Grunderwerbsteuerrecht Teil 2: Neuer Erlass zu Befreiungen bei Personengesellschaften

Die Finanzverwaltung hat am 5. März 2024 neue Gleichlautende Erlasse zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG (GLE zu §§ 5, 6 GrEStG) veröffentlicht (BStBl. I 2024, 410), nach denen (fiktive) Übertragungen von Grundstücken zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern befreit sein können.

Die wesentlichen Aussagen in den GLE zu §§ 5, 6 GrEStG sind u. a. folgende: 

Gemäß § 24 GrEStG i. V. m. § 14a Abs. 2 Nr. 2 AO werden bis zum 31. Dezember 2026 rechtsfähige Personengesellschaften weiterhin als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen behandelt, obwohl dies im Zivilrecht durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) nicht mehr gilt. Daher bleiben die §§ 5 und 6 GrEStG vorerst anwendbar. Die GLE zu §§ 5, 6 GrEStG nehmen leider nicht Stellung zu der Frage, ob durch Aufhebung dieser Regelung Ende 2026 die Behaltensfristen – praktisch durch Gesetz – verletzt werden. Wir halten eine solche Sichtweise, die im Ergebnis eine echte steuerliche Rückwirkung bedeuten würde, für unzulässig. 

Nur klarstellend besagen die GLE zu §§ 5, 6 GrEStG weiter, dass die §§ 5 und 6 GrEStG ausdrücklich nicht auf Fälle des § 1 Abs. 2b GrEStG (Kapitalgesellschaften) anwendbar sind. 

Die wertmäßige Beteiligung jedes Gesamthänders am Gesamthandsvermögen gilt weiterhin als Anteil am Vermögen gemäß den §§ 5 und 6 GrEStG. Entscheidend ist die im Gesellschaftsvertrag festgelegte Beteiligung am Vermögen zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs. 

Ein Anteil am Vermögen der Gesamthand kann auch über eine mehrstöckige Beteiligung vermittelt werden. Bei doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften wird nicht der zwischengeschalteten Gesamthand als solcher der Anteil zugerechnet, sondern den an ihr beteiligten Gesamthändern. 

Die Finanzverwaltung übernimmt darüber hinaus die BFH-Rechtsprechung, nach der eine Begünstigung nach § 6 Abs. 4 GrEStG weiterhin ausgeschlossen ist, wenn die grundbesitzende Personengesellschaft vor weniger als zehn Jahren vor der Grundstücksübertragung durch einen Formwechsel aus einer Kapitalgesellschaft entstanden ist. 

Weiterhin wird in einem neuen Beispiel 3 zugunsten der Steuerpflichtigen festgelegt, dass bei der Verwirklichung des § 1 Abs. 2a GrEStG bei einer Übertragung an Dritte (in Höhe von 90 Prozent oder mehr) die Überwachung der Behaltensfrist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG für einen zuvor befreiten Einbringungsvorgang vollständig (also für 100 Prozent der Beteiligung) endet.  

Die GLE zu §§ 5,6 GrEStG stellen nunmehr unter Verweis auf die BFH-Rechtsprechung im Übrigen klar, dass, wenn sich die Beteiligung eines grundstückseinbringenden Gesellschafters am Vermögen der Gesamthand vermindert, dieser Vorgang anzuzeigen ist, selbst wenn sich dadurch der personelle Gesellschafterbestand der Gesamthand nicht ändert, da durch die Änderung an der Vermögensbeteiligung die Steuerbefreiung der §§ 5 oder 6 GrEStG innerhalb der Nachbehaltensfrist wegfallen kann. 

Daneben äußern sich die GLE zu §§ 5, 6 GrEStG zu bekannten, teils lediglich redaktionell angepassten Grundsätzen, u. a. zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG in den Fällen der übrigen Ergänzungstatbestände (§§ 1 Abs. 2a, 3, 3a GrEStG), zum Verhältnis der §§ 5 und 6 GrEStG zu den übrigen Steuervergünstigungsvorschriften und den Behaltensfristen einschließlich einem Verweis auf die GLE zu den Übergangsregelungen aufgrund der Grunderwerbsteuerreform. 

Die GLE zu §§ 5, 6 GrEStG sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Erwerbsvorgänge, die vor dem 1. Juli 2021 verwirklicht wurden, gelten Übergangsregelungen; beispielsweise regelt § 23 Abs. 24 GrEStG, dass die zehnjährige Behaltensfrist nicht gilt, wenn zum 1. Juli 2021 die fünf Jahre der Altregelung bereits abgelaufen waren. Die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG ist erstmals für nach dem 30. Juni 2021 verwirklichte Erwerbsvorgänge anzuwenden (§ 23 Abs. 18 GrEStG). 

 

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Autorin:

Julia Wunderlich

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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