DiGA ist die neue Kostenerstattungsreform

Die Corona-Pandemie treibt den Digitalisierungsfortschritt voran. Am 20.4.2020 trat plangemäß die Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) in Kraft.

DiGA ist die neue Kostenerstattungsform

Die Voraussetzungen für die Erstattung von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), wie zum Beispiel Gesundheits-Apps, wurden durch die Krankenkassen bestimmt. Eine völlig neue Erstattungsform wurde geschaffen. Seit 27.5.2020 ist auch das Online-Antragsportal dafür freigeschaltet (https://diga.bfarm.de/antrag/de). Mit den ersten positiven Bescheiden und damit der ersten erstattungsfähigen DiGA i.S. d. § 33a SGB V rechnen wir noch im Herbst 2020. Das DiGA-Verzeichnis wird voraussichtlich ab dem 1.1.2021 zum Abruf bereitgestellt.

Wie kommt man ins DiGA-Verzeichnis?

Eine Healthcare-App und andere digitale Anwendungen müssen eine Vielzahl von Voraussetzungen erfüllen, um den sozialrechtlichen Anforderungen an die Erstattung gerecht zu werden. Das gilt auch für das DiGA-Verzeichnis nach § 139e SGB V und die Aufnahme in das Verzeichnis. Die Grundvoraussetzungen ergeben sich aus dem § 33a SGB V und § 139e SGB V. In der DiGAV wurden sie konkretisiert. Als Auslegungshilfe dient der DiGA-Leitfaden des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Er ist unter https://www.bfarm.de/ DE/Medizinprodukte/DVG/_node.html aufrufbar.

Hier die Grundvoraussetzungen für die Aufnahme:

  1. Medizinprodukt mit digitaler Hauptfunktion
    Die DiGA muss ein patientenzentriertes Medizinprodukt der Risikoklasse I oder IIa nach MDD oder MDR darstellen und den medizinischen Zweck wesentlich durch eine digitale Technologie erreichen. Zu beachten ist, dass eine DiGA, die ihren medizinischen Zweck in der Primärprävention hat, von der Definition des § 33a SGB V nicht umfasst ist.
  2. Datenschutz und -sicherheitDie grundlegenden Datenschutz- und Datensicherheitsanforderungen können anhand der Checkliste im Anhang 1 zur DiGAV überprüft werden. DiGA-spezifisch ist allerdings, dass die Datenverarbeitung nur im Inland, EU-Land oder einem Drittstaat, für den ein Angemessenheitsbeschluss oder eine geeignete Garantie vorliegt, erfolgen darf. Eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten außerhalb der EU auf Basis von Standardvertragsklauseln oder Corporate 3. GKV-REGELVERSORGUNG Binding Rules (CBR) ist für eine DiGA nicht zulässig. Aufgrund der EuGH-Entscheidung vom 16.7.2020 (Az. C-311/18) ist eine Datenverarbeitung und -übermittlung in den USA nicht zulässig.Für die Informationssicherheit sind bei einer DiGA vor allem die BSI-Sicherheitsanforderungen und der IT-Grundschutz für die Entwicklung, den Betrieb und die Nutzung von Apps und Web-Anwendungen zu adaptieren.
  3. InteroperabilitätEin DiGA-Hersteller muss technische und syntaktische, semantische sowie organisatorische Interoperabilität gewährleisten. Entscheidend ist dabei, dass der Versicherte alle über die DiGA erhobenen gesundheitsbezogenen Daten aus der DiGA exportieren kann und diese ggf. auch in eine elektronische Patientenakte eingebracht werden können. Ab 1.1.2021 ist dabei ein von der KBV definiertes MIO oder der vesta-Standard umzusetzen.
  4. QualitätsanforderungenDie Qualitätsanforderungen können anhand der Checkliste im Anhang 2 zur DiGAV überprüft werden. Dort spielen die Patientensicherheit, die Qualität der medizinischen Inhalte, die Nutzerfreundlichkeit, der Verbraucherschutz und die Robustheit der DiGA eine Rolle. Der Versicherte soll vor allem vor der Verfälschung und dem Verlust von Daten, inkonsistentem Systemzustand und unnötigen Aufwänden geschützt werden. Die DiGA muss werbefrei sein und einen durchgehend erreichbaren kostenlosen deutschsprachigen Support anbieten. Sie soll leicht und intuitiv zu bedienen sein und ab dem 1.1.2021 müssen alle im Verzeichnis gelisteten DiGA barrierefrei sein und die Bereiche Sehen, Hören und Motorik berücksichtigen.
  5. Nachweis der positiven VersorgungseffekteEin positiver Versorgungseffekt (pVE) ist „entweder ein medizinischer Nutzen oder eine patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserung in der Versorgung“ (§ 8 Abs. 1 DiGAV). Der Nachweis der pVE ist anhand einer wissenschaftlichen vergleichenden Studie (z.B. klinische oder epidemiologische Studien bzw. Verhaltensforschung) zu erbringen. Sie muss in einem öffentlichen Studienregister registriert werden. Dabei muss der Hersteller nachweisen, dass die DiGA besser als deren Nichtanwendung ist. Unter der Nichtanwendung ist auch der Vergleich mit einer vergleichbaren und bereits gelisteten DiGA zu verstehen. Die Studien sind in Deutschland durchzuführen.Ist der Studiennachweis nicht möglich, so kann ein Antrag auf eine vorläufige Aufnahme zur Erprobung gestellt werden. Die notwendige vergleichende Studie kann dann innerhalb einer Erprobungsphase von bis zu einem Jahr, in Ausnahmefällen bis zu zwei Jahren, durchgeführt werden.

Handlungsempfehlung für Hersteller digitaler Gesundheitsanwendungen

Der neue Zugangsweg für die Kostenübernahme von digitalen Anwendungen bietet neue Möglichkeiten für Hersteller. Bisher waren Healthcare-Apps und andere digitale Medizinprodukte nur im Einzelfall erstattungsfähig. Jetzt stellt die Verordnung von DiGA einen Teil der Regelversorgung dar und eröffnet damit einen breiten Markt.

Vor der Antragstellung muss der Medizinproduktehersteller die Übereinstimmung seines Produktes mit den gesetzlichen Anforderungen überprüfen. Die Anforderungen an DiGA gehen an vielen Stellen deutlich über die Zulassungsanforderungen der MDD/MDR hinaus.

  

Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 3-2020. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier . Sie können diesen Newsletter auch abonnierenund erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.