Krankenhaustransparenzgesetz – Fortschritt für Patient*innen?
Krankenhaustransparenzgesetz
Ziele des KHTG
Mit dem KHTG wird vom allem das Ziel verfolgt, die Qualität und Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser in Deutschland sichtbar zu machen. Durch die Einführung eines sogenannten „Bundes-Klinik Atlas“ (im Folgenden: Klinik-Atlas) werden detaillierte Informationen über alle 1.700 Krankenhäuser in Deutschland mit ihren 16,5 Millionen Behandlungsfällen veröffentlicht. Der Klinik-Atlas soll den Patient*innen ermöglichen, sich umfassend über die medizinischen Leistungen und die Qualität der stationären Versorgung zu informieren. Durch die dort zur Verfügung gestellten Informationen sollen Patient*innen in die Lage versetzt werden, besser informierte Entscheidungen über ihre Krankenhauswahl zu treffen. Dies stärke die Autonomie der Patient*innen und fördere eine patientenzentrierte Versorgung. Die Möglichkeit, verschiedene Krankenhäuser hinsichtlich ihrer Qualität und Leistungsfähigkeit zu vergleichen, unterstütze die Patient*innen darin, die für sie beste Versorgung auszuwählen.
Ein weiteres zentrales Ziel des KHTG ist die Erhöhung der Liquidität von Krankenhäusern. Dies soll durch verschiedene finanzielle Maßnahmen, wie die frühzeitige Refinanzierung von Tariflohnsteigerungen und die Erhöhung des vorläufigen Pflegeentgeltwertes, erreicht werden. Zudem wird ein vorläufiger Mindererlösausgleich für Folgejahre eingeführt, um finanzielle Engpässe zu vermeiden. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die wirtschaftliche Stabilität der Krankenhäuser zu sichern und somit eine kontinuierlich hohe Versorgungsqualität zu gewährleisten.
Wesentliche Regelungen des KHTG
Ein zentrales Element des KHTG ist die Einführung eines Transparenzverzeichnisses, dessen Einzelheiten nunmehr in § 135d SGB V geregelt sind. Dieses Online-Verzeichnis in der Form des Klinik Atlas wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) veröffentlicht und enthält umfassende Daten u. a. über die Fallzahl der erbrachten Leistungen (differenziert nach Fachabteilungen [bis 30. September 2024] und 65 Leistungsgruppen [ab 1. Oktober 2024]) und die Qualität der Krankenhäuser (vgl. § 135 Abs. 3 SGB V), die in den kommenden Wochen und Monaten stufenweise zur Verfügung gestellt werden. Krankenhäuser sind gesetzlich verpflichtet, Informationen zu ihrem Leistungsangebot, zur personellen Ausstattung und zu bestimmten Qualitätsaspekten quartalsweise aktualisiert an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zu übermitteln. Das InEK leitet diese Daten an das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) weiter, das die Daten auswertet und an das BMG zur Veröffentlichung weiterleitet.
Ein weiteres zentrales Element des Gesetzes ist die Zuordnung der Krankenhausstandorte zu bestimmten Versorgungsstufen (sogenannte Level) gemäß § 135d Abs. 4 SGB V. Diese Zuordnung erfolgt auf Basis der Anzahl und der Art der von den Krankenhäusern vorgehaltenen Leistungsgruppen. Es gibt drei Hauptstufen (Level 1 bis 3), sowie spezielle Level für Fachkrankenhäuser (Level F) und sektorenübergreifende Versorger (Level 1i). Level 3 steht für eine umfassende Versorgung, während Level 1 eine Basisversorgung darstellt. Diese Zuordnung soll es Patient*innen erleichtern, das Leistungsspektrum eines Krankenhauses schnell und unkompliziert zu erkennen.
Im Hinblick auf die bereits angesprochenen Maßnahmen zur Erhöhung der Liquidität werden entsprechende Regelungen in das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) aufgenommen. Demnach können Krankenhäuser frühzeitig Refinanzierungen für Tariflohnsteigerungen erhalten, um ihre finanzielle Belastung zu reduzieren und eine stabile finanzielle Basis zu gewährleisten (vgl. § 6a Abs. 4 KHEntgG). Darüber hinaus wird der vorläufige Pflegeentgeltwert von 230 € auf 250 € erhöht (vgl. § 15 Abs. 2a KHEntgG), was die Finanzierung der Pflegekosten verbessern soll. Zudem wird ein vorläufiger Mindererlösausgleich eingeführt, der auch für die Folgejahre (bis 2025) gilt (§ 15 Abs. 3 KHEntgG). Dies bedeutet, dass Krankenhäuser einen Ausgleich für noch nicht finanzierte Pflegekosten erhalten, wenn ihre tatsächlichen Pflegekosten höher sind als die abgerechneten Pflegeentgelte.
Reaktionen der beteiligten Akteure
Nach Ansicht des Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, schaffe der Klinik-Atlas „keinen echten Mehrwert für Patienten“. Denn die dort vorgesehenen Informationen seien bereits über etablierte Register wie die Weiße Liste oder das Deutsche Krankenhausverzeichnis weitgehend laienverständlich abrufbar. Ähnlich argumentierte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß. Es stelle sich die Frage nach dem Sinn eines weiteren, dieses Mal steuerfinanzierten Verzeichnisses, das den Patienten keine zusätzlichen Informationen biete und daher keine sinnvolle Ergänzung sein könne. Was es aber den Krankenhäusern bringe, sei noch mehr Bürokratie, da die Krankenhäuser ihr ärztliches Personal noch kleinteiliger dokumentieren und regelmäßig melden müssten.
Nach Auffassung des niedersächsischen Gesundheitsministers Andreas Philippi sei das KHTG auch zeitlich nicht mit dem KHVVG abgestimmt. Im Rahmen der Krankenhausreform ist vorgesehen, dass die Länder die Leistungsgruppen erst ab dem Jahr 2025 zuweisen, während der Klinik-Atlas bereits im Herbst 2024 darauf zurückgreifen soll. „Insofern arbeitet der Atlas mit Indikatoren, die noch gar nicht in Kraft sind und sich zudem noch deutlich verändern werden“, kritisiert Philippi und stellt klar: „Erst die Reform, dann der Atlas wäre die richtige Reihenfolge gewesen.“
Nicht ganz überraschend (vgl. den Beitrag im Mazars Newsletter Healthcare 3/2023: „Bundesgesundheitsminister kündigt 14 Gesetzentwürfe bis Juli 2024 an“), aber dennoch erstaunlich ist schließlich die Tatsache, dass die Level im KHTG doch wieder ins Spiel kommen, obwohl sich die Länder ausdrücklich gegen die Einteilung der Krankenhäuser in Stufen ausgesprochen hatten und insofern zwischen Bund und Ländern ausdrücklich vereinbart wurde, in dem KHVVG darauf zu verzichten. Lauterbach hält dem entgegen, dass die Level an sich keine Aussage über die Leistungsqualität, sondern erst einmal nur über den Leistungsumfang treffen. Hier besteht nach Auffassung von Gerald Gaß das Risiko, dass „ein auf eine bestimmte Behandlung hochspezialisiertes kleines Krankenhaus mit exzellenter Qualität, dem das Ministerium nun Level 1 zuteilt, […] im Vergleich zum nicht spezialisierten Level-3-Haus das Nachsehen haben“ kann.
Fazit
Ob der Klinik-Atlas (langfristig) eine echte Verbesserung gegenüber den bereits etablierten Registern darstellt, bleibt abzuwarten. Hinsichtlich dessen Leistungsfähigkeit war der Klinik-Atlas wenige Stunden nach dem Start kurzzeitig überlastet und nicht mehr erreichbar, sodass sich erst noch zeigen muss, wie stabil dieser läuft. Zudem habe die DKG „ungezählte Meldungen“ von Krankenhäusern erhalten, die „massive Falschdarstellungen“ im Klinik-Atlas beklagen. Nach Ansicht der stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der DKG, Prof. Dr. Henriette Neumeyer, weise der Klinik-Atlas „zahlreiche Fehler und veraltete bzw. falsche Daten“ auf, „die die Patientinnen und Patienten erheblich in die Irre führen können“. Ob der Klinik-Atlas einen echten Fortschritt für die Patient*innen darstellt, kann daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt zumindest bezweifelt werden.
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