ArbG Berlin: Konzernbetriebsratssitzung als Präsenzsitzung zulässig

Das Arbeitsgerichts Berlin (ArbG Berlin) hat nach seiner Pressemitteilung vom 8.10.2020 in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 7.10.2020 – 7 BVGa 12816/20 entschieden, dass einem Konzernbetriebsrat die Durchführung einer Konzernbetriebsratssitzung als Präsenzsitzung nicht verboten werden kann.

Die Arbeitgeberin, welche deutschlandweit Rehabilitationskliniken betreibt, hat gegenüber sämtlichen Beschäftigten einstweilen einrichtungsübergreifende dienstliche Treffen sowie Zusammenkünfte und somit auch eine geplante mehrtägige Präsenzsitzung des Konzernbetriebsrates untersagt. Die Arbeitgeberin hält eine solche Präsenzsitzung im Hinblick auf die derzeitige Covid-19-Pandemie für nicht vertretbar und begründete das Verbot u. a. mit erforderlicher Anreise der Betriebsratsmitglieder. Der Konzernbetriebsrat hat sich gegen die Untersagung gewandt und geltend gemacht, alle geltenden gesetzlichen Maßgaben zum Infektionsschutz einzuhalten.

Das Arbeitsgericht Berlin hat dem Eilantrag des Konzernbetriebsrates stattgegeben. Nach Auffassung des Gerichts sei die Durchführung der Präsenzsitzungen zulässig und für das Verbot gebe es keine gesetzliche Grundlage. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz entscheide vielmehr der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats über die Einberufung der Sitzung, den Sitzungsort und damit auch über die Frage, ob eine Sitzung in Form einer Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werde.

Im vorliegenden Fall könne der Konzernbetriebsrat darüber hinaus schon deshalb nicht auf eine nach der Neuregelung des § 129 BetrVG mögliche Sitzung in Form einer Video- oder Telefonkonferenz verwiesen werden, weil geheim durchzuführende Wahlen anstünden. Dies sei im Rahmen einer Videooder Telefonkonferenz rechtlich nicht möglich. Nach der am Veranstaltungsort derzeit geltenden CoronaKontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung sei die Durchführung der Sitzung zulässig, wobei die Beachtung und Einhaltung der Verordnung in erster Linie im Verantwortungsbereich des Konzernbetriebsrates selbst und seiner Vorsitzenden liege. Die trotz zu erwartender Beachtung der Verhaltensvorgaben verbleibende Risikosteigerung berechtige die Arbeitgeberin nicht zur Untersagung der Sitzung als Präsenzveranstaltung.

Gegen diese Entscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landesarbeitsgerichts BerlinBrandenburg (LArbG Berlin-Brandenburg) gegeben.

Praxishinweise

Die Entscheidung des ArbG Berlin entspricht dem Beschluss des LArbG Berlin-Brandenburg vom 24.8.2020 (12 TaBVGa 1015/20) bzgl. der Zulässigkeit der Präsenzsitzung eines überregionalen Gesamtbetriebsrats (s. hierzu unseren Beitrag im Newsletter PS 2/2020, S. 39). Eine abweichende Entscheidung des LArbG im etwaigen Beschwerdeverfahren zu der jetzigen Streitsache ist daher eher unwahrscheinlich.

Telefon- oder Videokonferenzen sind auf der Grundlage des vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie neu geschaffenen § 129 BetrVG neben der Präsenzsitzung nur als zusätzliche Option zu verstehen. Untersagt der Arbeitgeber eine Präsenzsitzung, kann dies einen Verstoß gegen § 78 BetrVG darstellen. Die Interessen und zu schützenden Rechte sind von den Betriebsparteien immer anhand der konkreten Umstände, wie insbesondere der aktuelle Risikolage und den vor Ort geltenden Beschränkungen, dem Gegenstand der Sitzung bzw. der Beschlüsse und der Durchführbarkeit geeigneter Schutzmaßnahmen abzuwägen.

      

Dies ist ein Beitrag aus unserem Public-Sector-Newsletter 3-2020. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier . Sie können diesen Newsletter auch abonnierenund erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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