Zum Entwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes

Der deutsche Gesetzgeber hat erkannt, dass der Austausch und die Nutzung von Gesundheitsdaten Schlüsselfaktoren für eine qualitativ hochwertige Versorgung sind. Zu diesem Zweck hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) den Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) vorgelegt, der am 7. August 2023 veröffentlicht wurde.

Bislang – und das hat die Coronapandemie besonders eindrücklich gezeigt – liegen Gesundheitsdaten in Deutschland für die medizinische Forschung nicht in ausreichendem Maße vor. Ursache ist zum einen die außerordentlich fragmentierte Rechtslage mit unterschiedlichen Regelungen zum Datenschutz im Europäischen, Bundes- und Landesrecht sowie divergierende Rechtsauffassungen der Datenschutzaufsichtsbehörden, die das Recht sehr unterschiedlich auslegen.

Die fehlende Standardisierung und die damit einhergehende Schwierigkeit, Daten aus unterschiedlichen Quellen zu verknüpfen ist ein weiteres Hemmnis für die effektive Nutzung der im Gesundheitssystem vorhandenen Daten für die Forschung.

Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den für die medizinische Forschung benötigten Daten vielfach um Gesundheitsdaten handelt, die von der Datenschutz- Grundverordnung (DSGVO) besonders geschützt werden, ist ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen der Forschenden und den Interessen betroffener Personen zu gewährleisten. Hierzu sieht der Entwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes Regelungen in einem neu zu erlassenden Gesundheitsdatennutzungsgesetz, Änderungen des SGB V sowie die Einführung eines Straftatbestands im StGB vor.

Inhaltlich umfasst der Entwurf folgende Punkte:

Stärkung und Erweiterung von Forschungsinstitutionen

Der Gesetzentwurf sieht zum einen die Schaffung einer Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten vor und stärkt zum anderen das Forschungsdatenzentrum.

Die zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle soll künftig beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelt werden und eine beratende und koordinierende Funktion einnehmen. Insbesondere soll so zwischen datenhaltenden Stellen und Datennutzenden vermittelt werden.

Das Forschungsdatenzentrum soll nach dem Willen des BMG nicht nur Gesundheitsdaten der Kranken-, sondern auch Gesundheitsdaten der Pflegekassen Nutzungsberechtigten auf Antrag zur Verfügung stellen können. Die Kranken- und Pflegekassen werden nunmehr verpflichtet, diese Daten bis spätestens sechs Wochen nach Quartalsende zur Verfügung zu stellen. Antragsberechtigt sind neben öffentlichen Einrichtungen auch privatwirtschaftliche Unternehmen sowie natürliche Personen. Die Zwecke, zu denen die vom Forschungsdatenzentrum zur Verfügung gestellten Daten verwendet werden dürfen, sind abschließend normiert und umfassen die wissenschaftliche Forschung zu Fragestellungen aus den Bereichen Gesundheit und Pflege, die Analysen zur Wirksamkeit sektorenübergreifender Versorgungsformen sowie die Entwicklung, Weiterentwicklung, Nutzenbewertung und Überwachung der Sicherheit von Arzneimitteln, Medizinprodukten, Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, Hilfs- und Heilmitteln sowie digitalen Gesundheits- und Pflegeanwendungen. Explizit verboten ist die Nutzung der Daten für Marktforschung, Werbung und Vertriebstätigkeiten von Produkten im Gesundheitswesen.

Datenschutzaufsicht

Vor dem Hintergrund der bereits angesprochenen, teils voneinander abweichenden datenschutzrechtlichen Einschätzungen der Datenschutzaufsichtsbehörden wird für länderübergreifende Forschungsprojekte das Prinzip der federführenden Aufsichtsbehörde eingeführt. Dies soll zu einer Beschleunigung der datenschutzrechtlichen Prüfung bei länderübergreifenden Vorhaben der Versorgungs- und Gesundheitsforschung führen. Die Regelung kann sicherlich zu einer Vereinfachung der Abstimmung mit den Datenschutzbehörden beitragen, das Verfahren könnte jedoch noch effizienter gestaltet werden, indem eine einzige Behörde für zuständig erklärt wird.

Verknüpfung von Daten des Forschungszentrums und der Krebsregister

Das GDNG erlaubt ausdrücklich die Verknüpfung von pseudonymisierten Daten des Forschungsdatenzentrums und der klinischen Krebsregister der Länder und normiert insofern ein Verfahren. Die Zusammenführung muss zunächst von der Datenzugangs- und Koordinierungsstelle genehmigt werden. Die technischen Vorgaben des Verfahrens zur Verknüpfung werden in Rechtsverordnungen geregelt. Die Verknüpfung der Datensätze erfolgt über eine anlassbezogene Forschungskennziffer.

Nutzungsberechtigte Stellen und Personen

Anders als bislang wird auf eine abschließende Auflistung der antragsberechtigten Stellen verzichtet und statt auf einen Akteursbezug auf einen Zweckbezug abgestellt. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Daten des Forschungsdatenzentrums in einer sicheren Umgebung für alle diejenigen nutzbar sind, die sie zu zulässigen Zwecken benötigen. Damit wird insbesondere auch der privaten Forschung die Nutzung der Daten des Forschungsdatenzentrums ermöglicht. Dies ist wichtig und richtig und kann den Forschungsstandort Deutschland deutlich stärken.

Sekundärnutzung von Versorgungsdaten durch Leistungserbringer

Leistungserbringer dürfen nach dem Entwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes die im Rahmen der Gesundheitsversorgung gespeicherten Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken weiterverarbeiten. Dabei muss stets gewährleistet sein, dass die Rechte der betroffenen Personen respektiert und die Risiken minimiert werden. Um diese zu gewährleisten, werden Leistungserbringer per Gesetz verpflichtet, die Ergebnisse zu anonymisieren, sobald dies nach dem medizinischen Forschungszweck möglich ist oder berechtigte Interessen der betroffenen Person dies erfordern. Dies könnte zum Beispiel im Fall eines erhöhten Re-Identifizierungsrisikos bei besonders seltenen Erkrankungen der Fall sein. Die Regelung ist zu begrüßen, birgt aber auch Rechtsunsicherheiten. Insbesondere sind die Zwecke (zu medizinischen oder pflegerischen Forschungszwecken) nicht definiert, sodass diesbezüglich eine Konkretisierung zu wünschen wäre.

Fazit

Das BMG hat erkannt, dass die medizinische Forschung in Deutschland gestärkt werden muss, und hat sich zum Ziel gesetzt, das Potenzial der im Gesundheitswesen schlummernden Datenschätze zu heben. Das GDNG ist insofern ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wenngleich an der einen oder anderen Stelle noch Verbesserungsmöglichkeiten bestehen.

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Autorin

Charlotte Husemann
Tel: +49 30 208 88 1352

Dies ist ein Beitrag aus unserem Healthcare-Newsletter 3-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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