Reihengeschäft bei gebrochener Beförderung – BFH-Beschluss XI R 1/20 vom 22. November 2023

Ein Reihengeschäft erfordert ein unmittelbares Gelangen der Ware vom ersten Lieferanten bis zum letzten Abnehmer – so sieht es § 3 Abs. 6a UStG vor. Teilen sich Beteiligte den Transport, lehnt die Finanzverwaltung ein Reihengeschäft ab. Der XI. Senat hat dies nun anders beurteilt.

Hintergrund

Die Klägerin verkaufte im Jahr 2012 Ware an die A-GmbH, welche sie an die kasachische K-Ltd. weiterverkaufte. Die Klägerin beauftragte den Transport der Ware in ein Lager in den Niederlanden. Den Weitertransport nach Kasachstan organisierte die A-GmbH oder die K-Ltd. (unklar). Entsprechend den Lieferbedingungen gingen Gefahr und Risiko des zufälligen Untergangs der Ware sowohl auf die A-GmbH als auch auf die K-Ltd. bereits in Deutschland über.

BFH: Reihengeschäft liegt vor

Gemäß Bundesfinanzhof (BFH) führe die Einlagerung in den Niederlanden nur zu einer unschädlichen kurzen Unterbrechung der begonnenen Beförderung, die einem Reihengeschäft nicht entgegenstehe.

Zur Bestimmung der bewegten Lieferung komme es nicht darauf an, welcher der Beteiligten den Transport veranlasst habe – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 3.14 Abs. 7 Satz 1 UStAE. Die Auffassung der Finanzverwaltung sei mit der EuGH-Rechtsprechung nicht im Einklang, die darauf abstelle, ob die Übertragung der Verfügungsmacht an den Zweiterwerber noch im Inland stattgefunden habe. Entsprechend den Lieferbedingungen sei die Verfügungsmacht sowohl an die A-GmbH als auch an die K-Ltd. noch in Deutschland übertragen worden. Demnach könne nur die Lieferung von der A-GmbH an die K-Ltd. die bewegte Lieferung sein. Die Lieferung der Klägerin an die A-GmbH sei folglich eine unbewegte Lieferung, die der bewegten vorangehe, und damit in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig.

Auswirkungen in der Praxis

Was die gebrochene Beförderung betrifft, ist der Beschluss eine Überraschung. Zwar hatte bereits das FG Berlin-Brandenburg am 17. Juni 2020 (7 K 7214/17) rechtskräftig einen Fall mit gebrochener Beförderung entschieden und ein Reihengeschäft bejaht. Dort hatten sich jedoch der erste und der letzte Unternehmer in der Kette den Transport geteilt und das FG hatte betont, dass es einem Reihengeschäft entgegengestanden hätte, wenn (wie im BFH-Fall) der mittlere Unternehmer den Transport übernommen hätte.

Ein Reihengeschäft kann damit bei gebrochener Beförderung nicht mehr automatisch ausgeschlossen werden.

Zur Frage der Zuordnung der bewegten Lieferung im Reihengeschäft: So hat der BFH bereits in der Vergangenheit entschieden, und seitdem besteht ein Dissens zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung. Wer sichergehen will, gestaltet Reihengeschäfte seitdem so, dass beide Rechtsauffassungen (Zuordnung nach der Transportveranlassung vs. Zuordnung nach der Verfügungsmacht) zum selben Ergebnis kommen.

Autorin: Nadia Schulte

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