Überblick über aktuelle Änderungen des Lohnsteuerrechts

Noch vor ihrem Bruch hatte die Ampelkoalition verschiedene Änderungen des Lohnsteuerrechts auf den Weg gebracht. Nun werden nur noch einige dieser Änderungen wirksam werden. Im Folgenden geben wir einen Überblick über wesentliche geplante Neuerungen in diesem Bereich und über ihren Umsetzungsstand.

Steueraufschub für Mitarbeiterbeteiligungen

Mit einer Änderung in § 19a EStG durch das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) wird der Anwendungsbereich des Steueraufschubs für Vorteile von Arbeitnehmern aus der unentgeltlichen oder vergünstigten Überlassung von Vermögensbeteiligungen ausgeweitet. Nach der Neuregelung soll die aufgeschobene Besteuerung zur Vermeidung von sog. dry income nicht nur für Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers möglich sein, sondern auch für Anteile an verbundenen Unternehmen. Damit wird die sog. Konzernklausel aus dem Anwendungsbereich des § 3 Nr. 39 EStG auf § 19a EStG übertragen und ein entsprechendes Anliegen aus der Praxis aufgegriffen. Weiter unklar ist jedoch, inwieweit die Begünstigungsvorschriften auch im internationalen Kontext anwendbar sind, also bei Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen an Arbeitnehmer in Deutschland durch Gesellschaften im Ausland. Der Besteuerungsaufschub wird nur gewährt, wenn die Schwellenwerte des § 19a Abs. 3 EStG für alle Konzernunternehmen eingehalten sind und die Gründung des Konzernunternehmens nicht länger als 20 Jahre zurückliegt. Die Regelung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2024 in Kraft.

Steuerfreibetrag für Mitarbeiterbeteiligungen

Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz II wollte die Bundesregierung den Steuerfreibetrag für Vorteile aus der unentgeltlichen oder vergünstigten Übertragung von Mitarbeiterbeteiligungen nach § 3 Nr. 39 EStG von derzeit 2.000 auf 5.000 € pro Jahr erhöhen. Eine Anhebung des Steuerfreibetrages auf 5.000 € hatte der Bundestag bereits im Jahr 2023 diskutiert, letztlich aber nur eine Erhöhung von 1.440 auf 2.000 € beschlossen. Auch in diesem Jahr konnte sich der Bundestag nicht auf eine Anhebung auf 5.000 € einigen und strich die Neuerung bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zum Zukunftsfinanzierungsgesetz II wieder.

Einführung eines Mobilitätsbudgets

Der Regierungsentwurf zum JStG 2024 sah eine Pauschalversteuerungsmöglichkeit für die Bereitstellung eines Mobilitätsbudgets für Arbeitnehmer bis zu einem Betrag von 2.400 € vor. Damit sollte eine einfache und einheitliche Besteuerungsmöglichkeit geschaffen werden für Zuschüsse, die Arbeitnehmern für die Nutzung moderner Fortbewegungsmöglichkeiten (z. B. E-Scooter, Car-Sharing, Bike-Sharing), aber auch für die Nutzung von Bussen und Bahnen gewährt werden. Die Regelung fand allerdings nicht die Zustimmung des Bundestages. Stattdessen soll die Bundesregierung Vorschläge zu ganzheitlich steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vereinfachungen bei Sachbezügen erarbeiten.

Ausübung des Pauschalierungswahlrechts durch Arbeitgeber

Gewähren Unternehmen Geschenke und andere Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer oder an Geschäftsfreunde, können sie die darauf anfallende Steuer pauschal für die Empfänger übernehmen (z. B. nach § 37a oder nach § 40 EStG). Dieses Pauschalierungswahlrecht soll nach § 40 Abs. 4 EStG durch Übermittlung der Lohnsteueranmeldung ausgeübt werden. Alternativ soll das Pauschalierungswahlrecht im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung durch einfache schriftliche oder elektronische Erklärung gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt ausgeübt werden können. Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen keine geänderte Lohnsteuer-Anmeldung mehr übermitteln. Die Erklärung ist spätestens bis zur Bestandskraft der aufgrund der Lohnsteuer-Außenprüfung erlassenen Bescheide abzugeben. Weiterhin erforderlich bleibt der ggf. zusätzlich zu stellende Antrag auf Pauschalierung. Die Neuregelung soll in allen noch offenen Fällen Anwendung finden.

Besteuerung von Arbeitslohn für Freistellung in grenzüberschreitenden Fällen

Nach bisherigem nationalen Rechtsverständnis wird Arbeitslohn, der für eine Arbeitsfreistellung gezahlt wird, im Ansässigkeitsstaat des Empfängers besteuert. Nach Sichtweise der OECD hat jedoch der Staat das Besteuerungsrecht, in dem die bisherige Tätigkeit des freigestellten Arbeitnehmers ausgeübt wurde. Mit Einführung eines neuen § 50d Abs. 15 EStG soll das deutsche Rechtsverständnis an den Kommentar zu Art. 15 OECD-Musterabkommen angepasst und damit eine drohende Doppelbesteuerung in diesen Fällen vermieden werden. Danach gilt für die Zuweisung des Besteuerungsrechts in DBA-Fällen Arbeitslohn, der für Zeiten einer widerruflichen oder unwiderruflichen Arbeitsfreistellung gezahlt wird, als Vergütung für die Ausübung einer Tätigkeit in dem Staat, in dem die Tätigkeit ohne die Freistellung ausgeübt worden wäre. Eine korrespondierende Ergänzung hat der Gesetzgeber in § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. f EStG aufgenommen. Danach werden bisher nicht von § 49 Abs. 1 Nr.  4 EStG erfasste Einkünfte von nicht in Deutschland ansässigen Arbeitnehmern zukünftig einer beschränkten Steuerpflicht unterworfen für Einkünfte, die sie während einer Freistellung von einer Arbeitstätigkeit im Inland erzielen.

Steuerklassenwahl

Durch das Steuerfortentwicklungsgesetz soll unter anderem die im Koalitionsvertrag vereinbarte Abschaffung der Steuerklassen III und V umgesetzt werden. Stattdessen sollen verheiratete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 38b EStG zukünftig der Steuerklasse IV mit Faktorverfahren unterliegen. Der Faktor solle automatisiert anhand der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Daten aus den elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen gebildet werden. Die Änderung soll dazu beitragen, die Lohnsteuerbelastung gerechter auf Eheleute bzw. Lebenspartner zu verteilen.

Bedeutung für die Praxis

Das JStG 2024 hat der Bundesrat noch am 18. Oktober 2024 beschlossen und der Bundesrat hat am 22. November 2024 zugestimmt. Alle Änderungen, die in diesem Gesetz enthalten sind, werden daher auch nach dem Bruch der Ampelkoalition in Kraft treten. Dies betrifft die dargestellten lohnsteuerlichen Änderungen der §§ 19a, 40 Abs. 2, 50d Abs. 15, 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. f EStG. Weitere Änderungen im Lohnsteuerrecht werden in der laufenden Legislaturperiode wohl nicht mehr umgesetzt.

Autoren: Thomas Kriesel, Sargis Terzikyan 

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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