BFH-Urteil vom 13. Juni 2024 (III R 26/21) zur erweiterten Grundstückskürzung – kein schädliches „Dienen“, aber dennoch schädlich
BFH-Urteil vom 13. Juni 2024 (III R 26/21)
Sachverhalt
Zwei Gesellschafter vermieteten über eine GmbH (Vermietungs-GmbH) Wohnungen an Senior*innen. Die beiden Gesellschafter waren zeitgleich als Kommanditisten an einer KG (Service-KG) beteiligt, die gegenüber den Bewohner*innen der Seniorenresidenz verschiedene Serviceleistungen (Verpflegung, Wohnungsreinigung, Wäscheservice, Freizeit-Aktivitäten, Fahrdienst) erbrachte.
Die Vermietungs-GmbH bewarb sämtliche Leistungen, also die Vermietung seniorengerechter Wohnungen und die Serviceleistungen, als Gesamtheit.
Die für die Wohnungen erhobenen Mieten beliefen sich auf mehr als das Doppelte der ortsüblichen Miete für vergleichbare Wohnungen und erhöhten sich, wenn mehr als eine Person die Wohnung nutzt. Gleichzeitig wurden die Serviceleistungen von der Service-KG zu einem sehr niedrigen und nicht marktgerechten Preis angeboten.
Eine ordentliche Kündigung des jeweiligen Dienstleistungsvertrages mit der Service-KG war nur gleichzeitig mit der Kündigung des Mietvertrages mit der Vermietungs-GmbH möglich (de facto Kopplung).
Das FG Münster ging in diesem Fall von einem wirtschaftlich einheitlichen Mietkonzept aus. Damit war das Grundstück dem Gewerbebetrieb (Service-KG) der beiden Kommanditisten von allgemeinem Nutzen. Dies reiche für die Erfüllung des Ausschlusstatbestandes nach § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1 GewStG aus. Somit sei die erweiterte Grundstückskürzung zu versagen.
Der BFH folgt der Argumentation des FG Münster nicht, kommt aber zum selben Ergebnis
Der BFH bestätigt zwar grundsätzlich die Sichtweise des FG, bemängelt jedoch, dass das FG hätte prüfen müssen, ob der Grundbesitz ohne die Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft zum gewerblichen (Sonder-)Betriebsvermögen des Gesellschafters gehören würde. Zum einen sei dies nicht passiert und zum anderen hätte das FG nicht geprüft, ob vorrangig zum Ausschlusstatbestand des § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1 GewStG bereits gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG verstoßen wurde.
Der BFH sieht in dem Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot den maßgeblichen Versagensgrund bezüglich der erweiterten Grundstückskürzung. Die Vermietungs-GmbH übt nämlich nicht ausschließlich Vermietungstätigkeiten aus, sondern sie hat auch den Mieter*innen zum Abschluss eines Dienstleistungsvertrags deutlich unter Marktpreisen verholfen und dafür einen erheblichen Aufschlag auf die ortsübliche Miete erhalten.
Bedeutung für die Praxis
Bei der Planung einer Vermietungstätigkeit in Zusammenhang mit dem Angebot von Dienstleistungen gegenüber dem Mieter durch einen Dritten ist daher auch ohne eine (gesellschaftsrechtliche) Verbindung zwischen Vermietungsgesellschaft und Dienstleistungsgesellschaft auf folgende Aspekte zu achten, die für eine schädliche Nebentätigkeit sprechen:
Kein wirtschaftliches Interesse an den Dienstleistungsverträgen seitens des Dienstleisters (Vergütung deutlich unter Marktpreis)
Demgegenüber Aufschlag auf die ortsübliche Miete zugunsten der Vermietungsgesellschaft
Preiserhöhung bei Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen
Ordentliche Kündigung des Dienstleistungsvertrages nur gleichzeitig mit Kündigung des Mietvertrages möglich
Werbung als Gesamtleistung: Darstellung als ein Leistungspaket, zu einem Gesamtpreis und Erweckung des Anscheins eines einzigen Vertragspartners
Sofern diese Kriterien sowie die vorinstanzlich angeführten Ausschlusskriterien (einheitliche Betrachtungsweise und wirtschaftliches Gesamtkonzept) in der Planung beachtet werden, sollte es unseres Erachtens bei entsprechender Gestaltung aufgrund des anerkannten Trennungsprinzips grundsätzlich möglich sein, die erweiterte Grundstückskürzung in Anspruch zu nehmen.
Autor: Max Ullenboom
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