BFH zu Steuerklasse und Freibetrag bei Gründung einer Familienstiftung

In seinem Urteil vom 28. Februar 2024 (II R 25/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) erstmals darüber entschieden, wie die Steuerklasse und der Freibetrag für die Vermögensübertragung auf eine Familienstiftung bei deren Gründung ermittelt werden.

Hintergrund

Für die Gründung einer Familienstiftung ist deren Ausstattung mit einem Vermögensstock durch den oder die Stifter erforderlich. Diese Vermögensübertragung unterliegt der Erbschaft- oder Schenkungsteuer, unabhängig davon, ob sie per Schenkung oder Erbschaft erfolgt (§§ 3 Abs. 2 Nr. 1, 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG). Da die Stifter mit der Stiftung nicht verwandt sind, würde an sich nur ein Freibetrag von 20.000 € bestehen und für den darüber hinausgehenden Betrag der Vermögensübertragung ein Steuersatz von mindestens 30 Prozent zur Anwendung kommen, sofern nicht eine Steuerbegünstigung zur Anwendung kommt (wie zum Beispiel die Steuerbegünstigung für die Übertragung von Betriebsvermögen). Damit aber die Gründung einer Familienstiftung steuerlich nicht so stark belastet wird, hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG vorgesehen, dass es für die anzuwendende Steuerklasse und den zu gewährenden Freibetrag auf das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Stiftern und der nach der Stiftungsurkunde entferntest berechtigten Person ankommt. Was dies genau bedeutet, hat der BFH nun entschieden.

Die entferntest berechtigte Person muss nicht bereits geboren sein

Nach der Entscheidung des BFH kommt es nur darauf an, was für ein Personenkreis als Begünstigte in der Stiftungssatzung genannt werden. Es kommt weder darauf an, ob solche Personen bereits bei Errichtung der Stiftung leben oder in der Zukunft geboren werden.

Wenn in der Stiftungssatzung beispielsweise steht, dass Zweck der Familienstiftung die Versorgung der Stifter, ihrer Kinder sowie weiterer Abkömmlinge der Stifter ist, bedeutet das, dass beispielsweise auch Enkel und Urenkel zu dem durch die Stiftung begünstigten Personenkreis gehören, denn der Begriff Abkömmlinge bezeichnet nicht nur die Generation der Kinder, sondern umfasst alle in gerader Linie von den Stiftern abstammenden Personen späterer Generationen. Es kommt laut BFH weder darauf an, ob bei Errichtung der Familienstiftung bereits Enkel oder Urenkel gelebt haben, noch dass in der Zukunft Enkel oder Urenkel geboren werden. Deren abstrakte Begünstigung in der Satzung der Familienstiftung reicht aus, um sie als Maßstab für die anzuwendende Steuerklasse und den zu gewährenden Freibetrag zu nehmen.

Das führt in dem Beispielsfall dazu, dass für die Vermögensübertragung der Stifter auf die Familienstiftung ein Freibetrag von 100.000 € pro stiftender Person gewährt wurde, weil nach der Stiftungssatzung Abkömmlinge über die Enkel-Generation hinaus begünstigt sein sollten und die Steuersätze der Steuerklasse I zur Anwendung kamen.  

Bedeutung für die Praxis

Die BFH-Entscheidung bringt Klarheit, sodass alle Personen, die eine Familienstiftung errichten wollen, eine klare Basis für die Berechnung der Steuerfolgen haben und die Steuerfolgen damit planbar sind. Soweit die Familienstiftung, wie im Regelfall, auch für die Versorgung der nächsten Generationen der Stifterfamilie bestimmt ist, besteht ein Freibetrag von 100.000 € und es kommen die Steuersätze der Steuerklasse I zur Anwendung.

Für die nach der Errichtung der Familienstiftung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG alle 30 Jahre anfallende Erbersatzsteuer auf das steuerpflichtige Stiftungsvermögen fällt die Besteuerung milder aus als bei der Errichtung. Der Freibetrag beträgt dann 800.000 Euro und es wird der Steuersatz der Steuerklasse I angewendet, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens der Familienstiftung gelten würde (§ 15 Abs. 2 S. 3 ErbStG).

Autor: Bernd Schult

Haben Sie Fragen oder weiteren Informationsbedarf?

Sprechen Sie uns an

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

 

Want to know more?