Täglich grüßt das Murmeltier: Das Erbschaftsteuergesetz bald erneut auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand?

Das Bundesverfassungsgericht muss sich im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung einer Revision vor dem BFH am Rande mit der Frage der Verfassungskonformität der erbschaftsteuerlichen Befreiungsvorschriften für Betriebsvermögen auseinandersetzen. Obwohl das vorliegende Verfahren eine prozessuale Einkleidung hinsichtlich der Gewährung effektiven Rechtsschutzes als Aufhänger aufweist, könnte die Entscheidung wegweisend für eine zukünftige Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuergesetzes sein.

Sachverhalt

Im Rahmen einer Erbschaft erwarb der Erbe ein Wertpapierdepot. Das zuständige Finanzamt setzte hierfür Erbschaftsteuer fest; der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Sodann erhob der Erbe Klage gegen den Erbschaftsteuerbescheid vor dem FG Münster und rügte u. a. die erbschaftsteuerliche Ungleichbehandlung von Privat- und Betriebsvermögen. Der Erbe begründete seine Klage damit, dass das geerbte Aktiendepot nicht der Erbschaftsteuer unterliege, da die erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen aufgrund einer Überbegünstigung verfassungswidrig seien. Die Klage hatte keinen Erfolg und das FG Münster ließ die Revision zum BFH nicht zu. Der Erbe wandte sich hiergegen im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde an den BFH und begehrte die Zulassung der Revision, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe.

Im Rahmen dessen warf der Erbe die Rechtsfrage auf, ob das Verschonungssystem des Erbschaftsteuergesetzes verfassungswidrig sei. Der BFH verneinte die Zulassung der Revision, denn es läge weder eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, noch sei der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung gegeben. Die Frage, ob eine gleichheitswidrige Überbegünstigung von betrieblichem Vermögen gegenüber Privatvermögen vorliege, sei durch den BFH bereits abschließend geklärt. Gegen die Nichtzulassung der Revision durch den BFH erhob der Erbe sodann Verfassungsbeschwerde (1 BvR 804/22) mit der Frage, ob die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für Betriebsvermögen mit dem Grundgesetz vereinbar sind oder ob sie Erwerber von Privatvermögen in verfassungswidriger Weise benachteiligen.

Erfolgsaussichten

Insbesondere die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) kommt in einer aktuellen gutachterlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass die vom Erben eingelegte Verfassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg haben könnte. Entgegen seinen Ausführungen habe sich der BFH insbesondere zur im Streit stehenden Gesetzesfassung (ErbStAnpG 2016) noch nicht abschließend positioniert.

Bedeutung für die Praxis

Die Frage der Verfassungswidrigkeit des erbschaftsteuerlichen Verschonungsregimes wird in dem aktuell anhängigen Verfahren vor dem BVerfG nicht geklärt werden, denn das BVerfG prüft ausschließlich, ob die Nichtzulassung der Revision durch den BFH den Erben in seinem Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt hat.

Trotzdem könnte das Verfahren wegweisend sein: Wird eine Rechtsverletzung durch das BVerfG bejaht, weist es die Sache an den BFH zurück. Diesem wird dann Gelegenheit gegeben, sich im Rahmen der Revision erneut mit der Verfassungskonformität der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregeln auseinanderzusetzen. Hält der BFH diese dann für verfassungswidrig, kann die Frage dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt werden.

Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Insbesondere Familienunternehmen sollten Übertragungen auf die nächste Generation frühzeitig in Angriff nehmen, um noch von dem gegenwärtig geltenden Verschonungsregime zu profitieren. Sollte das BVerfG wiederholt die Verfassungswidrigkeit des ErbStG feststellen, könnte eine erneute Reform zu einer erheblichen Schlechterstellung führen.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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