Erweiterte Kürzung bei Erhalt einer Schlusszahlung anlässlich der Beendigung eines Mietvertrags vor Überlassung des Mietobjekts
BFH: Kürzung bei Erhalt einer Schlusszahlung
Sachverhalt
Im Streitfall errichtete die Klägerin, eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG, ein Geschäftsgebäude. Bereits während der Herstellung des Gebäudes wurde ein Mietvertrag über eine Vermietung für 15 Jahre mit einer Mieterin abgeschlossen. Der Mietbeginn wurde allerdings mehrfach – insbesondere aufgrund von Verzögerungen bei der Herstellung – verschoben. Nach wiederholtem Streit über die Wirksamkeit einer Rücktrittserklärung vom Mietvertrag der Mieterin einigten sich die Klägerin und die Mieterin schließlich darauf, den Mietvertrag gegen Zahlung eines „Schadensersatzes“ durch die Mieterin aufzuheben. Zu diesem Zeitpunkt war die Mieterin noch nicht eingezogen.
Das Finanzamt versagte der Klägerin die erweiterte Kürzung auf den Gewinn für das Jahr, in dem die Zahlung des „Schadensersatzes“ enthalten war. Es begründete dies damit, dass es sich bei dem „Schadensersatz“ nicht um eine Zahlung im Zusammenhang mit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes handeln würde.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (5. November 2019 – 6 K 6170/18) gab der Klägerin in der hiergegen erhobenen Klage hingegen Recht und kam zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der sog. erweiterten Kürzung erfüllt seien.
Nunmehr hat der BFH das Urteil der Vorinstanz bestätigt und die Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG anerkannt.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Zunächst äußerte sich der BFH zur sachlichen Gewerbesteuerpflicht der Klägerin im Streitjahr. Diese beginne auch bei einer vermögensverwaltenden, lediglich gewerblich geprägten Personengesellschaft nach § 2 Abs. 1 GewStG erst mit Aufnahme der werbenden Tätigkeit. Eine solche werbende Tätigkeit habe bereits mit dem Abschluss des Mietvertrags vorgelegen. Nicht maßgeblich sei, ob das Mietobjekt bereits zur Nutzung übergeben und der Mietzinsanspruch bereits entstanden ist.
Hiernach stellte der BFH klar, dass die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in dem zu beurteilenden Fall weder daran scheitern würde, dass die Grenzen zur Gewerblichkeit überschritten worden seien, noch daran, dass eine kürzungsschädliche Tätigkeit i. S. d. § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG vorgelegen habe.
Die von der Klägerin durchgeführten umfangreichen Umbaumaßnahmen führten nicht zu einer gewerblichen Vermietungstätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG. Diese Maßnahmen dienten dazu, das Mietobjekt entsprechend den individuellen Vorstellungen der Mieterin umzubauen, und damit unmittelbar der Fruchtziehung.
Ebenso stelle der im Streitjahr infolge der Beendigung des Mietvertrags vereinbarte – von der Mieterin an die Klägerin zu leistende – „Schadensersatz“ eine bloße, den eigenen Grundbesitz betreffende Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz dar und bewege sich im Rahmen der Nutzung und Verwaltung des eigenen Grundbesitzes.
Die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG setze nicht voraus, dass die Einnahmen nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt unmittelbare Gegenleistung für die Überlassung der Nutzung des Mietobjekts sind und damit zu Vermietungseinkünften i. S. d. § 21 EStG führen. Anderenfalls wäre es – wie der BFH weiter ausführt – nicht möglich, auch Einnahmen aus der gelegentlichen Veräußerung von Grundbesitz oder Einnahmen aus der Übernahme der dinglichen Haftung durch Belastung des eigenen Grundbesitzes der erweiterten Kürzung zu unterwerfen. Auch solche Einnahmen stellen keine Gegenleistungen für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des Mietobjekts i. e. S. dar. Ausschlaggebend für die Gewährung der erweiterten Kürzung sei vielmehr, dass die Einnahmen aus Tätigkeiten stammen, die der Nutzung und Verwaltung des eigenen Grundbesitzes zuzuordnen sind, was hier der Fall war. Der „Schadensersatz“ stelle daher keine Vergütung für eine kürzungsschädliche Dienstleistung dar.
Hinweis für die Praxis
Der BFH hat mit dem Urteil noch einmal zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht einer vermögensverwaltenden, lediglich gewerblich geprägten Personengesellschaft Stellung genommen und bestätigt, dass diese erst mit Aufnahme der werbenden Tätigkeit eintritt. Dies kann – wie dem Urteil zu entnehmen ist – bereits der Abschluss eines Mietvertrages sein.
Zudem hat der BFH erfreulicherweise die Auffassung bestätigt, dass nicht jede Einnahme schädlich für die erweiterte Grundstückskürzung ist. Vielmehr ist anhand der Bedingungen des Einzelfalls zu prüfen, ob die Einnahmen mit kürzungsschädlichen Dienstleistungen in Zusammenhang stehen oder – wenn auch nur mittelbar – aus der Nutzung und Verwaltung des eigenen Grundbesitzes resultieren.
Das Urteil ist auf der Webseite des BFH veröffentlicht. Hier gelangen Sie direkt dorthin.
Haben Sie Fragen oder weiteren Informationsbedarf?
Autor
Thomas Dennisen
Tel.: +49 221 28 20 2450
Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.