Personal- und Sachmittelgestellung im Rahmen des Zweckbetriebs „Krankenhaus“

Der BFH hat kürzlich ein Urteil zum Umfang des Zweckbetriebs „Krankenhaus“ veröffentlicht (BFH, Urt. v. 14. Dezember 2023 – VR 28/21, DStR 2024, 810).
Nach dem Urteil ist die Personal- und Sachmittelgestellung an angestellte Ärzt*innen im Krankenhaus, die auch im Rahmen einer Ermächtigung nach § 116 SGB V in der ambulanten kassenärztlichen Versorgung selbstständig tätig sind, nicht Teil des steuerfreien Zweckbetriebs „Krankenhaus“, sondern Teil des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und somit körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig.

Das Urteil des Finanzgerichts Münster (FG Münster, Urt. v. 13. Januar 2021 – 13 K 167/17 E,K,G,F,Zerl) wurde aufgehoben und in der Sache an das Finanzgericht zurückgewiesen. Nur das Finanzgericht könne feststellen, ob die Personal- und Sachmittelgestellung ggfs. im Zweckbetrieb nach § 65 AO zu erfassen ist.

Sachverhalt

Die Ärzte waren in einem Krankenhaus angestellt und nach § 116 SGB V ermächtigt , neben ihrer Tätigkeit als Krankenhausarzt Patient*innen auch ambulant im Krankenhaus zu versorgen. Die Ärzte erhielten vom Krankenhaus Räumlichkeiten sowie Personal und Sachmittel gegen ein Nutzungsentgelt. Das Nutzungsentgelt bestand aus einer pauschalen Kostenerstattung (einschließlich Kosten für die Abrechnung) und einem weiteren Vorteilsausgleich in Höhe eines pauschalen Satzes des Bruttohonorars. 

Das Krankenhaus rechnete die Arzthonorare für die Ärzte mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab und leitete die Vergütung nach Abzug des Nutzungsentgelts an die Ärzte weiter. Nur bei Privatpatient*innen und Selbstzahler*innen rechneten die Ärzte selbst gegenüber der KV ab und zahlten das vereinbarte Nutzungsentgelt an das Krankenhaus.

Begründung

Nach Auffassung des BFH gehören die Nebentätigkeiten der Ärzte in der Ambulanz nicht zu den typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patient*innen erbrachten Leistungen. Die ambulante Versorgung sei von der stationären Versorgung der Krankenhäuser zu trennen. Zu den allgemeinen Krankenhausleistungen gehören nur die Leistungen, die ein Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrags erbringt und der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für die Versicherten bezahlen muss. Die in der Ambulanz tätigen Ärzte würden jedoch die vertragsärztliche Versorgung sicherstellen und im eigenen Interesse handeln. 

Daher gehören zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb die Erträge aus der Personal- und Sachmittelgestellung, der Abrechnungstätigkeit und schließlich der Vorteilsausgleich als Prozentsatz des ärztlichen Bruttohonorars.

Der BFH begründet ausführlich, warum dagegen die Einnahmen aus der Abgabe von Medikamenten aus einer Krankenhausapotheke dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zuzuordnen seien. Die Abgabe der Medikamente einer Krankenhausapotheke würden wie die allgemeinen Krankenhausleistungen von der Krankenkasse unmittelbar und nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung abgerechnet. 

Die Zuordnung zum Zweckbetrieb könne auch nicht aus dem BFH-Urteil zu den umsatzsteuerfreien Krankenhausleistungen (BFH, Urteil v. 29. September 2014, BStBl II 1991, 268) abgeleitet werden, weil es in diesem Urteil nur um die Definition der Krankenhausleistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes und nicht um die Frage ging, ob ein Zweckbetrieb oder ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt. 

Allerdings hat der BFH nicht abschließend entscheiden können, sondern den Fall an das FG Münster zur Weiterverhandlung zurückverwiesen. Als Tatsacheninstanz müsse dieses prüfen, ob die Personal- und Sachmittelgestellung neben dem Krankenhauszweckbetrieb einen gesonderten Zweckbetrieb, z. B. nach § 65AO darstellt.

Praxishinweis

Soweit Steuerpflichtige mit Verweis auf das Ausgangsurteil des FG Münster vom 13. Januar 2021 Einspruch gegen die Zuordnung von Nutzungsentgelten zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingelegt haben, sind die Einsprüche aufrecht zu halten. Im Rahmen der neuerlichen Prüfung durch das FG Münster dürfte u. E. auch der besondere Regelungszusammenhang für die Ermächtigung der Krankenhausärzt*innen eine Rolle spielen. Die Ermächtigung von Krankenhausärzt*innen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann in Betracht, wenn im Angebot der niedergelassenen Ärzt*innen eine Versorgungslücke besteht. Dies ist dann der Fall, wenn das wegen zu geringer Arztzahl nicht ausreichende allgemeine Leistungsangebot quantitativ erhöht werden muss (Beteiligung aus quantitativ-allgemeinen Gründen) oder wenn die Krankenhausärzt*innen besondere Untersuchungs- bzw. Behandlungsmethoden anbieten, die für die Versorgung notwendig sind, von den niedergelassenen Ärzt*innen aber nicht oder nicht in ausreichendem Maße angeboten werden (Beteiligung aus qualitativ-speziellen Gründen). Da die Ärzte im Urteilsfall ermächtigt wurden, muss zuvor eine solche Versorgungslücke bestanden haben. Damit der*die Arzt*Ärztin im Rahmen der Ermächtigung tätig werden kann, muss weiterhin der Krankenhausträger schriftlich zustimmen. Die Ermächtigung ist zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu bestimmen (§ 31 Abs. 7 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Ärzte-ZV). Typischerweise wird die Ermächtigung lediglich für eine Tätigkeit am Klinikstandort erteilt. Eine Tätigkeit in „eigener“ Praxis außerhalb ist damit praktisch unmöglich – und aufgrund der Kopplung an das Angestelltenverhältnis auch nicht wirtschaftlich. Die Mitwirkung des Krankenhausträgers in der Sicherstellung einer hinreichenden ambulanten Patientenversorgung dürfte sich damit jedenfalls als Maßnahme zur Förderung des Gesundheitswesens (§ 52 Abs. 1 Nr. 3 AO) einordnen lassen.

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