Reform der Grunderwerbsteuer (MoMo)
Reform der Grunderwerbsteuer
Hintergrund
Zuletzt wurde das Grunderwerbsteuergesetz mit Wirkung zum 1. Juli 2021 reformiert, um weitere Besteuerungslücken bei Share-Deals grunderwerbsteuerlich zu schließen. Trotz der (neuen) Rückabwicklungsmöglichkeit des § 16 Abs. 4a GrEStG gibt es in der Praxis große Schwierigkeiten in der Umsetzung dieser Vorschriften und der Vermeidung der Doppelbesteuerung. Letztlich zwingt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) und die damit einhergehende Abschaffung der Gesamthand mit Wirkung zum 1. Januar 2024 den Gesetzgeber nunmehr erneut zum Tätigwerden.
Die Reformvorschläge
Im Februar 2021 hat sich vor diesem Hintergrund ein Arbeitskreis bestehend aus Professoren, Finanzverwaltungsbeamten, Richtern und Anwälten gebildet, die ein Modernisierungsmodell (MoMo) zur Grunderwerbsteuer entworfen haben. Die Mitglieder des Arbeitskreises verfolgen das Ziel, die Besteuerung v. a. von Share-Deals im Rahmen der Grunderwerbsteuer zu modernisieren und die Befreiungsvorschriften neu zu regeln. Klar definiertes Ziel des Arbeitskreises ist es, das Grunderwerbsteuerrecht rechtsformneutral zu gestalten, Schlupflöcher zu schließen, Rechtssicherheit zu geben und einheitliche Regelungen zu finden.
Dafür sind drastische Änderungen vorgesehen:
Nach dem derzeitigen Vorschlag des Arbeitskreises sollen die Tatbestände des § 1 Abs. 2a, 2b, 3a und Abs. 4 GrEStG abgeschafft werden. Auf Grenzen von 90 % bzw. auf zehnjährige Haltefristen kommt es nicht mehr an. § 1 Abs. 3 GrEStG wird in der Form geändert, dass eine Anteilsvereinigung nur noch dann vorliegt, wenn 100 % der Anteile (mittelbar und/oder unmittelbar) an einer Gesellschaft, die unmittelbar ein Grundstück hält, erworben werden.
Was vorliegend auf den ersten Blick für den Steuerpflichtigen vorteilhaft wirkt, wird dadurch relativiert, dass es nach den derzeitigen Plänen bei sog. „Erwerbergruppen“ oder einem „dienenden Interesse“ zu einer Zurechnung der Anteile kommt. Hier bestehen unserer Meinung nach die meisten Probleme und Angriffspunkte, da es hier zu einer erhöhten Rechtsunsicherheit und einer fehlenden Bestimmtheit kommen kann.
Eine Erwerbergruppe besteht nach dem MoMo aus einer Mehrheit von Personen, die den Erwerbsvorgang untereinander abgestimmt haben; der Erwerbvorgang und der weitere Rechtsvorgang können dabei im selben Vertrag geregelt sein. Klassischer Fall hierfür sind Co-Investoren-Modelle. Problematisch bei diesem Tatbestandsmerkmal ist die „Abstimmung“. Von einer Abstimmung ist auszugehen, wenn sich zwei oder mehr Personen bei ihren Anteilserwerben untereinander verständigen.
Nach dem derzeitigen Vorschlag soll die Abstimmung vermutet werden, sodass die potenziellen Steuerschuldner hier das Nichtvorliegen zu beweisen hätten.
Um das Zurückbehalten von Anteilen im Interesse des Erwerbers zu vermeiden, sollen nach dem MoMo Anteile, die lediglich im sog. dienenden Interesse gehalten werden, in die 100 %-Grenze eingerechnet werden. Der Erwerber oder die Erwerbergruppe werden dann so behandelt, als hätten sie alle Anteile an der Grundstücksgesellschaft erworben.
Auch die Steuerbefreiungsvorschriften nach §§ 5, 6, 6a und 7 Abs. 2 GrEStG sollen gestrichen werden. Hierfür wird stattdessen eine neue „Konzernklausel“ eingeführt, die jegliche Erwerbsvorgänge innerhalb eines Konzerns (unabhängig von der Rechtsform) von der Besteuerung ausnimmt, sofern 100%ige (mittelbare) Beteiligungen bestehen. Es spielt dann keine Rolle mehr, ob die (fiktiven) Grundstücksübertragungen per Umwandlungsvorgang, Asset- oder Share-Deal erfolgen.
Bedeutung für die Praxis
Trotz der unbestimmten Rechtsbegriffe soll das MoMo vor allem die Anwendbarkeit des Gesetzes erleichtern. Es soll anders als im geltenden Recht nur noch ein Stichtag für die Steuerentstehung maßgebend sein (Signing/Verpflichtungsgeschäft). Der Erwerber und damit der Steuerpflichtige ist immer nur derjenige, bei dem die Anteile vereinigt werden. Tritt die Wirkung bei mehreren Personen ein, so ist der oberste Gesellschafter, der keiner weiteren Person die Gesamtheit der Anteile vermittelt, vorrangig Steuerpflichtiger. Die grundbesitzende Gesellschaft wird „nur“ noch als Haftungsschuldner für die Grunderwerbsteuer herangezogen. Jegliche Überwachungsfristen entfallen.
Problematisch erscheinen aber die Tatbestandsmerkmale der Erwerbergruppe und des dienenden Interesses. Aus unserer Sicht wird eine Abstimmung zwischen den Erwerbern sehr schwer zu widerlegen sein. Auch ein dienendes Interesse wird wohl in den meisten Fällen anzunehmen sein. Ab welcher zeitlichen Komponenten oder ab welcher Beteiligungshöhe mit einem dienenden Interesse zu rechnen ist, kann dann nur höchstrichterlich zu klären sein.
Wir halten Sie auf dem Laufenden, inwieweit das Modell in dieser Form in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt werden wird. Ohne weitere Anpassungsmaßnahmen fallen ab 2024 die Befreiungsvorschriften für Personengesellschaften nach §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 GrEStG ersatzlos weg, da das Prinzip der Gesamthand mit dem MoPeG wie beschrieben abgeschafft wird.
Haben Sie Fragen oder weiteren Informationsbedarf?
Autorin
Julia Wunderlich
Tel.: +49 30 208 88 1953
Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.