Generalanwältin sieht auch variable Aufsichtsratsvergütungen als nicht steuerbar an
Variable Aufsichtsratsvergütungen
Hintergrund
In der Rechtssache „TP“ betreffend den Verwaltungsrat einer luxemburgischen SA (Société anonyme, vergleichbar mit einer deutschen Aktiengesellschaft) kommt die Generalanwältin dabei zu dem Schluss, ein Verwaltungsrat sei selbst dann nicht unternehmerisch tätig, wenn er eine variable Vergütung erhalte. Ihre Argumente sind im Wesentlichen:
- Der Verwaltungsrat haftet, anders als z. B. ein mandatierter Rechtsanwalt, nicht vertraglich, wenn sein Rat falsch ist. Eine etwaige deliktische Haftung betreffe jeden (auch einen Arbeitnehmer) und begründe daher keine Selbstständigkeit.
- Anders als ein Unternehmer kann ein Verwaltungsrat seine Tätigkeit nicht am freien Markt anbieten.
- Er kann seine Vergütung nicht frei verhandeln, sie wird vielmehr von der Hauptversammlung festgelegt.
- Zwar bestehe möglicherweise kein klassisches Unterordnungsverhältnis wie bei einem Arbeitnehmer, dies sei aber auch nicht erforderlich, um die Unternehmereigenschaft zu verneinen.
- Auch bei einer variablen Vergütung, die sich am Erfolg des Unternehmens orientiert, partizipiere der Verwaltungsrat nur wie ein Aktionär am wirtschaftlichen Risiko des Unternehmens, ohne es jedoch selbst zu tragen. Die Situation sei mit der eines Arbeitnehmers vergleichbar, der neben seinem Fixgehalt noch eine variable Vergütung nach Maßgabe des Erfolgs seines Arbeitgebers erhält – auch dieser Arbeitnehmer wird dadurch nicht zum Unternehmer.
Bedeutung für die Praxis
Zwischen dem Verwaltungsrat einer luxemburgischen SA und dem Aufsichtsrat einer deutschen Aktiengesellschaft bestehen gesellschaftsrechtlich gewisse Unterschiede, die allerdings in der Argumentation der Generalanwältin keine Rolle zu spielen scheinen. Auch deutsche Aktiengesellschaften und ihre Aufsichtsräte sollten sich also darauf einstellen, dass hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung der Vergütung das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Wenn auch die variablen Vergütungen nicht steuerbar wären, müssten bzw. dürften die Aufsichtsräte keine Rechnungen mit Umsatzsteuer mehr ausstellen (anderenfalls schulden sie die ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c UStG), was für Unternehmen ohne Vorsteuerabzugsrecht vorteilhaft wäre. Allerdings verlören die Aufsichtsräte den Vorsteuerabzug aus ihren Aufwendungen.
Bevor steuerliche Konsequenzen gezogen werden, sollte die Entscheidung des EuGH abgewartet werden. Gegen bestehende Steuerfestsetzungen kann aber bereits jetzt, soweit verfahrensrechtlich noch möglich, Einspruch eingelegt und mit Blick auf den Schlussantrag das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.
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Autorin
Nadia Schulte
Tel.: +49 211 83 99 330
Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.