BMF-Schreiben „Einzelwertberichtigung bei Kreditinstituten“

In der anstehenden Bilanzierungssaison kommen für Kreditinstitute die Vorgaben des im Frühjahr final veröffentlichten BMF-Schreibens vom 21. März 2024 zu Einzelwertberichtigungen (im Folgenden auch: EWB) zum Tragen. Dieses definiert erstmals detailliert steuerliche Anerkennungskriterien für EWB auf Kundenforderungen. Die hierzu aufgestellten Grundsätze sind in vielen Aspekten auch über den direkten Anwenderkreis der Kreditinstitute hinaus von Interesse.

Sachverhalt/Hintergrund

Wenn der Teilwert einer Forderung zum Bilanzstichtag aufgrund eines Ausfallrisikos niedriger ist als die Anschaffungskosten (i. d. R. Nennwert), kann dieser niedrigere Teilwert in der Steuerbilanz angesetzt werden, sofern die Wertminderung voraussichtlich dauerhaft ist, § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

Die Finanzverwaltung hat bereits 1994 verbindliche Kriterien für die steuerliche Anerkennung von Pauschalwertberichtigungen (im folgenden auch PWB) bei Kreditinstituten festgelegt (BMF-Schreiben vom 10. Januar 1994). Für Einzelwertberichtigungen, die ein akutes über PWB hinausgehendes Ausfallrisiko abbilden, beschränkten sich die Vorgaben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) bislang auf auslegungsbedürftige Grundsätze im sog. Teilwerterlass (BMF-Schreiben vom 2. September 2016), was eine uneinheitliche Betriebsprüfungspraxis und fehlende Rechtssicherheit zur Folge hatte. Das BMF-Schreiben vom 21. März 2024 soll diese Lücke schließen und gibt konkret vor, unter welchen Voraussetzungen die Finanzverwaltung EWB und pauschalierte EWB (pEWB) auf Kundenforderungen in der Steuerbilanz anerkennt. Es zielt darauf ab, einheitlich akzeptierte, praxis- und digitalisierungstaugliche Bilanzierungskriterien für EWB festzulegen.

Regelungen des BMF

Viele Ausführungen des BMF-Schreibens zur Bildung von EWB auf Kundenforderungen könnten auch auf andere EWB-bilanzierende Unternehmen übertragen werden, u. a. folgende Aspekte:

  • Die Beweislast für die Umstände, die zum Ansatz einer EWB führen, trägt das steuerpflichtige Kreditinstitut
  • Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung ist gegeben, wenn die Minderung bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz anhält
  • Der Grundsatz der Einzelbewertung ist zu beachten, konkret ist das spezielle Ausfallrisiko der jeweiligen Forderung zu betrachten (und nicht etwa der Vertragspartner)

EWB-Bildung dem Grunde nach:

  • Das Vorliegen eines akuten Ausfallrisikos für die jeweilige Forderung ist individuell nach der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Schuldners zu ermitteln
  • Vermutungen und pessimistische Beurteilungen reichen nicht aus
  • Greifbare Anhaltspunkte in Form einer Zahlungsstörung am Bilanzstichtag sind erforderlich und zu dokumentieren
  • Das BMF definiert in Randziffer 9 konkrete (jedoch nicht abschließende) Fälle, wann eine Zahlungsstörung vorliegt und dem Grunde nach eine EWB gebildet werden darf

EWB-Bildung der Höhe nach:

  • Erfordernis der Darlegung und Dokumentation einer objektiven, zum Bilanzstichtag gegebenen betrieblichen Grundlage für die Teilwertschätzung (Stichtagsprinzip)
  • Berücksichtigung von werterhellenden Erkenntnissen bis zur Bilanzerstellung
  • Vorgabe, welche wertbeeinflussenden Faktoren vom Kreditinstitut zu dokumentieren sind
  • Detaillierte Ausführungen zur Berücksichtigung der Besicherung von Forderungen im Rahmen der Teilwertermittlung

Speziell für Kreditinstitute sind die ausführlichen BMF-Vorgaben zur Bildung von pauschalen EWB (pEWB), insbesondere bei Massenkreditverfahren,zu beachten.

Des Weiteren wurde Kreditinstituten im Rahmen der Teilwertermittlung für Forderungen i. S. d. § 15 RechKredV ein Wahlrecht zur Anwendung eines neuen steuerlichen Vereinfachungsverfahrens eingeräumt. Anstelle der Einzelbewertung mit entsprechenden Dokumentationserfordernissen kann einheitlich eine standardisierte EWB mit festen Wertberichtigungsquoten (abhängig von der Dauer des Zahlungsverzugs und der Besicherung der Forderungen) gewählt werden. Die Anwendung des Vereinfachungsverfahrens ist derzeit erstmals für nach dem 30. Juni 2023 endende Wirtschaftsjahre und letztmals für vor dem 1. Januar 2032 endende Wirtschaftsjahre zulässig.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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