostenlast der Letztverbraucher*innen vorübergehend mildern, dürfen jedoch nicht zu einer Bereicherung der Versorger führen. Entsprechend dürfen Preisanpassungen im Geltungszeitraum der Energiepreisbremsengesetze (EWPBG bzw. StromPBG) nur unter engen Voraussetzungen erfolgen. Missbräuchliche Gas-, Strom- bzw. Wärmepreisgestaltungen, die Versorgern ungerechtfertigt hohe Entlastungen einbringen würden, sind untersagt.

Im Rahmen der Energiepreisbremsengesetze wurde dem Bundeskartellamt (BKartA) die Aufgabe übertragen, die sachgerechte Inanspruchnahme von staatlichen Entlastungen der Versorger zu überprüfen. Wie das BKartA bei der Überprüfung vorgeht, wird im Folgenden am Beispiel von Wärmepreisen skizziert.

Überprüfung von Wärmepreisen nach EWPBG

Sowohl Anpassungen des Wärme-Arbeitspreises (gem. § 27 EWPBG) als auch des Wärme-Grundpreises (gem. § 12 EWPBG) können im Geltungszeitraum des EWPBG durch das BKartA überprüft werden. Unserer Kenntnis nach prüft das BKartA primär missbräuchliche Gestaltungen des Arbeitspreises, mithin Verstöße gegen § 27 EWPBG. Einem entsprechenden Verstoß kann das BKartA im Wege des kartellrechtlichen Verwaltungsverfahrens sowie im Ordnungswidrigkeitenverfahren nachgehen.

Unserer Kenntnis nach wird derzeit in Verdachtsfällen primär ein kartellrechtliches Verwaltungsverfahren, aber nicht direkt ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.

Die Entscheidung, inwiefern das BKartA ein Verfahren gegen den Versorger eröffnet, liegt im Ermessen der Behörde. Konzentriert wird sich im ersten Schritt auf Wärmeversorger, die im Vergleich zu anderen Wärmeversorgern hohe Arbeitspreise in Rechnung stellen. Nach unserer Erfahrung prüft das BKartA bei Einleitung eines kartellrechtlichen Verwaltungsverfahrens gegen Wärmeversorger vor dem Hintergrund des § 27 EWPBG zunächst, inwiefern die Preisanpassungen zum Wärme- Arbeitspreis aufgrund einer wirksamen Preisänderungsklausel basieren, die bereits im September 2022 bestand.

Sofern die Anpassung nicht auf Grundlage einer solchen Preisänderungsklausel erfolgt ist, prüft das BKartA, ob der Wärmepreis vor dem Hintergrund der marktbasierten Preise und Kosten als angemessen zu bewerten ist. Der Wärmeversorger trägt in dem Verfahren vor dem BKartA die Darlegungs- und Beweislast.

Zur Ermittlung des für die Prüfung maßgeblichen Sachverhaltes verwendet das BKartA derzeit einen Fragebogen. Dieser fragt – neben Angaben zur Preisermittlung bzw. der verwendeten Preisänderungsklausel – auch ab, in welcher Höhe der Wärmeversorger für das 1. Quartal 2023 einen Vorauszahlungsanspruch geltend gemacht hat. Zudem werden Angaben zu dem eingesetzten Energieträger erfragt.

Vorbereitungen treffen

Unseres Erachtens empfiehlt es sich als Wärmeversorger – sofern Zweifel an erfolgten bzw. geplanten Preisanpassungen oder an der Wirksamkeit der verwendeten Preisänderungsklauseln bestehen –, Vorbereitungen zu treffen. Bspw. können Preisanpassungen vor der Umsetzung auf ihre Zulässigkeit rechtlich bewertet werden. Sofern Risiken ermittelt werden, kann so entweder vor der Umsetzung eingegriffen werden bzw. eine rechtfertigende Begründung für zukünftige Anfragen vorbereitet werden. Auch können sich Wärmeversorger – sofern noch nicht erfolgt – die Angemessenheit ihrer Wärmepreise vor dem Hintergrund der Kosten- und Erlöslage durch Dritte bestätigen lassen. Bei anstehenden Preisanpassungen der Wärmepreise sollten jedenfalls die Kriterien des §§ 27 bzw. 12 EWPBG beachtet werden.

Konsequenz eines Verstoßes und Kritik

Sollte keine sachliche Rechtfertigung für eine Arbeitspreisanpassung vorliegen, kann das BKartA dem Wärmeversorger anordnen, das missbräuchliche Verhalten abzustellen. Daneben kann das BKartA bestimmte Verstöße mit empfindlichen Bußgeldern ahnden.

Der vom EWPBG vorgegebene Prüfungsrahmen hat unseres Erachtens mehrere Schwächen. Fragwürdig erscheint unter anderem, dass es teils vom Zufall abhängt, inwiefern Wärmeversorger in den Prüfungsfokus des BKartA fallen. Bspw. haben Wärmeversorger, die ihre Preisanpassungen bereits zum Oktober 2022 vollzogen haben, zunächst keine Überprüfung bzw. Rüge im Rahmen des EWPBG zu befürchten, auch wenn sie bzgl. ihrer Preisgestaltung ggfs. in Erklärungsnot kämen, wenn sie ihre Preise zum 1. Januar angepasst hätten bzw. einer Kontrolle durch das BKartA unterliegen würden.

Weitere Kontrolle vor dem Hintergrund des GWB

Neben der Überprüfung vor dem Hintergrund des EWPBG können die Kartellbehörden die Energiepreisgestaltung auch vor den Maßstäben der §§ 19, 29 GWB überprüfen. In der Regel erfolgt eine solche Überprüfung durch die Landeskartellbehörden. Bzgl. einer solchen Überprüfung von Gas- bzw. Strompreisen durch die Kartellbehörden besteht bereits eine etablierte Praxis. Durch Ergänzung des § 29 GWB wurde den Kartellbehörden zum 29. Juli 2022 nun auch die Aufgabe zugewiesen, die Angemessenheit von Wärmepreisen zu überprüfen.

Im Rahmen dieser Überprüfungen müssen Versorger darlegen, dass ihre Preise vor dem Hintergrund ihrer Energieerzeugungs- bzw. Energiebezugskosten angemessen sind und ggfs. erfolgte Anpassungen nicht zu wesentlichen Margenerweiterungen führen. Entsprechende Daten sind im Rahmen einer Überprüfung durch den Versorger vorzulegen.

Autor

Dr. Hans-Christoph Thomale
Tel: +49 69 967 65 1750

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 3-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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