„Non-PE-Modell“ – Eingrenzung des Betriebsstättenrisikos bei Beauftragung einer Dienstleistungsgesellschaft

Insbesondere nach dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 21. November 2019 (9 K 11108/17) gab es einige Verunsicherung, unter welchen Voraussetzungen bei einem sog. „Non-PE-Modell“ weiterhin von einer Gewerbesteuerfreiheit ausgegangen werden kann, insbesondere wenn – wie in der Praxis üblich – inländische Dienstleistungsunternehmen, z. B. das Asset Management und das Facility Management, für die ausländische immobilienbesitzende Gesellschaft übernehmen.

Mit Urteil vom 23. März 2022 (III R 35/20) hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun klargestellt, dass in Fällen von Inbound-Investitionen in Immobilienvermögen die Beauftragung eines Dienstleistungsunternehmens nur dann eine Betriebsstätte des Auftraggebers begründen kann, wenn entweder unter den Leitungsorganen Personenidentität besteht oder aber der Auftraggeber eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ausübt. Die bloße Delegation von Aufgaben ist ohne eigene ortsbezogene Nutzung hingegen nicht ausreichend. Das Urteil der Vorinstanz (FG Berlin-Brandenburg) wurde aufgehoben und zurückverwiesen.

Hintergrund

Die Klägerin, eine immobilienbesitzverwaltende GmbH mit Ort der Geschäftsleitung in Luxemburg, war Eigentümerin eines im Inland belegenen Wohn- und Geschäftshauses. Die Verwaltung des Hauses hatte die Klägerin an eine inländische Dienstleistungsgesellschaft delegiert und für diese Zwecke eine umfangreiche „Hausverwaltungsvollmacht“ an sie erteilt. Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, dass durch die Erteilung der Vollmacht in den Räumlichkeiten der Immobilienverwaltung eine inländische Betriebsstätte (§ 12 Satz 1 AO) der Klägerin begründet worden und sie infolgedessen gewerbesteuerpflichtig (§ 2 Abs. 1 GewStG) sei.

Die hiergegen gerichtete Klage zum FG Berlin-Brandenburg blieb erfolglos. In seiner aktuellen Entscheidung hob der III. Senat des BFH das erstinstanzliche Urteil auf und verwies es zurück an das vorinstanzliche Gericht.

Wesentliche Entscheidungsgründe

In seiner Begründung definiert der Senat den Betriebsstättenbegriff anhand von § 2 GewStG i. V. m. § 12 AO und führt an, dass – selbst wenn die immobilienverwaltende Gesellschaft (Klägerin) selbst über keine Räumlichkeit (in Deutschland) verfügt und auch nicht über die Räumlichkeiten der beauftragten Managementgesellschaft verfügen kann – eine Betriebsstätte durch die Beauftragung einer Managementgesellschaft eine Betriebsstätte für die immobilienverwaltende Gesellschaft entstehen kann.

Allein die Übertragung von – auch umfassenden – Aufgaben auf einen selbstständig tätigen Dritten (Dienstleistungsgesellschaft) soll dabei aber nicht ausreichen. Ansonsten, so führte der BFH aus, könne eine Betriebsstätte bei jedem Subunternehmer begründet werden.

Vielmehr müsse die immobilienverwaltende Gesellschaft vor Ort eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit gewisser Nachhaltigkeit ausüben. Eine solche liege zum Beispiel vor, wenn dem Auftraggeber aufgrund von Personenidentität in den Leitungsorganen eine fortlaufende nachhaltige Überwachung ermöglicht wird. Bei fehlender Personenidentität der Leitungsorgane und fehlender ortsbezogener Überwachung können die Räumlichkeiten des beauftragten Unternehmens nur dann zur Betriebsstätte werden, wenn der Auftraggeber (die immobilienverwaltende Gesellschaft) eigene betriebliche Handlungen vor Ort vornimmt.

Die eigenständige Auftragserfüllung eines Dienstleisters kann nach Auffassung des BFH, isoliert betrachtet, dagegen noch keine Geschäftstätigkeit des Auftraggebers darstellen. Ebenso würden Überwachungstätigkeiten, die (allein) aus dem Ausland heraus wahrgenommen werden, nicht zur Begründung einer Betriebsstätte genügen. Auch – so hat der BFH klargestellt – ist entgegen der vom FG Berlin-Brandenburg vertretenen Auffassung für die Frage einer inländischen Betriebsstätte nicht relevant, inwieweit eine „enge wirtschaftliche Verflechtung“ und „mehrjährige Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin“ und Dienstleistungsgesellschaften bestehen.

Der BFH betonte jedoch, dass das FG Berlin-Brandenburg zu prüfen habe, inwieweit die Klägerin eine inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO) unterhalten habe, und verwies die Klage wieder zurück. Zu klären wäre insoweit, wo – ausgehend von der umfassenden Hausverwaltungsvollmacht – die im Tagesgeschäft der Klägerin anstehenden Entscheidungen von einigem Gewicht tatsächlich getroffen wurden und wer die Entscheidungsbefugnis in diesen Angelegenheiten hatte (z. B. tatsächliche Vertretung gegenüber Kreditinstituten, Finanzämtern und sonstigen Institutionen sowie uneingeschränkte Erlaubnis zu eigenständigen Abschlüssen und Kündigungen von Mietverträgen sowie Dienst- und Werkverträgen, Buchführung, Fertigung von Steuererklärungen, sonstige laufende Geschäftsvorfälle).

Praktische Auswirkungen

Die dargestellte Entscheidung ist vor allem für in der Praxis häufig anzutreffende sog. Non-PE-Strukturen mit inländischem Grundbesitz von Relevanz. Nach den Ausführungen des BFH muss die Problematik einer möglichen Betriebsstättenbegründung durch Einschaltung eines Immobilienverwalters zwar in Zukunft weiterhin beachtet werden. Begrüßenswerterweise werden die Anforderungen, die in diesen Konstellationen an den Betriebsstättenbegriff zu stellen sind, aber durch den Senat deutlich eingegrenzt. Während die Vorinstanz für die Annahme einer inländischen Betriebsstätte bereits jedwede, auch telefonische, Überwachungsmöglichkeit hat ausreichen lassen, verlangt der BFH eine eigenständige unternehmerische Tätigkeit vor Ort. Personenidentitäten in den Leitungsorganen von Auftraggeber und Auftragnehmer sind in diesen Konstellationen allerdings weiterhin zwingend zu vermeiden.

Autor

Dr. Meik Kranz
Tel: +49 30 208 88 1200

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 3-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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