Umfang der Gewerbesteuerbefreiung für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeeinrichtungen
Gewerbesteuerbefreiung für Pflegeeinrichtungen
I. Streitfall
Im Streitfall erbrachte eine GmbH Pflegeleistungen gegenüber kranken Personen entsprechend den Leistungskatalogen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen. Weiterhin erzielte sie Zinserträge aus Darlehensverträgen und aus Bankguthaben. Zudem erhielt sie von zwei Firmen Provisionszahlungen. Die Tätigkeit einer GmbH gilt kraft Rechtsform immer als Gewerbebetrieb und unterliegt damit grundsätzlich der Gewerbesteuer. Die Erbringung der Pflegeleistungen war jedoch nach § 3 Nr. 20 GewStG unstreitig gewerbesteuerbefreit. Allerdings nahm das Finanzamt eine partielle Gewerbesteuerpflicht für die erzielten Zins- und Provisionserträge an.
Nachdem das Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 12. Februar 2019 (Az. 8 K 8030/15) der Klage der GmbH gegen die entsprechenden Bescheide zunächst stattgab, bestätigte der BFH im Revisionsverfahren die Auffassung des Finanzamtes.
II. Entscheidung des BFH
Die GmbH kann sich für die von ihr erzielten Zinsund Provisionserträge nicht auf die Befreiungsvorschrift stützen.
1. Erkenntnis: „außerhalb der Einrichtung erzielte Gewinne unterliegen nicht der Steuerbefreiung.“
§ 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG regelt keine persönliche Steuerbefreiung. Begünstigt werden soll nur die aus dem Betrieb der Einrichtung resultierenden Erträge, nicht der Träger der Einrichtungen. Daher ist zwischen begünstigten und nicht begünstigten Erträgen zu differenzieren.
Begründet wird dies mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Denn der Zweck der Steuerbefreiung soll darin liegen, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten. Erzielt der Träger damit außerhalb der Einrichtung Erträge, unterliegen diese der Gewerbesteuer.
2. Erkenntnis: Die Annahme eines gewerbesteuerpflichtigen Tätigkeitsbereichs der Einrichtung setzt nicht voraus, dass
- dieser Tätigkeitsbereich die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gem. § 14 1 AO erfüllt,
- den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung verlässt oder
- besondere organisatorische Vorkehrungen erfordert.
3. Erkenntnis: Eine trennbare, partiell gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit kann bereits dann angenommen werden, wenn dieser Tätigkeit trennbare Erträge zugeordnet werden können.
Zins- und Provisionserträge resultieren aus einer Tätigkeit, die vom eigentlichen Betrieb der Einrichtung und vom Zweck der Steuerbefreiung in § 3 Nr. 20 GewStG getrennt werden kann. Die Tätigkeiten können getrennt werden, weil den Tätigkeiten trennbare Erträge zugeordnet werden können.
III. Zusammenfassung
Festzustellen ist, dass die Rechtsprechung bei der Anwendung der Steuerbefreiung insbesondere auf den Sinn und Zweck der Vorschrift abstellt. Wer sich auf die Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 20 Buchst. c und d GewStG berufen will, muss begründen können, ob und wie die Tätigkeit die Versorgungsstruktur verbessert oder die Sozialversicherungsträger entlastet. Im Ergebnis sind nur die Erträge begünstigt, die aus dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung selbst erzielt werden. Die Trennbarkeit der Tätigkeit kann sich bereits daraus ergeben, dass der Tätigkeit trennbare Erträge zugeordnet werden können. Dieses gilt nach dem Urteil insbesondere auch für Zinserträge. Unentschieden ist allerdings bisher, ob und inwieweit dieses auch für Zinserträge auf einrichtungsbezogene Fördermittel gilt.
Mit § 3 Nr. 20 Buchst. b) GewSt gibt es eine analoge Gewerbesteuerbefreiung für entsprechende Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und mit § 3 Nr. 20 Buchst. b) GewStG für nicht gemeinnützige Krankenhäuser. Es ist nicht anzunehmen, dass der BFH für diese Konstellationen anders entscheiden würde.
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Autor:
Jens Krieger
Tel: + 49 30 208 88 1280
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