Streit um saubere Abwärme im Rahmen der Wärmewende

Abwärmepotenziale sind für Fernwärmeversorger und Letztverbraucher ein wertvolles Gut, um die Wärmeversorgung bzw. den Wärmeverbrauch umweltfreundlich entsprechend den Vorgaben der kommunalen Wärmeplanung bzw. des Gebäudeenergiegesetzes (sog. Heizungsgesetz) zu gestalten. Abwärme ist im Rahmen der Wärmewende zu einem begehrten Rohstoff geworden.

Bei Abwärme handelt es sich jedoch um ein begrenztes Gut, das in der Regel endlich ist und nicht allen Marktteilnehmern zur Verfügung gestellt werden kann. Im Rahmen der Wärmewende stellt sich daher immer wieder die Frage, ob Abwärmepotenziale – insbesondere von kommunalen Einrichtungen – am Markt ausgeschrieben werden müssen.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein vergaberechtliches Ausschreibungsverfahren in der Regel nicht durchzuführen ist, da ein kommunaler Anbieter in diesem Zusammenhang keine Leistung nachfragt, sondern dem Markt eine Leistung (Abwärme) anbietet.

Daneben wird teilweise vertreten, dass im Hinblick auf Abwärme aus Abwasser zumindest ein kartellrechtliches Ausschreibungsverfahren durchzuführen ist. Ein kommunaler Abwasserentsorger sei der einzige Anbieter von Abwärme aus Abwasser und deswegen marktbeherrschend. Andere Wärmequellen seien zudem nicht so günstig und umweltschonend.

Mit dieser Rechtsfrage hatte sich Ende November 2024 das Landgericht Berlin in einem einstweiligen Verfügungsverfahren beschäftigt (LG Berlin, Urt. v. 28. November 2024, Az. 16 O 339/24 eV). Ein Immobilienunternehmen wollte sich an einen Abwasserkanal anschließen, um den Wärmebedarf für ein Neubauprojekt anteilig durch Abwärme aus Abwasser zu decken. Der Abwasserentsorger teilte dem Immoblienunternehmen jedoch mit, dass er ihm kein Abwärmepotenzial zur Verfügungstellen könne.

Daraufhin wollte das Immobilienunternehmen es dem Abwasserentsorger gerichtlich untersagen lassen, einen Abwärmenutzungsvertrag mit einem Dritten abzuschließen, ohne vorher ein transparentes, diskriminierungsfreies Ausschreibungsverfahren über die Nutzung der Abwärme durchzuführen. Den Anspruch stützte das Immobilienunternehmen auf kartellrechtliche Normen sowie die Marktbeherrschung des Abwasserentsorgers.

Diesem Begehren erteilte das Landgericht Berlin eine Absage. Eine marktbeherrschende Stellung des Abwasserentsorgers lehnte es ab. Im Rahmen der erstmaligen Entscheidung, welches Heizsystem für das Neubauprojekt verwendet werden solle, stünde dem Immobilienunternehmen grundsätzlich die gesamte Bandbreite unterschiedlicher Heizsysteme zur Verfügung. Deren Anbieter stünden in einem Wettbewerb zueinander. Es seien auch keine Anzeichen erkennbar, dass der Abwasserentsorger auf diesem Markt eine Monopolstellung innehabe.

Das Landgericht führte ebenfalls aus, dass sich durch die Anforderungen des § 71 GEG an neue (klimaneutrale) Heizungssysteme die Marktverhältnisse ggf. geändert haben, da bestimmte Heizungssysteme nicht mehr zukunftsfähig seien. Aber auch in dieser Hinsicht sei nicht erkennbar, dass das Immobilienunternehmen auf die Abwärme aus Abwasser angewiesen sei bzw. die benötigte Abwärme nicht durch andere Wärmequellen decken könne.

Wenn es mehrere Interessenten für Abwärmepotenziale gibt, ist jedenfalls dann kein Ausschreibungsverfahren durchzuführen, wenn tatsächlich mehrere Heizsysteme zur Verfügung stehen. Die Abwärmepotenziale können dann frei am Markt vergeben werden. Gleichwohl empfehlen wir, Interessenten über die vorhandenen, in der Regel begrenzten Abwärmepotenziale, über weitere Interessenten und insbesondere darüber, dass es keinen Anspruch auf Abwärme gibt, zu informieren.

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