Die vermeintliche Kostenfalle bei Augenoperationen

Am 13. August 2024 berichtete eine große überregionale Tageszeitung über vermeintliche Kostenfallen im Zusammenhang mit Augenoperationen.

Unter Verweis auf den Tätigkeitsbericht 2023 (dort Seite 17 f.) des Bundesamtes für Soziale Sicherung (BAS), das die Rechtsaufsicht über die bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger ausübt, würden viele gesetzlich Versicherte jedes Jahr unnötigerweise mit Kosten „in deutlich vierstelliger Höhe“ belastet. Es geht um die Operation des Grauen Stars (Kataraktoperation), bei der die getrübte Augenlinse entfernt und durch eine neue Kunstlinse ersetzt wird. Diese sei für Kassenpatient*innen eigentlich „kostenlos“, während die „von Augenärzten meist empfohlenen sogenannten Wunschlinsen (z. B. mit einer bestimmten Sehstärke)“ und eventuell durchgeführte Laserbehandlungen nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen würden und von den Patient*innen zu bezahlen seien. Das BAS hätten jedoch Anfragen erreicht, wonach Patient*innen im Falle einer Wunschlinsenimplantation den gesamten Eingriff zu erstatten hätten, da es keine klare Regelung für die Abrechnung gebe, die sich durch ein hohes Maß an Intransparenz auszeichne. Der BAS fordert nun eine klare Regelung, um zu einer „rechtskonformen Vergütungspraxis und einer verlässlichen Informationslage“ zu kommen. Grund genug, einen Blick auf Rechtslage und Abrechnungspraxis zu werfen.

Rechtslage und Abrechnungspraxis

Grundsätzlich übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für eine medizinisch notwendige Behandlung. Da der Graue Star unbehandelt zum vollständigen Verlust der Sehkraft führen kann, fällt die klassische Kataraktoperation in diese Kategorie und wird somit von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Dazu gehören die Kosten für die Basisdiagnostik, die grundlegenden Voruntersuchungen, die Operation einschließlich des Einsetzens einer Standardlinse (sphärische Monofokallinse) und die Nachbehandlung. 

Entscheidend für die Patient*innen ist, dass die Monofokallinse nur in einem Entfernungsbereich ein scharfes Bild liefert. Der*Die Patient*in muss sich also vor der Operation entscheiden, ob er*sie in der Ferne, in der Mitte oder in der Nähe scharf sehen möchte und die entsprechende Monofokallinse auswählen. Die jeweils unscharfen Bereiche müssen dann mit einer Brille ausgeglichen werden. Wünscht der*die Patient*in (nach Implantation einer Kunstlinse) uneingeschränktes Sehen ohne Brille, muss er*sie sich für eine andere Linse entscheiden (z. B. für eine Multifokallinse, die sowohl in der Ferne als auch in der Nähe scharfes Sehen ermöglicht), deren Einsatz – ebenso wie eine eventuelle Laserbehandlung – nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. 

Die mit dem Einsatz einer sog. Wunschlinse (vgl. § 33 Abs. 9 SGB V) verbundenen Kosten rechnet der*die Augenarzt*Augenärztin dann nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ab, nachdem er*sie dem*der Patienten*Patientin gemäß § 630c, § 630e BGB über die Vor- und Nachteile der Implantation von Monofokallinsen und Multifokallinsen einschließlich der ggf. anfallenden Kosten aufgeklärt und der*die Patient*in sich bewusst für die Implantation einer Multifokallinse (oder einer anderen Linse) entschieden hat (dies gilt sinngemäß auch für die Laserbehandlung). Dem*Der Augenarzt*Augenärztin ist es untersagt, dem*der GKV-Patienten*Patientin als Selbstzahler*in die Kosten für den gesamten Eingriff im Rahmen einer Wunschlinsenimplantation aufzuerlegen und beispielweise daneben (anteilige) Kosten des Eingriffs nach dem Einheitlichen-Bewertungs-Maßstab abzurechnen. Nur die Mehrkosten für die Multifokallinse (oder eine anderen Linse) und die Laserbehandlung – sofern beides gewünscht wird – sind von dem*der Patienten*Patientin zu tragen.

Fazit

Von einer „Kostenfalle“ zu sprechen, geht danach an der Sache vorbei. Andernfalls müsste beispielsweise auch die zahnärztliche Kunststofffüllung, die sich von einer vollständig von der GKV übernommenen Amalgamfüllung durch einen von den Patient*innen zu tragenden Eigenanteil unterscheidet, als Kostenfalle bezeichnet werden. Aber auch in diesem Fall entscheidet sich der*die Patient*in nach entsprechender Aufklärung bewusst für eine zumindest anteilige Selbstzahlerbehandlung durch den*die Zahnarzt*Zahnärztin, weil er*sie die Vorteile der Kunststofffüllung (Beitrag zur Stabilisierung der Zahnsubstanz und Anpassung an die Zahnfarbe, zudem gegenüber Amalgamfüllungen quecksilberfrei) in Anspruch nehmen möchte. Nur am Rande sei bemerkt, dass Amalgamfüllungen ab dem Jahr 2025 aus Umweltschutzgründen verboten sind.

Autor: Alexander Greiff

Dies ist ein Beitrag aus unserem Healthcare-Newsletter 3-2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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