Ermäßigter Umsatzsteuersatz für steuerbegünstigte Körperschaften – Änderung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a US

Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 28. März 2024 Änderungen bei der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes i.H. v. sieben Prozent beschlossen. Die Änderungen sind insbesondere für Inklusionsbetriebe sowie Körperschaften, die einen allgemeinen Zweckbetrieb nach § 65 AO begründen, von Bedeutung.

Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes hat der Gesetzgeber u. a. auch die Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, in welcher die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für steuerbegünstigte Körperschaften normiert ist, angepasst. Die gesetzliche Regelung hat nunmehr folgenden Wortlaut (Änderungen farblich gekennzeichnet):

„Die Steuer ermäßigt sich auf 7 Prozent für die folgenden Umsätze: die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 28. März 2024 Änderungen bei der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes i.H. v. sieben Prozent beschlossen. Die Änderungen sind insbesondere für Inklusionsbetriebe sowie Körperschaften, die einen allgemeinen Zweckbetrieb nach § 65 AO begründen, von Bedeutung. Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht. Körperschaften verwirklichen mit ihren in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetrieben ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst, wenn die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen vom steuerbegünstigten Zweck der Einrichtung erfasst werden“.

Hintergrund für die erfolgten Änderungen ist die jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei Leistungen, die durch steuerbegünstigte Körperschaften i. S. d. §§ 51 ff. AO erbracht werden. Danach wurde der Anwendungsbereich der Regelung zunehmend eingeschränkt.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere das Urteil des BFH vom 23. Juli 2019 (Az. XI R 2/17) zu nennen, bei dem es um die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes bei der Erbringung von Gastronomieleistungen und der Zurverfügungstellung einer öffentlichen Toilette durch einen Inklusionsbetrieb (Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 Buchst. c AO) ging. Der BFH hat entschieden, dass diese Umsätze nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterworfen werden dürfen, selbst wenn diese Leistungen der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gedient haben. Denn nach Auffassung des BFH ist die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in diesem Fall insbesondere wettbewerbsschädlich, da die vom Inklusionsbetrieb erbrachten Leistungen in unmittelbarem Wettbewerb zu Leistungen anderer Unternehmer stehen, die der Besteuerung mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegen. Zudem würden nicht „mit diesen Leistungen“ die satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke „selbst verwirklicht“, sondern diese Leistungen dienen in erster Linie den Besuchern des Bistros und Nutzern, die jedoch nicht zum begünstigten Personenkreis des Inklusionsbetriebes gehören. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum viel Kritik erfahren, auf die der Gesetzgeber nun mehr reagiert hat.

Die Neuregelung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 4 UStG stellt nunmehr klar, dass begünstigte Leistungen vorliegen, wenn die vom steuerbegünstigten Satzungszweck erfassten Personen Leistungsempfänger sind oder – wie dies z.B. bei Inklusionsbetrieben typischerweise der Fall ist – an der Leistungserbringung beteiligt sind.

Die zweite Änderung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 3 UStG geht auf das BFH-Urteil vom 26. August 2021 (Az.: V R 5/19) zurück, wo es um die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei Vorliegen eines allgemeinen Zweckbetriebs nach § 65 AO ging. Der BFH führt in den Entscheidungsgründen aus, dass vom Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG a. F. grundsätzlich auch Leistungen eines Zweckbetriebs nach § 65 AO erfasst sind, hier aber – neben der Wettbewerbsprüfung nach §65AO – auch eine zusätzliche („umsatzsteuerliche“) Wettbewerbsprüfung vorzunehmen sei.

Nach der aktuellen Fassung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 3 UStG wird im Rahmen der Prüfung der Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes die Wettbewerbsprüfung nur noch für Zweckbetriebe i. S. d §§ 66 – 68 AO und somit ausdrücklich nicht mehr für den allgemeinen Zweckbetrieb nach §65AO vorgenommen. Sofern ein Zweckbetrieb nach §65 AO vorliegt, dürfte somit nach der gesetzlichen Neufassung stets der ermäßigte Umsatzsteuersatz anwendbar sein.

Ob dies mit den EU-rechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen ist, erscheint fraglich. Denn nach Anhang III Nr. 15 zu Art. 98 MwStSystRL kommt der ermäßigte Steuersatz grundsätzlich nur für Leistungen in Betracht, die „durch gemeinnützige Organisationen erbracht werden, die sich für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit wie von den Mitgliedstaaten definiert einsetzen“. Die Zweckbetriebs-Leistungen nach § 65 AO dürften demgegenüber regelmäßig auch Leistungen umfassen, die über den Bereich der wohltätigen Zwecke und der sozialen Sicherheit hinausgehen, sodass eine Diskrepanz zur MwStSystRL offenkundig ist. Hier bleibt die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten, insbesondere ob der BFH an seiner bisherigen Auffassung der partiellen Richtlinienwidrigkeit des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG (vgl. z.B. BFH vom 20. März 2014, V R 4/13) festhalten wird.

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