Der Rechtsrahmen für die Wasserstofferzeugung nimmt langsam Formen an
Der Rechtsrahmen für die Wasserstofferzeugung
Die wichtigste Stellschraube hierfür ist die Einführung von Umlageprivilegierungen. Mit dem am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen EEG 2021 hat der Gesetzgeber die gesetzliche Grundlage hierfür geschaffen und das Ziel ausgegeben, die Entwicklung von Technologien zur Herstellung von Wasserstoff zu unterstützen und eine Abwanderung der Wasserstoffproduktion ins Ausland zu verhindern.
Unterschiede im Rechtsrahmen ergeben sich zunächst für die Herstellung Grünen Wasserstoffs einerseits und die sonstige Wasserstofferzeugung, z. B. unter Einsatz von sog. Graustrom, andererseits.
1. Entfallen der EEG-Umlage für Grünen Wasserstoff
Von der EEG-Umlage vollständig befreit wird der Strom für die elektrochemische Herstellung von Grünem Wasserstoff. Eine Definition von Grünem Wasserstoff lässt das EEG 2021 vermissen. Anforderungen an die Herstellung Grünen Wasserstoffs müssen vielmehr von der Bundesregierung in einer Rechtsverordnung bis zum 30. Juni 2021 formuliert werden. Hierzu legte das BMWi am 12. Mai 2021 einen ersten Verordnungsentwurf vor. Dieser enthält nun klare Anforderungen an die Privilegierung. Von der EEG-Umlage befreit ist Strom, der zur Wasserstofferzeugung eingesetzt wird und
- innerhalb der ersten 5.000 Vollbenutzungsstunden zur Herstellung Grünen Wasserstoffs im Elektrolyseur eingesetzt wurde,
- nachweislich ausschließlich aus erneuerbaren Energien (EE-Strom) erzeugt wurde, wobei er zu mindestens 85 % aus der Preiszone für Deutschland stammen muss und maximal zu 15 % aus Anlagen, die in einer mit Deutschland elektrisch verbundenen Preiszone liegen, und
- weder nach dem EEG noch nach dem KWKG gefördert wird (sog. Doppelvermarktungsverbot).
Herkunftsnachweis
Die Herkunft des Stroms aus erneuerbaren Energien kann auf zwei verschiedene Weisen nachgewiesen werden. Kommt der Strom zur Wasserstoffherstellung ohne Netzdurchleitung aus einer EEG-Anlage, so sind die Nachweisanforderungen noch vergleichsweise einfach. In diesem Falle ist vergleichbar mit der Eigenversorgung die Zeitgleichheit zwischen Erzeugung und Verbrauch im Elektrolyseur gefordert (sog. Viertelstundennachweis), was mit entsprechenden Messeinrichtungen nachzuweisen sein wird.
Kommt der zur Wasserstoffherstellung eingesetzte Strom hingegen aus dem Netz, so stellt sich der Nachweis schwieriger dar. Für Strom in der deutschen Preiszone sind sog. doppelte Herkunftsnachweise erforderlich. Dies bedeutet, dass der grüne Herkunftsnachweis durch Angaben zur optionalen Kopplung nach § 16 Abs. 3 der Herkunfts- und Regionalnachweis- Durchführungsverordnung (HkRNDV) zu erbringen ist. Dies stellt sicher, dass der aus dem Netz bezogene Strom und der Herkunftsnachweis aus derselben EEG-Anlage stammen. Inwieweit ein grünes „Umetikettieren“ mit Strom aus dem Ausland daneben möglich ist, bleibt abzuwarten.
Meldepflichten
Schließlich ist das Umlageprivileg für die Herstellung Grünen Wasserstoffs an die üblichen EEGMeldepflichten gebunden. So wie Eigenversorger und Stromlieferanten müssen die Produzenten Grünen Wasserstoffs jeweils für das Vorjahr zum 31. Mai eines Jahres eine Meldung beim regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber abgeben. Neben den EEG-Strommengen sind die Zahl der Vollbenutzungsstunden sowie die Entwertung entsprechender Herkunftsnachweise zu übermitteln. Fehler bei der Meldung führen zum Verlust des Privilegs. Die Meldung ist von einem Wirtschaftsprüfer zu testieren.
2. Umlagenbegrenzung für die sonstige Wasserstoffherstellung
§ 64a EEG 2021 sieht keine Einschränkung auf Grünen Wasserstoff vor. Daher ist auch die Herstellung von Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen von dieser Privilegierung umfasst. Diese Wasserstoffherstellung wird durch eine Begrenzung der EEG-, KWKG- und Offshore-Netzumlage nach der Besonderen Ausgleichsregelung im EEG gefördert. Die Antragsvoraussetzungen sind gegenüber der regulären Besonderen Ausgleichsregelung nach § 64 EEG 2021 vereinfacht. So bedarf es für eine Begrenzung nach § 64a EEG 2021 keines Mindeststromverbrauchs von 1 GWh an der zu begrenzenden Abnahmestelle im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr und keiner bestimmten Stromkostenintensität. Vielmehr wird die EEG-Umlage ab der ersten kWh auf mindestens 15 % der EEG-Umlage für den an der Abnahmestelle selbst verbrauchten Strom begrenzt. Damit sollen auch kleinere Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff angereizt werden.
Für die Nachweisführung im Antragsverfahren beim BAFA gelten grundsätzlich dieselben Vorgaben wie für sonstige stromkostenintensive Unternehmen, allerdings entfällt die Pflicht zur Vorlage des sog. EEG-Testats zumindest im Rahmen der regulären Begrenzung auf 15 %. Abweichend von der regulären Antragsfrist (30. Juni) sind Anträge erst bis zum 30. September zu stellen.
3. Grüner Wasserstoff aus thermischer Abfallbehandlung im Verkehrssektor
Mit den Beschlussempfehlungen zum Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote vom 19. Mai 2021 hat nun der Bundestag den Weg für den Einsatz Grünen Wasserstoffs aus thermischer Abfallbehandlung im Verkehrssektor frei gemacht. Mit der Treibhausgasminderungsquote sind Unternehmen, die Kraftstoff in Verkehr bringen, seit dem Jahr 2015 verpflichtet, die Treibhausgasemissionen ihres gesamten in Verkehr gebrachten Kraftstoffes um einen bestimmten Prozentsatz zu senken, indem sie erneuerbare Energieerzeugnisse in Verkehr bringen. Zur Umsetzung dieser Verpflichtung wird nun das Inverkehrbringen Grünen Wasserstoffs im Straßenverkehr ermöglicht. Grün ist der Wasserstoff in diesem Falle bereits, wenn er unter Einsatz von Strom hergestellt wird, der bei der Verbrennung biogener Brennstoffe, wie sie im Hausmüll (z. B. verschmutzte Papiere und Kartonagen) enthalten sind, erzeugt wird. Näheres hierzu wird eine Verordnung regeln.
4. Fazit
Der Rechtsrahmen für die Wasserstofferzeugung nimmt langsam Formen an. Gerade die neu geschaffenen Umlage-Begrenzungstatbestände für die Wasserstoffherstellung bieten echte Erleichterungen. Wie sich die eigens für die Wasserstoffherstellung hingenommenen Systembrüche in den Rechtsrahmen der Besonderen Ausgleichsregelung des EEG einfügen, bleibt noch abzuwarten.
Sehr zu begrüßen ist zudem die gesetzliche Privilegierung des aus Abfall bzw. aus biogenen Brennstoffen hergestellten Wasserstoffs im Verkehrssektor. Gefördert wird damit, dass insbesondere kommunale Träger ihre Wasserstoff-Fahrzeugflotten im Verbundbetrieb mit der Abfallverwertung einsetzen.
Dem avisierten Markthochlauf Grünen Wasserstoffs dürften aktuell aber auch noch einige Hindernisse im Weg stehen. Hier ist unklar, ob es überhaupt aus-reichend geeignete Herkunftsnachweise im Markt geben wird. Schon jetzt fehlt in Deutschland EE-Strom. Da der Bezug ausländischen Stroms für die Herstellung Grünen Wasserstoffs auf 15 % beschränkt wird, wird sich diese Ausgangssituation noch verschärfen. Erschwerend kommt dabei hinzu, dass der EE-Strom, der über ein öffentliches Netz geleitet wird, von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) geliefert werden muss. Ausgeschlossen sind hierdurch flexible Nutzungskonzepte, in denen der Wasserstoffhersteller EE-Anlagen in anderen Netzgebieten betreibt und hierdurch selbst für den ausreichenden Bedarf an EE-Strom sorgt.
Der Markthochlauf Grünen Wasserstoffs erfordert nach alldem eine Flexibilisierung hinsichtlich der Bedarfsdeckung von EE-Strom – entweder durch die Möglichkeit des Imports eines größeren Anteils von EE-Strom aus dem Ausland oder die Streichung der Vorgabe, dass bilanziell gelieferter Strom von einem EVU geliefert werden muss. Es bleibt abzuwarten, ob der Verordnungsgeber in diesen auch von den Verbänden bereits scharf kritisierten Punkten nachgeben wird. Jedenfalls bliebe ihm hierzu gem. § 96 Abs. 4 EEG nur noch bis zum 30. Juni 2021 Zeit.
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 2-2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.