FG Hamburg: keine Abfärbung von gewerblichen Beteiligungseinkünften auf die Obergesellschaft für Zwecke der Gewerbesteuer

Nach einem Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 25. Februar 2021 (3 K 139/20, n. rkr., NZB beim BFH anh. unter VIII B 38/21) führt die Beteiligung einer Personengesellschaft (Obergesellschaft = OG) mit eigenen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft (Untergesellschaft = UG) zwar zur Umqualifizierung der Einkünfte der OG in gewerbliche Einkünfte für Einkommensteuerzwecke, jedoch nicht zum Vorliegen eines Gewerbebetriebes auf Ebene der OG für Zwecke der Gewerbesteuer.

Hintergrund

Nach der für Einkommensteuerzwecke geltenden sog. Abfärbe- oder Infektionstheorie (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) wird die Tätigkeit einer im Übrigen vermögensverwaltend, freiberuflich oder selbständig tätigen Personengesellschaft in vollem Umfang als gewerblich umqualifiziert, wenn die Personengesellschaft entweder selber auch gewerblich tätig ist (Alt. 1) oder auch gewerbliche Beteiligungseinkünfte bezieht (Alt. 2). Dabei erkennen Rspr. und FinVerw eine sog. Bagatellgrenze an, wenn die eigenen originär gewerblichen Einkünfte der Personengesellschaft nur geringfügig sind (Nichtüberschreiten von 3 % des Gesamtnettoumsatzes und von 24.500 Euro); in diesem Fall kommt es zu keiner Umqualifizierung der nicht gewerblichen Einkünfte. Dagegen findet die Bagatellgrenze auf Ebene einer OG keine Anwendung, soweit die gewerblichen Einkünfte aus einer Beteiligung an einer gewerblich tätigen UG resultieren (BFH-Urteil vom 6. Juni 2019, IV R 30/16). Im vorliegenden Fall hatte das Finanzgericht nun zu entscheiden, ob die Abfärbewirkung von gewerblichen Beteiligungseinkünften der UG auch dazu führt, dass sämtliche Einkünfte der OG der Gewerbesteuer unterliegen.

Entscheidung des Finanzgerichts und wesentliche Entscheidungsgrundsätze

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt erzielte die klagende OG originär Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Daneben erzielte sie in geringem Umfang (ca. 0,2 % des Gesamtnettoumsatzes) gewerbliche Einkünfte aus der Beteiligung an der UG. Das zuständige Finanzamt vertrat die Auffassung, dass sämtliche Einkünfte der OG als gewerblich zu qualifizieren seien, ohne dass die sog. Bagatellgrenze gelte; entsprechend sei die OG auch als Gewerbebetrieb i. S. d. GewSt zu qualifizieren. Das Finanzgericht folgt dem nur so weit, dass es (ohne Bagatellgrenze) zu einer Abfärbung der gewerblichen auf die nicht gewerblichen Einkünfte der OG komme.

Darüber hinaus jedoch sei § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG verfassungskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht als Gewerbebetrieb i. S. d. Gewerbesteuer gelte. Andernfalls käme es zu einer Schlechterstellung der Personengesellschaft gegenüber dem Einzelunternehmer, der mehrere Einkunftsarten verwirklichen könne und bei dem lediglich die originär gewerbliche Tätigkeit der Gewerbesteuer unterliege. Auch liege keine Besserstellung gegenüber dem Einzelunternehmer vor, da der anteilig zuzurechnende Gewinn i. d. R schon auf Ebene der UG bereits mit Gewerbesteuer belastet worden sei.

Bedeutung für die Praxis

Das Finanzgericht schließt sich somit der Entscheidung des BFH vom 6. Juni 2019 an. Die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG für Einkommensteuerzwecke erstreckt sich somit nicht auf die Gewerbesteuer.

In einem ähnlichen Fall, bei dem die OG neben den gewerblichen Beteiligungseinkünften originär vermögensverwaltende Einkünfte erzielte, geht das Finanzgericht Köln (vom 26. Juni 2020, 4 K 3437/11, Rev. anh. unter IV R 24/20) ebenfalls davon aus, dass diese OG nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

Vor dem Hintergrund, dass die FinVerw bislang eine andere Auffassung vertritt (gl. Ländererlasse vom 1. Oktober 2020, BStBl. I 2020, 1032), sollten vergleichbare Fälle verfahrensrechtlich offengehalten und mit Blick auf die beim BFH anhängigen Verfahren sollte das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

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