Zuordnungsentscheidung beim Vorsteuerabzug – BMF-Schreiben vom 17. Mai 2024
Zuordnungsentscheidung beim Vorsteuerabzug
Hintergrund
Dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wurden im Jahr 2021 zwei Fälle vorgelegt, in denen Unternehmer mit zu spät abgegebenen Umsatzsteuererklärungen erstmals Vorsteuer für Investitionsgüter geltend gemacht hatten. Das Finanzamt hatte argumentiert, die Entscheidung, diese Gegenstände dem Unternehmen zuzuordnen, sei dem Finanzamt nicht rechtzeitig mitgeteilt worden und der Vorsteuerabzug somit unzulässig.
Der EuGH hatte entschieden, dass die Zuordnungsentscheidung nicht ausdrücklich bekundet werden müsse, sondern sich auch aus den Umständen ergeben könne. Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte dem EuGH.
Regelungen des BMF
Für das Zuordnungswahlrecht bei einem zu mindestens zehn Prozent unternehmerisch genutzten einheitlichen Gegenstand gilt Folgendes:
1. Zuordnung
Die Zuordnung kann auch konkludent (implizit) erfolgen. Gibt es keine Beweisanzeichen für die Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden. Dabei kann im Einzelfall auch von einer nur anteiligen Zuordnung auszugehen sein. Eine außerhalb der Dokumentationsfrist getroffene Entscheidung, einen höheren Anteil unternehmerisch zu nutzen, wirkt nicht zurück und führt nicht zu einem höheren Vorsteuerabzug.
2. Dokumentation und Dokumentationsfrist
Die Zuordnungsentscheidung muss bereits bei Leistungsbezug getroffen werden und bedarf als innere Tatsache der Dokumentation. Die Dokumentationsfrist endet mit Ablauf der regulären Steuererklärungsfrist; individuelle Fristverlängerungen sind unbeachtlich.
Regelmäßig erfolgt die Dokumentation durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs. Lässt sich daraus nicht auf die Zuordnung an sich oder deren Umfang schließen, sind andere nach außen erkennbare Beweiszeichen heranzuziehen. Liegen diese innerhalb der Dokumentationsfrist vor, können sie dem Finanzamt auch noch nach Fristablauf mitgeteilt werden.
Die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ist ein gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung zum Unternehmen, lässt für sich genommen aber nicht den Schluss zu, der Steuerpflichtige habe den Gegenstand nicht dem Unternehmen zugeordnet. Bis zum Ablauf der Dokumentationsfrist kann die Umsatzsteuervoranmeldung in Bezug auf den Vorsteuerabzug korrigiert werden.
Die Grundsätze dieses BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Auswirkungen in der Praxis
Über das Ausreichen von Beweisanzeichen kann man sich mit dem Finanzamt trefflich streiten. Reichen sie nicht aus, ist eine fristgemäße Mitteilung an das Finanzamt erforderlich. Wurde sie versäumt, besteht kein Recht zum Vorsteuerabzug. Es ist daher zu empfehlen, die Zuordnung sehr sorgfältig zu dokumentieren und den Vorsteuerabzug, um Streit zu vermeiden, innerhalb der Frist geltend zu machen. Wo dies versehentlich unterblieben ist, bietet die neue Regelung Möglichkeiten zur nachträglichen Geltendmachung des Vorsteuerabzugs.
Autorin: Nadia Schulte
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