Change-of-Control-Klausel im neuen Niedersächsischen Krankenhausgesetz
Change-of-Control-Klausel im Krankenhausgesetz
Durch das neue Niedersächsischen Krankenhausgesetz (NKHG) und auf dessen Grundlage noch durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung zu erlassenden Verordnungen soll die stationäre medizinische Versorgung in Niedersachsen mit dem Ziel der Sicherstellung wohnortnaher und hochwertiger Versorgung neu geordnet werden. Dafür wird das Land in Versorgungsregionen unterteilt und Krankenhäuser als Grund-, Schwerpunkt- und Maximalversorger klassifiziert. Dort, wo Krankenhäuser für die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung nicht oder nicht mehr erforderlich sind und ambulante Angebote fehlen, soll die Einführung von regionalen Gesundheitszentren gefördert und modellhaft erprobt werden.
Daneben gibt es weitere für Krankenhausträger und deren Gesellschafter relevante Änderungen, denen hier die Aufmerksamkeit gelten soll.
Relevante Änderungen für Krankenhausträger und deren Gesellschafter
In § 3 NKHG finden sich die Begriffsbestimmungen. Interessant sind vor allem die Begriffsbestimmungen „Krankenhausträger“ und „Trägerwechsel“ und deren Entstehung.
Krankenhausträger
In Nr. 5 wird der Begriff „Krankenhausträger“ definiert. Danach handelt es sich um eine „natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die ein Krankenhaus im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betreibt“.
Trägerwechsel
In Nr. 6 wird der Begriff Trägerwechsel definiert: Der ursprüngliche Gesetzesentwurf (Drs. 18/10578, 2) hatte vorgesehen, dass ein Trägerwechsel „jeder Wechsel der Betreiberin oder des Betreibers im Sinne der Nummer 5“ ist. Abgesehen davon, dass der Betreiber nicht definiert war, sondern der Krankenhausträger – Begriffe die im Grunde Synonyme sind –, wurde zudem klargestellt, dass ein Trägerwechsel auch im Fall einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 UmwG vorliegen soll. Dies ist vor dem Hintergrund, dass auch bei identitätswahrendem Formwechsel im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG die zwingende Herausnahme aus dem Krankenhausplan die Folge gewesen wäre (vgl. § 7 Abs. 2 NKHG), als zu weit kritisiert und zu Recht nicht übernommen worden. Da es nach Auffassung des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung auch im Falle eines bloßen Formwechsels eines neuen Feststellungsbescheides bedarf, was auch in der Literatur so gesehen wird, empfahl der Ausschuss, § 7 Abs. 2 NKHG dahingehend zu ergänzen, dass der „neue“ Träger bei einem Formwechsel durch eine Änderung des Bescheids festzustellen ist. Diese Klarstellung ist zu begrüßen.
Change-of-Control-Klausel
Die Begriffsbestimmung des Trägerwechsels wurde allerdings um einen viel weitreichenderen Aspekt ergänzt. Sie lautet in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (Drs. 18/11357, 4) wie folgt:
„Jeder Wechsel des Krankenhausträgers im Sinne der Nr. 5; ein Trägerwechsel liegt auch im Falle einer Umwandlung eines Krankenhausträgers im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) oder bei einem Wechsel der anteiligen Eigentumsverhältnisse oder einem Mehrheitswechsel bei den Gesellschaftsanteilen eines Krankenhausträgers vor.“
Auch früher schon wurde in den für die Krankenhausplanung zuständigen Ministerien und Bezirksregierungen der Länder vielfach die Auffassung vertreten, ein Gesellschafterwechsel sei wie ein Trägerwechsel zu behandeln. Auch wenn diese Auffassung wegen Vermischung von Träger- und Gesellschafterebenen nicht überzeugt, wurden auch bei Share Deals bzw. Privatisierungsverträgen entsprechende Vollzugsbedingungen betreffend die Zustimmung der Krankenhausplanungsbehörde bzw. sog. „Change-of-Control- Klauseln“ in den Kaufvertrag aufgenommen. Nun aber erhält, soweit ersichtlich, erstmals ein Landeskrankenhausgesetz eine Change- of-Control-Klausel. In der Begründung heißt es hierzu, dass der Ausschuss auf Anregung des Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vorschlägt, einen Vorschlag aus der Anhörung aufzugreifen, um dadurch künftig auch die Veräußerung von Krankenhäusern im Rahmen der bei einem Trägerwechsel geltenden Regelungen reglementieren zu können.
Die Begründung suggeriert nach ihrem Wortlaut, dass es zu einer Ermessensentscheidung über die Herausnahme des Krankenhausplans käme („können“), ohne dass Kriterien für diese Entscheidung benannt würden. Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 S. 1 NKHG („ist“) führt die Übernahme der Anteile an einem Krankenhausträger, die gemäß § 3 Nr. 6 NKHG einen Trägerwechsel darstellen soll, allerdings zwingend zur Herausnahme aus dem Krankenhausplan. Eine Ermessensentscheidung ist lediglich für die Fälle des § 7 Abs. 1 NKHG vorgesehen und kam ebenfalls erst auf Betreiben des Ausschusses ins Gesetz.
Die Regelung des § 7 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 3 Nr. 6 NKHG trifft damit unterschiedslos jeden, der die Anteile an einem Krankenhausträger abgeben bzw. übernehmen will. Es liegt allerdings auf der Hand, dass diese Regelung der Debatte um die sog. „Investoren- MVZ“ folgt und den Behörden eine Möglichkeit an die Hand geben soll, den Erwerb eines Krankenhauses als Vehikel für den Einstieg in den ambulanten Gesundheitsmarkt zu verhindern. Denn dies entspricht der von der Gesundheitsministerkonferenz bekanntermaßen einheitlich vertretenen Linie. Ein Abgeordneter der CDU-Fraktion des Niedersächsischen Landtages äußerte entsprechend:
„Ziel ist es z. B., zu verhindern, dass sich Investoren eine ,Krankenhaushülle‘ kaufen und dann außerhalb Niedersachsens medizinische Versorgungszentren betreiben. Darin sind wir uns auch völlig einig. Möglich sein muss aber die Neuaufnahme von Gesellschaftern oder die Verschiebung von Gesellschafteranteilen, ohne gleich den entsprechenden Krankenhausstatus zu verlieren.“
Dass eine solche Regelung, die ersichtlich dazu dienen soll, mittelbar in das Gefüge des § 95 SGB V einzugreifen, einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten würde, darf vor dem Hintergrund von Gesetzgebungskompetenz und Wirtschaftsgrundrechten bezweifelt werden. Jedenfalls für bereits ohne entsprechende Nebenbestimmungen erlassene Feststellungsbescheide stellt sich die Frage, ob diese Position überhaupt entzogen werden kann. Im Übrigen schadet eine solche Regelung jeglichen Konsolidierungsbemühungen im niedersächsischen Krankenhausmarkt und kann auch die Rettung angeschlagener Krankenhausträger verhindern.
Praxistipp
Das NKHG greift eine Vielzahl bereits aus andern Landeskrankenhausgesetzen bekannten Regelungen auf. Eine Abkehr von einer Planung nach Betten, wie zuletzt in NRW, erfolgt indes nicht. Eine für Krankenhausträger und deren Gesellschafter sowie Erwerber von Krankenhausträgergesellschaften einschneidende Neuerung ist die Einführung einer Change- of-Control-Klausel im NHKG. Diese wird dazu führen, dass sowohl der Erwerb als auch die Veräußerung von Anteilen an einem Krankenhausträger Risiken und Abstimmungsbedarf erheblich erhöhen. Mazars verfügt über jahrelange Erfahrung bei Krankenhaustransaktionen und berät Sie gerne.
Haben Sie Fragen oder weiteren Informationsbedarf?
Autor:
Dr. Moritz Ulrich
Tel: + 49 30 208 88 1408
Dies ist ein Beitrag aus unserem Healthcare-Newsletter 3-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.