Steuerfalle bei Immobilienverkauf nach Scheidung
Steuerfalle bei Immobilienverkauf nach Scheidung
Sachverhalt
Der Kläger und seine mittlerweile von ihm geschiedene Ehefrau erwarben im Jahr 2008 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück zu jeweils hälftigem Miteigentum und bewohnten es gemeinsam mit ihrem Sohn.
Im Jahr 2015 zog der Kläger aus. Die Ehe wurde durch rechtskräftiges Urteil im Jahr 2017 geschieden. Nachdem die geschiedene Ehefrau des Klägers die Zwangsversteigerung für den Fall angedroht hatte, dass ihr der Kläger seinen hälftigen Miteigentumsanteil nicht verkaufen sollte, veräußerte der Kläger den hälftigen Miteigentumsanteil mit notariell beurkundeter Scheidungsfolgenvereinbarung und Veräußerungsvertrag an seine geschiedene Ehefrau und erzielte unstreitig einen Veräußerungsgewinn.
Durch die Veräußerung wurde ein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG verwirklicht, weil dieses innerhalb der zehnjährigen Halterfrist stattgefunden hat. Eine Veräußerung unter Zwang, die ein privates Veräußerungsgeschäft ausschließen würde, lag trotz der von der geschiedenen Ehefrau angedrohten Zwangsversteigerung nach Auffassung des Finanzgerichts und des BFH nicht vor.
Keine Steuerbefreiung aufgrund Nutzung zu eigenen Wohnzwecken
Die Ausnahmen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG setzen voraus, dass die Immobilie zu eigenen Wohnzwecken vom Steuerpflichtigen selbst genutzt wird. Unschädlich ist eine Nutzung gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten.
Auch die Nutzung durch unterhaltsberechtigte Personen, die typischerweise zur Lebens- oder Wirtschaftsgemeinschaft gehören, erfüllt die Voraussetzung der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Das ist z. B. bei Kindern, die nach § 32 EStG beim Steuerpflichtigen zu berücksichtigen sind, der Fall. Anders ist es, wenn die Wohnungen neben dem Kind auch anderen Angehörigen zur Nutzung überlassen wird. Die Voraussetzung der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist dann nicht erfüllt.
Aufgrund der Tatsache, dass der Kläger die Immobilie seit 2015 nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat und seine in der Immobilie lebende geschiedene Ehefrau nicht Teil der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft ist, waren die Voraussetzungen der Ausnahme des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht erfüllt.
Der erzielte Veräußerungsgewinn musste nach § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG versteuert werden.
Vermeidung der Steuerbelastung durch rechtzeitige Planung
Soll im Rahmen der meist auch finanziell belastenden Folgen einer Ehescheidung nicht zusätzlich noch Einkommensteuer durch solche Veräußerungsgeschäfte anfallen, muss dies im Vorfeld rechtzeitig geplant und gestaltet werden. Helfen kann hier z. B. die Übertragung noch während bestehender Ehe oder ein Verkauf nach Ablauf der zehnjährigen Haltefrist jeweils mit flankierenden Maßnahmen.
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Autor
Steffen Rapp
Tel.: +49 711 666 31 50
Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.