Belastung der Dividenden von inländischen Kapitalgesellschaften bei steuerbefreiten öffentlich-rechtlichen Versorgungswerken
I. Streitfall
Die Klägerin ist ein öffentlich-rechtliches berufsständisches Versorgungswerk. Die Tätigkeit der Klägerin wurde körperschaftsteuerlich als Betrieb gewerblicher Art (BgA) i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 des KStG eingeordnet. Hinsichtlich der im BgA erzielten gewerblichen Einkünfte war die Klägerin nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG unbeschränkt steuerpflichtig, jedoch gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG für Zwecke der Körperschaftsteuer steuerbefreit. Im BgA erzielte die Klägerin Kapitalerträge (Dividenden) aus Investmentfonds.
Für diese Kapitalerträge begehrt die Klägerin im Streitfall die Freistellung von der Kapitalertragsteuer und vom Solidaritätszuschlag. Der Steuerabzug von den Kapitalerträgen führe zu einer ungleichen Belastung im Vergleich mit nicht steuerbefreiten Körperschaften. Bei unbeschränkt steuerpflichtigen (Mutter-)Kapitalgesellschaften seien die in den Fondsausschüttungen enthaltenen inländischen Dividenden nach § 2 Abs. 2 InvStG i. V. m. § 8b Abs. 1 und 5 KStG im Rahmen der Veranlagung nur in Höhe von 0,79125 % der Bruttoeinnahmen belastet. Bei der Klägerin als steuerbefreites berufsständisches Versorgungswerk seien im Vergleich dazu die Kapitalerträge in Höhe von 15,825 % belastet (3/5 von 25 % = 15 % nach § 44a Abs. 8 EStG zuzüglich SolZ).
Die Freistellung wurde vom Finanzamt abgelehnt. Die Klägerin erhob gegen den Ablehnungsbescheid Klage vor dem Finanzgericht. Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt. Die Ungleichbehandlung sei wegen der unterschiedlichen Sachverhalte hinzunehmen. Mit der Revision verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter.
II. Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Der Bundesfinanzhof hat die Revision als unbegründet abgewiesen und sich dem Finanzgericht angeschlossen. Nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs führt die unterschiedliche Besteuerung auf der einfachgesetzlichen Ebene nicht zu einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG.
Im Hinblick auf die Nichtanwendung des Teileinkünfteverfahrens fehle es bereits an vergleichbaren Sachverhalten. Die Klägerin wird wie andere Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Dividenden außerhalb eines BgA (§ 2 Nr. 2, Halbsatz 1 KStG) als letzter Anteilseigner belastet. Unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften wird bei Durchschüttung einer Dividende in einer Beteiligungskette in der Veranlagung das Teileinkünfteverfahren gewährt, weil eine Belastung der Dividende erst bei der Weiterausschüttung der Dividende auf Ebene des letzten Anteilseigners eintreten soll. Zu einer solchen Weiterausschüttung kommt es bei der Klägerin indes nicht. Die Klägerin ist für die im BgA erzielten inländischen Dividenden der „letzte Anteilseigner“. Damit ist keine vergleichbare Situation gegeben.
Bei der Höhe der Endbelastung der Dividende hat sich der Gesetzgeber – wie bei den anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Anteilseignern – an der Höhe des allgemeinen Körperschaftsteuersatzes von 15 % (§ 23 Abs. 1 KStG) orientiert und ist daher nicht zu beanstanden.
Auch liegt keine gleichheitswidrige Belastung im Vergleich zu gemeinnützigen Körperschaften vor. Eine Entlastung der inländischen Dividendenbezüge einer gemeinnützigen Körperschaft im Rahmen des abgeltenden Steuerabzugs beruht darauf, dass der Gesetzgeber deren steuerbegünstigten Zweck (§§ 52 ff. AO) besonders fördert. Die steuerbegünstigte Tätigkeit der Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG diene jedoch nicht der Allgemeinheit. Sie dient allein der Versorgung der Kammermitglieder und ihrer Hinterbliebenen.
III. Zusammenfassung
Hinsichtlich des steuerpflichtigen Teils ihres Einkommens wird die Steuerpflichtige, für Zwecke der Körperschaftsteuer durch den Kapitalertragsteuerabzug (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG) und den besonderen Steuerabzug gem. § 32 Abs. 3 KStG abgeltend besteuert. Die Grundentscheidung des Gesetzgebers ist weder willkürlich noch sachwidrig.