Neue Regelungen zum Vorabverständigungsverfahren (APA)

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) hinsichtlich der §§ 89 und 89a umfassend geändert und ergänzt. Diese neuen Regelungen betreffen das Vorabverständigungsverfahren und haben zur Aufhebung des bisherigen BMF-Schreibens vom 5. Oktober 2006 geführt. Unternehmen sollten sich mit den neuen Anforderungen vertraut machen, um das für steuerliche Klarheit und Sicherheit sehr hilfreiche Instrument des Vorabverständigungsverfahrens weiterhin effektiv nutzen zu können.

Sachverhalt/Hintergrund

Die neuen Regelungen des AEAO sind das Ergebnis intensiver Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder und betreffen mehrere wesentliche Bereiche des Vorabverständigungsverfahrens nach § 89a AO (englisch: Advance Pricing Agreement – APA). Die Regelungen sollen für eine klarere Struktur und mehr Transparenz im Verfahren sorgen, was für Unternehmen von großer Bedeutung ist, die auf die Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit in steuerlichen Angelegenheiten angewiesen sind. Im Wesentlichen werden bestehende internationale Verfahrensweisen und die Anwendung der im Jahr 2021 in den neuen §§ 89 und 89a AO normierten deutschen Vorschriften weiter konkretisiert.

Die wesentlichen neuen Regelungen im Vorabverständigungsverfahren:

  1. Zuständigkeiten und Antragstellung: Zuständig für die Durchführung eines Vorabverständigungsverfahrens ist weiterhin das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Das BZSt handelt im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesfinanzbehörde oder der von dieser beauftragten Behörde. Der Antrag bezieht sich auf die steuerliche Beurteilung eines noch nicht verwirklichten Sachverhalts auf Grundlage anwendbarer Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).
  2. Vorrang des Vorabverständigungsverfahrens: In grenzüberschreitenden Fällen, in denen die Auslegung und Anwendung von DBA in Rede steht, wird das Vorabverständigungsverfahren nach § 89a AO als grundsätzlich vorrangig gegenüber einer verbindlichen Auskunft (§ 89 AO), einer verbindlichen Zusage (§ 204 AO) oder einer Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) behandelt.
  3. Inhalt und Umfang des Antrags: Der Antrag muss den genau bestimmten, im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichten Sachverhalt sowie den zeitlichen Anwendungsbereich darstellen. Abkommensberechtigte, insbesondere international verbundene Unternehmen, müssen umfassende Aufzeichnungen und Unterlagen vorlegen, die für die Beurteilung des Sachverhalts relevant sind.
  4. Bindungswirkung und Widerruf: Die Vorabverständigungsvereinbarung entfaltet Bindungswirkung für die örtlich zuständige Finanzbehörde, es sei denn, eine der Voraussetzungen nach § 89a Abs. 4 Satz 1 AO wird nicht erfüllt. Die Einleitung des Vorabverständigungsverfahrens steht im Ermessen des BZSt, das dieses im Einvernehmen mit der zuständigen Landesfinanzbehörde ausübt.
  5. Gebühren und Kosten: Die Gebühr für die Durchführung eines Vorabverständigungsverfahrens wird durch schriftlichen Bescheid festgesetzt. Solange die Gebühr nicht entrichtet ist, wird der Antrag nicht bearbeitet. Eine spezifische Gebühr für Anträge, die die Änderung eines schon gestellten Antrags zum Gegenstand haben, ist in § 89a Abs. 7 AO nicht vorgesehen.
  6. Geltungszeitraum und Roll Back: Der Geltungszeitraum einer Vorabverständigungsvereinbarung kann bis zu fünf Jahre umfassen. Ein Roll Back ist möglich, wenn der Antragsteller nachweist, dass der verwirklichte Sachverhalt in den betreffenden Vorjahren dem Sachverhalt entspricht, der der Vorabverständigungsvereinbarung zugrunde liegt.

Konkrete Auswirkungen:

Wer ist betroffen?

Betroffen sind insbesondere international tätige Unternehmen, die mittels Vorabverständigungsverfahren steuerliche Klarheit über zukünftige Transaktionen erlangen möchten. Dazu gehören Unternehmen, die Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen festlegen oder Gewinne Betriebsstätten zuordnen müssen.

Wie sind die Steuerpflichtigen betroffen?

Die betroffenen Unternehmen müssen sich auf detailliertere Anforderungen und strengere Antragsvoraussetzungen einstellen. Die Vorabverständigungsverfahren erfordern eine umfassende Darstellung des noch nicht verwirklichten Sachverhalts sowie die Bereitstellung aller relevanten Unterlagen und Aufzeichnungen. Gleichzeitig klären die neuen Regelungen im AEAO die Erwartung der Finanzverwaltung an zukünftige Anträge und im Verfahren betreffend Vorabverständigungsverfahren.

Was sollten die betroffenen Steuerpflichtigen tun?

Unternehmen sollten sich frühzeitig auf die neuen Regelungen einstellen, wenn sie planen, ein Vorabverständigungsverfahren zu beantragen, und sicherstellen, dass alle notwendigen Dokumentationen rechtzeitig vorliegen. Angesichts der Komplexität des Themenkomplexes Verrechnungspreise in materieller wie in formeller Hinsicht dürfte es sinnvoll sein, sich von Steuerberater*innen unterstützen zu lassen, um die Antragstellung und die Zusammenarbeit mit den Finanzbehörden effizient zu gestalten.

Zusammenfassung:

Die Regelungen des AEAO zu §§ 89 und 89a durch das BMF bringen wesentliche Neuerungen im Bereich des Vorabverständigungsverfahrens. Unternehmen müssen sich auf die neuen Anforderungen einstellen und sicherstellen, dass sie mit Antragstellung alle relevanten Unterlagen und Informationen rechtzeitig und vollständig bereitstellen. Durch die umfassenden Änderungen sollen mehr Transparenz und Rechtssicherheit im Verfahren gewährleistet werden, was insbesondere für eine effiziente Durchführung von Vorabverständigungsverfahren von großer Bedeutung ist.

Autoren: Roland Pfeiffer, Stephan Wolligandt

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