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Mitvermietung eines Lastenaufzugs im Rahmen der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung
Mitvermietung eines Lastenaufzugs
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, vermietete seit dem Jahr 2002 eine Gewerbeimmobilie an die H-GmbH, die in der Immobilie eine Produktion betrieb. Bevor die Klägerin in das Mietverhältnis als Vermieterin eintrat, hatte die H-GmbH von der Voreigentümerin umfangreiche Aus- und Umbauarbeiten in der Immobilie verlangt. Unter anderem hatte die Voreigentümerin auf Wunsch der Mieterin einen Lastenaufzug eingebaut. Hintergrund der Arbeiten war, dass die H-GmbH ihre Fertigungsabteilung, die sich bis zu dem Zeitpunkt im Erdgeschoss der Immobilie befand, in das Obergeschoss verlagern wollte und das Erd- und das Obergeschoss lediglich durch eine Wendeltreppe verbunden waren.
In den Gewerbesteuererklärungen 2018 und 2019 erklärte die Klägerin, keine Gewerbesteuer auf die Mieteinnahmen infolge der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zahlen zu müssen. Das beklagte Finanzamt lehnte die Anwendung des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ab. Im Rahmen des hiergegen gerichteten Einspruchs vertrat die Klägerin die Auffassung, dass der Lastenaufzug zum Grundstück gehöre. Dabei handele es sich nicht um eine Betriebsvorrichtung; es fehle die erforderliche besondere Beziehung zu dem gegenwärtig im Gebäude durch die H-GmbH ausgeübten Betrieb.
Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, für Zwecke des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG sei der Begriff der Ausschließlichkeit eng auszulegen. Dies bedeute, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden dürfe und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln müsse. Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten seien in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt. Der Begriff des Grundbesitzes bzw. Grundvermögens ergebe sich aus § 68 BewG. Der Lastenaufzug sei eine Betriebsvorrichtung im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG. Die Mitvermietung dieser Betriebsvorrichtungen führe zu einem Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot.
Im Rahmen der Klagebegründung vertrat die Klägerin zudem die Auffassung, der Lastenaufzug sei nicht mitvermietet worden. Der Einbau sei damals Voraussetzung für die Vermietung an die H-GmbH gewesen. Für die Beurteilung komme es nicht auf die Tätigkeit (Mitüberlassung von Betriebsvorrichtungen), sondern auf die daraus erzielten Erträge an. Die unentgeltliche Überlassung des Lastenaufzugs führe daher nicht zu einer Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung. Die Nutzung des Lastenaufzuges sei auch nicht „versteckt“ in der Gesamtmiete enthalten gewesen.
FG Münster: Die erweiterte Kürzung wurde zu Unrecht versagt
Das FG Münster gab nunmehr der Klage statt. Das beklagte Finanzamt habe die erweiterte Kürzung zu Unrecht versagt.
Begründet hat das FG Münster dies damit, dass im konkreten Fall der Betrieb und die Mitvermietung des Lastenaufzugs der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne gedient hat und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und ‑nutzung anzusehen ist. Es sei von einer Unentbehrlichkeit der Mitvermietung des Lastaufzugs in dem zu beurteilenden Fall, auch unter Berücksichtigung des nach der Rechtsprechung der BFH zugrunde zu legenden restriktiven Verständnisses der Ausnahmen, auszugehen.
Der Umstand, dass eine Vorrichtung – wie vorliegend der Lastenaufzug – aufgrund ihrer festen Verbindung mit dem Gebäude nur schwer und unter erheblichem Aufwand entfernt werden kann, führe – so das FG – im Regelfall dazu, dass sie als zwingend notwendig für eine wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksverwaltung und -nutzung zu qualifizieren sei, sofern nicht besondere, im Streitfall nicht vorliegende, Umstände zu einer anderen Bewertung führen.
Bei der Fertigung von Industrieelektronik ist die Produktion von Waren und damit einhergehend auch der Transport der Waren innerhalb der angemieteten Räumlichkeiten wesentlich. Befinden sich, wie in dem streitgegenständlichen Objekt, die vermieteten Räumlichkeiten auf mehreren Etagen, ist damit auch der Transport über mehrere Etagen essenziell. Dass ein Transport der Waren ausschließlich über Treppenhäuser erfolgt, erscheint – wie das FG ausführt – zumindest praxisfern. Bei Warenhäusern oder Produktionsstätten, wie im Streitfall, sei jedenfalls ein Mindestmaß an Infrastruktur als unentbehrlich für eine sinnvollgestaltete Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen.
Zudem weise das Gebäude im Streitfall insoweit die bauliche Besonderheit auf, dass neben dem Lastenaufzug nur eine Wendeltreppe vorhanden war, um Gegenstände vom Erdgeschoss in das Obergeschoss zu transportieren. Demnach werde – wie das FG feststellt – durch den Lastenaufzug ein Mindestmaß an Infrastruktur für die Nutzung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten gewährt, zumal für Produktionsstätten, wie im Streitfall, das Vorhandensein eines Lastenaufzuges essenziell ist.
Zusätzlich sei – so das FG – zu berücksichtigen, dass die H-GmbH den Einbau des Lastenaufzuges zur Bedingung für die Verlängerung des Mietvertrages gemacht hat. Hierdurch ist hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass die H-GmbH die streitgegenständlichen Räumlichkeiten nur weiter anmieten wollte, wenn dort ein Lastenaufzug vorhanden ist. Weiter wird durch die Forderung der H-GmbH objektiv deutlich, dass die Wendeltreppe allein als Gebäude-Infrastruktur für eine sinnvolle Gebäudenutzung nicht ausreicht.
Das FG Münster hat die Revision im Streitfall nicht zugelassen und vertritt die Auffassung, dass die Revision trotz der laufenden Revisionsverfahren gegen das Urteil des FG Düsseldorf vom 23. November 2023, 14 K 1037/22 (Az. des BFH IV R 31/23), und das Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 28. März 2024, 1 K 134/22 (Az. des BFH IV R 9/24), aufgrund der Besonderheiten des Streitfalls nicht zuzulassen ist.
Bedeutung für die Praxis
Das FG Münster bestätigt, dass eine Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen die erweiterte Kürzung regelmäßig ausschließt. Dies gilt jedoch nicht für Betriebsvorrichtungen, die fest mit dem Grundstück verbunden sind, wie beispielsweise Brandmeldeanlagen, Klimaanlagen sowie Lastenaufzüge. Allerdings können auch im Fall einer festen Verbundenheit besondere Umstände vorliegen, die den Weg für eine andere Bewertung ebnen. Insofern ist es ratsam, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, auch wenn dieses Merkmal erfüllt ist.
Autorin: Dr. Kristina Frankus
Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.
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