Ermittlung fremdüblicher Zinsen auf Konzerndarlehen

Der Bundesfinanzhof war in der Entscheidung vom 18. Mai 2021 (Az. – I R 4/17) mit der Frage befasst, wie die Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinssätze in Konzernstrukturen zu erfolgen hat. Insbesondere für Krankenhausgesellschaften, die gegenseitige langfristige Forderungen und Verbindlichkeiten haben bzw. im Rahmen eines sog. Cash-Pools verbunden sind, konkretisiert die Entscheidung die Prüfmaßstäbe aus steuerlicher Sicht. Nach Auffassung des Senats ist für die Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinssätze vor Anwendung der Kostenaufschlagsmethode (Selbstkosten des Leistenden wird um einen angemessenen Gewinnaufschlag erhöht) zu prüfen, ob die Vergleichswerte mithilfe der Preisvergleichsmethode ermittelt werden können.

I. Problemstellung

Um die Angemessenheit der Höhe des Zinses eines konzerninternen Darlehens zu bestimmen, ist aus steuerlicher Sicht ein Fremdvergleich durchzuführen. Wird ein nicht fremdüblicher Zins gewährt, kann dies im Konzern zu verdeckten Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) führen. Die Beurteilung der Angemessenheit konzerninterner Leistungsbeziehungen ist eine ständige Herausforderung für Konzerngesellschaften und ein häufiger Streitpunkt mit der Finanzverwaltung. Neben der Thematik der Begründung einer verdeckten Gewinnausschüttung tritt hinzu, dass der Gemeinnützigkeitsstatus bei unangemessener Zinshöhe gefährdet ist. Das Urteil des BFH schafft Klarheit, wie ein angemessener Zins für ein Konzerndarlehen zu ermitteln ist.

II. Streitfall

Die Klägerin erhielt in den Veranlagungszeiträumen 2002 und 2003 von ihrer Schwestergesellschaft Darlehen zu Zinssätzen zwischen 4,375 % und 6,45 % ohne Sicherheiten. Außerdem nahm die Klägerin Kredite bei Banken auf, für die sich die Schwestergesellschaft verbürgte.

Nach einer Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die vereinbarten Darlehenszinsen überhöht gewesen seien und deshalb zu einer verdeckten Gewinnausschüttung geführt hätten. Die Ermittlung der fremdüblichen Zinssätze wurde auf der Basis der Kostenaufschlagsmethode durchgeführt. Das Finanzgericht Münster hielt zur Ermittlung der Fremdvergleichspreise die Kostenaufschlagsmethode ebenfalls für zutreffend. Der BFH ist dem nicht gefolgt.

III. Entscheidung des BFH

Der BFH stimmt dem Finanzgericht dahingehend zu, dass zur Prüfung einer verdeckten Gewinnausschüttung die Höhe des Darlehenszinses einem Fremdvergleich unterzogen werden muss. Die Fremdüblichkeit des Zinssatzes eines Konzerndarlehens ist jedoch vorrangig nach der Preisvergleichsmethode zu bestimmen. Erst wenn ein Preisvergleich nicht möglich ist, kann die Fremdüblichkeit des Zinssatzes anhand der Kostenaufschlagsmethode ermittelt werden.

IV. Ermittlung nach der Preisvergleichsmethode

Die Preisvergleichsmethode basiert darauf, den bei einem konzerninternen Geschäft vereinbarten Preis mit jenem Preis zu vergleichen, den unabhängige Unternehmen bei einem vergleichbaren Geschäft unter vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten. Wichtigste Voraussetzung für die Anwendung der Preisvergleichsmethode ist eine Vergleichbarkeit der Preise des in Rede stehenden Geschäfts und des Vergleichsgeschäfts.

Methoden des Preisvergleichs sind der externe und der interne Preisvergleich.

  • Externer Preisvergleich: Der vereinbarte Zins ist mit dem Zins zu vergleichen, der bei vergleichbaren Geschäften zwischen unabhängigen Dritten vereinbart worden wäre
  • Interner Preisvergleich: Der vereinbarte Zins ist mit dem Zins zu vergleichen, der bei vergleichbaren Geschäften zwischen einem der Konzernunternehmer mit einem unabhängigen Dritten vereinbart worden wäre

Der BFH hat außerdem dargelegt, dass die Preisvergleichsmethode auch dann maßgebend ist, wenn:

  • eine fehlende Besicherung vorliegt,
  • ein konzerninternes Finanzierungsgesellschaft nicht die gleichen (aufwendigen) Strukturen wie eine Geschäftsbank aufweist oder
  • eine Konzernzugehörigkeit gegeben ist.

Für die Ermittlung des fremdüblichen Zinses ist grundsätzlich nur auf die Bonität des Darlehensnehmers (sog. Stand-alone-Rating) abzustellen. Ein passiver Konzernrückhalt kann nur berücksichtigt werden, wenn ein Konzernfremder Darlehensgeber sich darauf tatsächlich verlassen hätte.

V. Hinweise

Da auch für konzerninterne Darlehensgewährungen die Preisvergleichsmethode anzuwenden ist, empfehlen wir auch für Krankenhausgesellschaften eine Bestandsaufnahme und Überprüfung sowie etwaige Anpassung der vertraglichen Regelungen. Die Grundlagen für die Bestimmung der Höhe des jeweiligen Zinssatzes sollte dokumentiert werden.

Im Bereich von gemeinnützigen Vertragsparteien gelten Ausnahmen, da unter bestimmten Voraussetzungen eine zinsfreie bzw. teilentgeltliche Überlassung möglich ist. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.

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