Unrichtiger/Unberechtigter Steuerausweis an Endverbraucher – BMF-Schreiben vom 27. Februar 2024

Der EuGH hat entschieden, dass eine falsch in einer Rechnung ausgewiesene Steuer nicht geschuldet wird, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil die Leistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde. Damit ist das anderslautende BFH-Urteil vom 13. Dezember 2018 (V R 4/18) überholt. Das BMF erkennt dies an und stellt die Reichweite dieser EuGH-Entscheidung klar.

Hintergrund  

Der EuGH entschied in der Rechtssache „P-GmbH gegen Finanzamt Österreich“ (C-378/21, Urteil vom 8. Dezember 2022) den Fall eines Indoorspielplatzes: Dieser hatte seine Dienstleistungen mit 20 Prozent statt richtigerweise 13 Prozent versteuert. Die P-GmbH schulde den Mehrbetrag nicht, weil die Kunden ausschließlich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte private Endverbraucher gewesen seien und somit das Steueraufkommen nicht gefährdet gewesen sei. Dies steht im Widerspruch zur bisherigen Haltung der Finanzverwaltung.  

BMF-Schreiben: Urteil greift nur in bestimmten Fällen 

§ 14c UStG ist unionsrechtskonform einschränkend auszulegen. Falsch ausgewiesene Umsatzsteuer wird nicht geschuldet, soweit 

  • ein Unternehmer (einschließlich Kleinunternehmer) die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich ausgeführt hat und 
  • die Rechnungsempfänger Nichtunternehmer oder Unternehmer sind, die nicht als solche handeln (insbes. Unternehmer, die die Leistung für ihren privaten Bereich oder eine nicht-wirtschaftliche Tätigkeit beziehen), und 
  • der Steuerpflichtige dies glaubhaft darlegen bzw. plausibel begründen kann. 

Das EuGH-Urteil C-378/21 ist jedoch nicht anzuwenden, soweit 

  • mit Ausnahme des Umsatzsteuerausweises durch einen Kleinunternehmer ein Fall des unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 vorliegt, 
  • die Leistung an einen Unternehmer (einschließlich Kleinunternehmer, pauschalierende Land- und Forstwirte sowie Unternehmer mit Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ganz oder teilweise ausschließen) für dessen unternehmerischen Bereich erbracht wurde oder 
  • nicht sicher beurteilt werden kann, ob der Rechnungsempfänger als Unternehmer oder als Endverbraucher gehandelt hat. Schätzungen oder Wahrscheinlichkeitsberechnungen sind nicht zulässig. Die Art der Leistung kann aber berücksichtigt werden.  

Soweit § 14c UStG hiernach nicht anwendbar ist, muss der Rechnungsaussteller die falsch ausgewiesene Umsatzsteuer nicht berichtigen. 

Bei irrtümlicher Anwendung des Regelsteuersatzes auf einen Umsatz, der ermäßigt zu besteuern ist, gilt: Wird die Rechnung nicht berichtigt und der Mehrbetrag dem Kunden nicht erstattet, ist die Umsatzsteuer mit dem ermäßigten Steuersatz aus dem Bruttobetrag herauszurechnen. Um Umsatzsteuer nur auf den Nettobetrag zu schulden, muss der Unternehmer die Rechnung berichtigen. 

Das BMF-Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) wird entsprechend angepasst. 

Auswirkungen für die Praxis 

Das BMF-Schreiben macht Unternehmer*innen, die an Nichtunternehmer*innen oder Unternehmer*innen, die nicht als solche handeln, leisten, das Leben ein wenig leichter – sie sollten Umsatzsteuer dennoch nicht ungeprüft ausweisen, da sie plausibel darlegen können müssen, inwieweit die Kund*innen zu dem privilegierenden Kreis gehören.  

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Autorin:

Nadia Schulte 

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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