Steuermindernde Berücksichtigung von aufschiebend bedingten Lasten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Berücksichtigung von aufschiebend bedingten Lasten
Hintergrund
Oft werden bei Verfügungen von Todes wegen oder bei Schenkungen Dritten aufschiebend bedingte Lasten, wie z. B. Rentenverbindlichkeiten oder Nutzungsrechte, eingeräumt, die bei der Besteuerung der Erben bzw. Beschenkten steuermindernd berücksichtigt werden können.
Aufschiebend bedingte Lasten bleiben bei der Besteuerung des Beschenkten gemäß § 6 Abs. 1 BewG zunächst unberücksichtigt, bis die Bedingung eintritt (§ 6 Abs. 2 i. V. m § 5 Abs. 2 BewG). Nach Bedingungseintritt ist die bisherige Steuerfestsetzung auf Antrag des mit der Last beschwerten Erben/Beschenkten zu berichtigen und die Last als Steuerminderung zu berücksichtigen.
Die Finanzbehörden stellen in ihren Erlassen klar, welcher Zeitpunkt aus ihrer Sicht für die steuerliche Bewertung einer aufschiebend bedingten Last maßgebend ist.
Ferner vertreten die Finanzbehörden darüber hinaus abweichend vom BFH die Auffassung, dass aufschiebend bedingte Lasten für die Schwebezeit zwischen Erbfall/Schenkung und Bedingungseintritt abgezinst werden müssen.
Eckpunkte der gleichlautenden Erlasse
Für die Bewertung von aufschiebend bedingten Lasten kommen zwei Stichtage in Betracht:
Bewertung mit dem Wert bei Erbfall/Schenkung
Erhält der Erbe oder Beschenkte einen Vermögensgegenstand unter der Auflage, diesen ganz oder teilweise bei Eintritt der aufschiebenden Bedingung herauszugeben, ist die Last (Herausgabepflicht) nach Bedingungseintritt mit ihrem Wert im Zeitpunkt der Erbschaft/Schenkung steuermindernd zu berücksichtigen.
Bewertung mit dem Wert bei Bedingungseintritt
Erhält der Beschenkte einen Vermögensgegenstand, der zum einen mit einem lebenslänglichen Vorbehaltsnießbrauch zugunsten des Schenkers belastet ist und zum anderen mit der Verpflichtung belastet ist, nach dessen Tod einen Zuwendungsnießbrauch zugunsten einer weiteren Person zu bestellen, wird der Zuwendungsnießbrauch als Last mit seinem Wert im Zeitpunkt des Bedingungseintritts bewertet. Es kommt dann nur für den Vorbehaltsnießbrauch als unbedingte Last auf die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Erbschaft/Schenkung an.
Auf den Wert bei Bedingungseintritt ist nach Ansicht der Finanzverwaltung auch abzustellen, wenn der Vermögensgegenstand, auf den sich die bedingte Last bezieht, dem Erben/Beschenkten bereits vorher gehörte oder von ihm noch separat zu erwerben war und damit nicht Teil der Erbschaft/Schenkung war.
Abzinsung der Last für die Zeit zwischen Rechtsgeschäft und Bedingungseintritt
Der BFH hat in seinem Urteil vom 15. Juli 2021 (II R 26/19) entschieden, dass eine aufschiebend bedingte Rentenlast nicht abgezinst werden darf, da es im Zeitpunkt der Schenkung keinen Fälligkeitstermin gab und die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 BewG (zinslos gestundete Forderung mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr) im Zeitpunkt des Bedingungseintritts nicht vorlagen. Durch die Kapitalisierung der Last auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts sei die zinslose Stundung zudem ausreichend berücksichtigt.
Diese Ansicht teilt die Finanzverwaltung nicht. Nutzungs- und Rentenrechte werden bei der Bewertung mit ihrem Kapitalwert angesetzt. Der Kapitalwert bildet aber nur den Wert der Verbindlichkeit vom Zeitpunkt des Bedingungseintritts ab. Unberücksichtigt bleibt, dass der Erbe/Beschenkte das Kapital oder den herauszugebenden Schenkungsgegenstand in der Zeit zwischen Erbschaft/Schenkung und Bedingungseintritt nutzen kann (z. B. Gewinne, Entnahmen, Zinsen) und erst mit Bedingungseintritt der Zeitraum der zinslos gestundeten Last feststeht. Die bis dahin zinslos gestundete Last muss nach Ansicht der Finanzverwaltung daher abgezinst werden und den (Kapital-)Wert des steuermindernden Betrages verringern.
Bedeutung für die Praxis
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Abzinsung aufschiebend bedingter Lasten. Die Rechtsprechung des BFH ist für den Steuerpflichtigen günstiger, da ein höherer, nicht abgezinster Abzug der Last vorgenommen werden kann. Die Finanzverwaltung ist aber an den Erlass gebunden. Wird die Steuererklärung unter Zugrundelegung der günstigeren BFH-Rechtsprechung abgegeben, wird die Finanzverwaltung dies nicht akzeptieren und nur den abgezinsten Abzug zulassen. Ist dies nicht gewünscht, muss Einspruch gegen den Bescheid eingelegt werden. Ob dies zielführend ist, ist im Einzelfall zu prüfen. Im finanzgerichtlichen Verfahren gilt das Verböserungsverbot, eine Saldierung ist aber zulässig, sodass die Vor- und Nachteile eines Klageverfahrens genau abgewogen werden müssen.
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