Aktualisierte VKA-Richtlinie zur Gewinnung und zur Bindung von Fachkräften (Fachkräfte-RL) in Kraft

Die Mitgliederversammlung der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) hat am 10. November 2023 die „Richtlinie der VKA zur Gewinnung und zur Bindung von Fachkräften“ (Fachkräfte-RL) und die „Richtlinie der VKA zur Gewährung einer Arbeitsmarktzulage“ (Arbeitsmarkt-RL) beschlossen.

Die Fachkräfte-RL gibt den Unternehmen, die Mitglied der Mitgliederverbände der VKA sind und per Satzung der kommunalen Arbeitgeberverbände an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (im Bereich der VKA) gebunden sind, die Möglichkeit, zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften übertarifliche Zulagen zu gewähren.

Die aktuelle Fachkräfte-RL stellt eine deutliche Weiterentwicklung der bisherigen Arbeitgeberrichtlinie der VKA „zur Gewinnung und zur Bindung von Fachkräften, insbesondere auf dem Gebiet der Informationstechnik und von Ingenieurinnen und Ingenieuren“ (zuletzt aktualisiert am 12. November 2021) dar.

Geltungsbereich

Zunächst wurde der Geltungsbereich der Fachkräfte-RL erweitert. Die Richtlinie, die vor über zehn Jahren insbesondere für den Bereich der IT-Technik geschaffen und fortlaufend verlängert wurde, bezieht sich nunmehr allgemein auf Fachkräfte. Neben den bisher einbezogenen höheren Entgeltgruppen kann die Fachkräftezulage jetzt auch an Fachkräfte der Entgeltgruppe 5 bis 8 (Anlage A TVöD) bzw. den entsprechenden Entgeltgruppen der Anlage C zum TVöD-V /TVöD-B, der Anlage E zum TVöD-K/TVöD-B oder des TV-V gewährt werden.

Inhaltliche Regelungen zur Zulage

Die maximal mögliche Höhe der monatlichen Zulage schwankt in Abhängigkeit von der maßgeblichen Entgeltgruppe zwischen 500 und 1.500 €. Bislang sah die Richtlinie eine Zulage für die Entgeltgruppen 9a bis 15 TVöD sowie den entsprechenden Entgeltgruppen in Höhe von max. 1.000 € vor.

Die Zulage kann zur Deckung des Personalbedarfs wie bisher sowohl gegenüber neu eingestellten oder einzustellenden Beschäftigten als auch zur Bindung von vorhandenen Fachkräften genutzt werden.

Vom Erfordernis der „Notwendigkeit zur Deckung des Personalbedarfs“ dürfte auszugehen sein, wenn für eine konkret zu besetzende Stelle mit dem tarifvertraglich vorgesehenen Entgelt ein*e geeignete*r Bewerber*in nicht gefunden bzw. eingestellt werden kann. Von der „Notwendigkeit zur Bindung von Fachkräften“ kann u. E. ausgegangen werden, wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass ein*e Beschäftigte*r aufgrund der höheren Bezahlung den Arbeitsplatz zu einem anderen Arbeitgeber wechselt. Die bisherige Richtlinie war in Nuancen strenger formuliert, indem sie eine „bevorstehende Abwanderung“ voraussetzte.

Teilzeitbeschäftigte erhalten die Fachkräftezulage gem. § 24 Abs. 2 TVöD bzw. § 7 Abs. 3 TV-V wie bisher anteilig, Nr. 1 Satz 3 der Fachkräfte-Richtlinie. Die Fachkräftezulage ist auf maximal zehn Jahre zu befristen. Sie kann jederzeit bei Vorliegen der Voraussetzungen (auch mehrfach) verlängert werden, Nr. 1 Satz 5 der Fachkräfte-Richtlinie.

Die Höhe der Fachkräftezulage kann sich während des Gewährungszeitraums z. B. durch eine Höhergruppierung ändern.

Bislang waren Entgelterhöhungen nicht auf die Zulage anzurechnen. Nunmehr wurde dieser Aspekt anhand einer „Kann-Bestimmung“ offener formuliert: „Künftige Entgelterhöhungen können auf die Fachkräftezulage angerechnet werden.“

Vorweggewährung der Stufenzuordnung

Wie auch die bisherige Fachkräfte-RL vorsah, gibt es weiter die Möglichkeit der Vorweggewährung der Stufenzuordnung, wobei nunmehr auch die unteren Entgeltgruppen einbezogen sind.

Nach Nr. 2 Satz 1 der Fachkräfte-Richtlinie können neu eingestellte Fachkräfte der oben genannten Entgeltgruppen – soweit zur Deckung des Personalbedarfs notwendig – ohne Berufserfahrung der Stufe 2 oder 3 zugeordnet werden. Entsprechend den Regelungen zur Zulage kann das Instrument der Vorweggewährung von Stufen auch zur Bindung von Fachkräften genutzt werden. Weiter kann in besonderen Fällen sowohl bei bereits in einem Arbeitsverhältnis befindlichen Fachkräften als auch für neu eingestellte Fachkräfte ohne Berufserfahrung eine Zuordnung zur Stufe 4 erfolgen. Diese Ausnahme galt bislang lediglich für den Fall einer bevorstehenden Abwanderung von Bestandsmitarbeitenden.

Die Fachkräftezulage und eine Vorweggewährung von Stufen können wie bisher auch nebeneinander angewandt werden.

Die Fachkräfte-RL ist bis zum 31. Dezember 2028 befristet und weist somit eine längere Befristungsdauer auf als die vorangegangenen Richtlinien.

Arbeitsmarkt-Richtlinie

Zudem hat die Mitgliederversammlung am 10. November 2023 im Rahmen einer Arbeitsmarkt-Richtlinie den einzelnen kommunalen Arbeitgeberverbänden weiterhin freigestellt, eine allgemeine übertarifliche Regelung zu treffen, wonach zur Deckung des Personalbedarfs oder zur Personalbindung eine widerrufliche Zulage in Höhe von 20 Prozent der Stufe 2 der jeweiligen Entgeltgruppe gezahlt werden kann.

Praxishinweise

Die Fachkräfte-RL enthält für Unternehmen, die an Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gebunden sind, interessante personalpolitische Instrumente, die nach unseren Erfahrungen in der Praxis vielfach genutzt werden. Hierbei gilt es, diese individual- und kollektivrechtlich rechtssicher umzusetzen.

In diesem Zusammenhang ist den tarifgebundenen Unternehmen dringend zu empfehlen, die Voraussetzungen für die Maßnahmen zur Deckung des Personalbedarfs oder zur Bindung von Fachkräften zu prüfen, nachzuweisen und sorgfältig zu dokumentieren.

Sofern der Arbeitgeber die Anwendung der Richtlinie nicht auf Einzelfälle beschränkt, sondern Gruppen begünstigt oder allgemeine Grundsätze zur Lohngestaltung aufstellt, können Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (oder des Personalrats) entstehen. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Lohngestaltung über die konkrete Ausgestaltung mitzubestimmen.

Zudem ist die Zulage als Entgeltbestandteil und die Vorweggewährung der Stufenzuordnung als Entgeltbedingung i. S. d. Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) anzusehen.

Bei Fragen zu den Ausgestaltungsmöglichkeiten und zur Umsetzung von Zulagen und der Vorweggewährung von Stufenzuordnungen unterstützen wir Sie gern.

Autorin

Marion Plesch
+49 30 208 88 1446

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