BFH: Beschränkte Verlustverrechnung bei Termingeschäften verfassungswidrig
BFH: Beschränkte Verlustverrechnung
Hintergrund
Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 wurde die Regelung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG zur Verlustverrechnung bei Termingeschäften für Privatanleger eingeführt. Hierzu berichteten wir bereits im Newsletter Steuern 1/2021. Die Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften mit anderen positiven Einkunftsarten wurde ausgeschlossen und die Verrechnung mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalterprämien auf 20.000 € jährlich begrenzt. Sofern der Verlust nicht ausgeglichen werden kann, wird er auf Folgejahre vorgetragen. Ein Verlustrücktrag ist nicht zulässig. Die Regelung findet nur auf Privatanleger Anwendung.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit Beschluss vom 7. Juni 2024 (VIII B 113/23 AdV) zur Verfassungswidrigkeit geäußert und hält die beschränkte Verlustverrechnung bei Termingeschäften für nicht mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar.
Zurückzuführen ist dies auf die doppelte Ungleichbehandlung. Zum einen wird durch den eigenen Verlustverrechnungskreis für Termingeschäfte die Verrechnung mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen ausgeschlossen und zum anderen wird zusätzlich die Verlustverrechnung auf 20.000 € jährlich beschränkt.
Diese Einschränkungen wirken stärker als die Begrenzungen in anderen Verlustverrechnungskreisen, wie beispielsweise für Verluste aus Aktienveräußerungen. Eine Ungleichbehandlung besteht besonders gegenüber Steuerpflichtigen mit Verlusten aus anderen Kapitalanlagen, da diese mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnet werden können. Verstärkt wird dies zudem dadurch, dass wirtschaftlich nicht entstandene Gewinne der Besteuerung unterworfen werden, sobald die Differenz von Gewinnen und Verlusten den Betrag von 20.000 € übersteigt.
Auswirkungen
Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Termingeschäften ist anzuraten, ihre Steuerbescheide zu überprüfen. Es empfiehlt sich, erforderlichenfalls gegen entsprechende Bescheide Einspruch einzulegen und in der Begründung auf den aktuellen BFH-Beschluss vom 7. Juni 2024 (VIII B 113/23) zu verweisen. Sofern das Finanzamt im Einspruchsverfahren auf der bisherigen Rechtsauffassung verharren sollte, kann ein sogenanntes Ruhen des Verfahrens vereinbart werden, bis der BFH in einem rechtskräftigen Urteil entschieden hat.
Die Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnung bei anderen Kapitalerträgen hatte der BFH bereits in seiner Entscheidung vom 11. November 2020 (VIII R 11/18) angezweifelt. In dieser ging es um die Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste. Der BFH hat die Frage dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt, das Verfahren ist allerdings noch anhängig (2 BvL 3/21).
Autor*innen: Robin Schenk, Marius Most, Veronika Gloßer
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.