Datenschutz im Steuerrecht
Datenschutz im Steuerrecht
Hintergrund
Datenschutz ist in unserer Rechtsordnung ein gut geschütztes Gut. Das Steuerrecht ist hingegen so verschwiegen, dass die Steuerpflichtigen nicht einmal an ihre eigenen Daten herankommen. Die Abgabenordnung (AO) enthält keine Regelung, nach der ein klarer Anspruch auf Akteneinsicht besteht. Während des Veranlagungsverfahrens steht es im Ermessen der Finanzbehörde, ob sie dem Steuerpflichtigen Akteneinsicht gewährt. In der Praxis wird sie selten gewährt. Nach Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung ist das Veranlagungsverfahren in der Regel beendet, sodass den Steuerpflichtigen kein Recht mehr auf Einsicht in die Steuerakten zusteht.
Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO
Allerdings gewährt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Art. 15 ein Auskunftsrecht, das auch nach Abschluss eines Veranlagungsverfahrens gilt. Art. 15 Abs. 1 DSGVO gewährt der betroffenen Person das Recht, von der Finanzbehörde eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob und welche personenbezogenen Daten über die betroffene Person verarbeitet werden. Nach Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO hat die Finanzbehörde der betroffenen Person eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen.
Inhalt des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO
Der Begriff „Kopie“ bezieht sich nicht auf ein Dokument als solches, sondern auf die personenbezogenen Daten, die es enthält und die vollständig sein müssen. Nur wenn die Zurverfügungstellung einer Kopie unerlässlich ist, um der betroffenen Person die wirksame Ausübung der ihr durch die DSGVO verliehenen Rechte zu ermöglichen, besteht nach Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO ein Anspruch darauf, eine Kopie von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus Datenbanken zu erhalten. Der Auskunftsanspruch ist also nicht mit einer Akteneinsicht zu vergleichen, sondern liefert nur eine Zusammenstellung einzelner Daten, womit dem Steuerpflichtigen wenig geholfen ist.
Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO
Der Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO ist eigenständig und nicht von einem anderweitigen Verwaltungs- oder Rechtsbehelfsverfahren abhängig. Demnach besteht er auch nach der Beendigung eines Klageverfahrens und unabhängig von der Bestandskraft eines Steuerbescheides. Die DSGVO ist nicht nur auf harmonisierte Steuern wie die Umsatzsteuer oder Zollabgaben beschränkt, sondern kommt auch im Bereich der direkten Steuern, z. B. bei der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, zur Anwendung.
Ferner muss der Zweck der angestrebten Auskunft nicht notwendig auf datenschutzrelevanten Gründen beruhen, da der Antrag gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht begründet werden muss.
Bei Auskunftsanträgen, die offenkundig unbegründet oder exzessiv sind, kann die Finanzverwaltung den Auskunftsantrag verweigern. Die Darlegungslast dafür liegt bei der Finanzbehörde.
Bedeutung für die Praxis
Da sich der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nur auf eine Zusammenstellung personenbezogener Daten ohne Kontext erstreckt, ist er wenig hilfreich, wenn Steuerpflichtige mehr über den Inhalt ihrer Steuerakten beim Finanzamt erfahren wollen. Die Steuerakte bleibt weiterhin eine Blackbox. Mehr Transparenz wäre wünschenswert.
Autor*innen: Bernd Schult, Luise Gebhardt, Melina Gunter
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