Feststellung des steuerlichen Einlagekontos durch Gesellschafter nicht anfechtbar

Wird ein Zugang zum steuerlichen Einlagekonto versehentlich nicht erfasst und daher nicht festgestellt, so ist der Gesellschafter nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Dezember 2022 (I R 53/19) nicht befugt, den gegen die Kapitalgesellschaft ergangenen Feststellungsbescheid anzufechten. Damit entfällt eine Möglichkeit zur Berichtigung fehlerhafter, aber bestandskräftig festgestellter Bestände des steuerlichen Einlagekontos.

Hintergrund

Die Rückgewähr von Einlagen, die ein Gesellschafter außerhalb einer Kapitalerhöhung in seine Kapitalgesellschaft geleistet hat, soll nicht zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften führen. Deshalb ist bei Zahlungen einer Kapitalgesellschaft an ihren Anteilseigner zwischen einer steuerpflichtigen Gewinnausschüttung und einer steuerfreien Einlagenrückgewähr zu unterscheiden. Dazu dient das sogenannte steuerliche Einlagekonto. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos wird durch nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen erhöht, bei Rückgewähr von Einlagen vermindert und jährlich festgestellt. Die Kapitalgesellschaft hat Zugänge und Abgänge ihres steuerlichen Einlagekontos jährlich gemäß § 27 Abs. 2 S. 4 KStG zu erklären. Der sich daraus ergebende Bestand wird jährlich gesondert durch Bescheid festgestellt.

In der Praxis kommt es allerdings häufiger vor, dass geleistete Einlagen versehentlich nicht entsprechend erklärt werden. Solche „vergessenen“ Einlagen führen zur fehlerhaften Feststellung des steuerlichen Einlagekontos und zu einer steuerpflichtigen Gewinnausschüttung, wenn sie zurückgewährt werden. Die Versteuerung einer Gewinnausschüttung durch den Anteilseigner lässt sich in solchen Fällen nur vermeiden, wenn es gelingt, die fehlerhafte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zu korrigieren.

Der Feststellungsbescheid zum steuerlichen Einlagekonto richtet sich nur an die Kapitalgesellschaft, deren Einlagekonto festgestellt wird. Im Ergebnis sind aber auch die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft von den Feststellungen des steuerlichen Einlagekontos materiellrechtlich betroffen. Daher wurde diskutiert, ob dem Gesellschafter durch eine sogenannte Drittanfechtung gegen den Feststellungsbescheid die effektive Rechtsdurchsetzung ermöglicht werden müsste (z. B. BFH, Beschluss vom 10. Dezember 2019 – I B 35/19, BStBl. II 2020, 517). Mit einem solchen Rechtsbehelf könnte der Gesellschafter die Feststellung auch nach Ablauf der Feststellungsfrist noch anfechten.

Entscheidung des BFH

Mit Urteil vom 21. Dezember 2022 lehnt der BFH allerdings ein Drittanfechtungsrecht der Gesellschafter für den Fall ab, dass es die Kapitalgesellschaft versehentlich unterlassen hat, einen Zugang im steuerlichen Einlagekonto zu erklären. Die Zuerkennung eines solchen Anfechtungsrechts sei nicht geboten, da die Gesellschaft selbst vollumfänglich gerichtlich und außergerichtlich gegen einen nach § 27 Abs. 2 KStG ergangenen Feststellungsbescheid vorgehen könne. Zudem sei auch das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtssicherheit zu berücksichtigen. Mit diesem Gebot sei es nicht vereinbar, dass wegen einer faktischen Unverjährbarkeit der Anfechtung von Feststellungen des steuerlichen Einlagekontos der tatsächliche Bestand des steuerlichen Einlagekontos ständigen Zweifeln ausgesetzt wäre. Schließlich sollte bei einer versehentlichen Nichterfassung einer Einlage für den Gesellschafter kein endgültiger Steuerschaden eintreten, da die Einlage aus Gesellschaftersicht die Anschaffungskosten der Beteiligung erhöht und dadurch im Veräußerungs- oder Liquidationsfall steuermindernd wirke.

Bedeutung für die Praxis

Mit dem aktuellen Urteil hat der BFH den Steuerpflichtigen eine Möglichkeit genommen, den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nachträglich zu korrigieren. Allerdings war die Zulässigkeit eines solchen Rechtsbehelfs bereits vor der Entscheidung des BFH umstritten, da sie im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Umso wichtiger wird es in der Praxis sein, Leistungen der Gesellschafter im steuerlichen Einlagekonto der Gesellschaft korrekt zu erfassen und in der Körperschaftsteuererklärung auch anzugeben. Hierauf sollte im Erklärungsprozess ein besonderes Augenmerk gerichtet werden.

Ansonsten bleibt der Kapitalgesellschaft in der Praxis nur noch die Möglichkeit, eine Berichtigung als offenbare Unrichtigkeit gemäß § 129 AO zu beantragen. In diesem Zusammenhang ist es erfreulich, dass der BFH den Anwendungsbereich des §§ 129 AO in seiner jüngeren Rechtsprechung etwas ausgeweitet hat. Das gilt zumindest für Fälle, in denen dem Finanzamt neben den elektronischen Steuererklärungen ein in Papierform eingereichter Jahresabschluss vorliegt, aus dem sich z. B. die Erhöhung einer Kapitalrücklage durch Gesellschaftereinlagen eindeutig ergibt (BFH-Urteil vom 8. Dezember 2021, I R 47/18).

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Thomas Kriesel
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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