Beschränkung der Erbenhaftung bei Auflösung einer Betriebsaufspaltung
Beschränkung der Erbenhaftung
Sachverhalt
In dem der Entscheidung des FG Düsseldorf zugrunde liegenden Sachverhalt nahmen der Kläger und sein Bruder die Erbschaft nach ihrem Vater an. Zum Nachlass gehörten unter anderem 90 Prozent der Anteile einer Kommanditgesellschaft (KG). Später beantragten der Kläger und sein Bruder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens, um eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten des überschuldeten Nachlasses zu vermeiden. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Erben die KG fortgeführt hätten, indem sie die Erbschaft nicht ausgeschlagen hätten. Die Fortführung der KG habe zwangsläufig zum Wegfall der vom Erblasser begründeten Betriebsaufspaltung geführt. Aufgrund der dadurch ausgelösten Betriebsaufgabe waren die stillen Reserven der KG steuerpflichtig aufzudecken und der daraus resultierende Buchgewinn vom Kläger und seinem Bruder zu versteuern. Eine beschränkte Haftung des Nachlasses komme nicht in Betracht, da der Antrag erst nach der Entstehung der Steuerschuld gestellt worden sei und daher keine Nachlassverbindlichkeit i. S. d. § 1975 BGB darstelle.
Die Entscheidung des FG Düsseldorf
Das FG Düsseldorf hat entschieden, dass die Besteuerung des Aufgabegewinns entgegen der Auffassung des Finanzamts der beschränkten Haftung unterliegt, sodass der Kläger und sein Bruder nicht mit ihrem Vermögen für die Steuerschuld haften. Die stillen Reserven seien bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht in dem kurzen Zeitraum zwischen Erbfall und Beendigung der Betriebsaufspaltung von den Erben „erarbeitet“ worden. Vielmehr haben sie ihren Ursprung in der langjährigen gewerblichen Tätigkeit des Erblassers und wurden von diesem vererbt. Die Steuerschuld ist ohne Zutun der Erben entstanden und hätte von ihnen auch nicht verhindert werden können. Die Annahme der Erbschaft oder der Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens darf kein schädliches Handeln der Erben darstellen und zum Wegfall der beschränkten Erbenhaftung führen. Andernfalls würde der Anwendungsbereich der beschränkten Haftung nach § 45 Abs. 2 AO i. V. m. § 1975 BGB leerlaufen. Denn die Annahme der Erbschaft und der Nachlassinsolvenzantrag bzw. die Beantragung der Nachlassverwaltung sind zwingende Voraussetzungen für eine beschränkte Haftung der Erben.
Bedeutung für die Praxis
Nach der Annahme von Erbschaften erleben Erb*innen manchmal böse Überraschungen, wenn sich herausstellt, dass in dem Nachlass mehr Schulden und Risiken stecken als erwartet. Das FG Düsseldorf hat in seinem Urteil klargemacht, dass der bloße Anfall der Erbschaft und deren Annahme per se nicht als sogenannte schädliche Handlungen, die zu einer nicht beschränkbaren Erbenhaftung führen, angesehen werden können. Erst wenn die Erben anschließend handeln, können sie durch diese nachfolgenden Handlungen Haftungsgefahren für sich heraufbeschwören. Auch wenn das FG Düsseldorf den potenziellen Haftungsrahmen für Erb:innen enger festgelegt hat als das Finanzamt, bleibt für Erb:innen grundsätzlich die Obliegenheit, sich nach dem Anfall der Erbschaft schnellstens und intensiv mit dem wirtschaftlichen Bestand des Nachlasses zu beschäftigen, um die Erbschaft noch ausschlagen zu können oder wenigstens ihre Haftung zum Beispiel durch Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beschränken. Andernfalls droht ihnen eine unbeschränkte Haftung mit ihrem eigenen Vermögen für die Nachlassverbindlichkeiten.
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.