BFH: Übergang des wirtschaftlichen Eigentums durch Einräumung von Filmverwertungsrechten
BFH: Einräumung von Filmverwertungsrechten
Entscheidung des BFH
In dem der BFH-Entscheidung vom 14. April 2022 zugrunde liegenden Sachverhalt beauftragte eine Kläger-KG ein in der Filmbranche tätiges Unternehmen mit der Herstellung eines Kinofilms. Dabei war die Klägerin alleinige und ausschließliche Eigentümerin aller Rechte. Zeitgleich schloss die Klägerin einen Filmvertriebsvertrag mit einem Unternehmen F ab, dem Unternehmen FF – nach diversen Vertragsanpassungen – ein umfassendes, alleiniges, exklusives und unwiderrufliches Verwertungsrecht an dem Film für den Zeitraum von 42 Jahren einräumte. Dabei wurde – neben fixen Zahlungen und einer Gewinnbeteiligung für die Klägerin – auch eine variable Beteiligungs-Lizenzgebühr vereinbart, wonach gewisse Erlöse aus der Verwertung des Films zwischen der Klägerin und F im Verhältnis 40 zu 60 aufzuteilen waren.
Schließlich enthielt der Filmvertriebsvertrag eine sog. Endschaftsregelung, d. h. Regelungen im Zusammenhang mit dem Auslaufen des Vertrages. Neben einer Verlängerungsoption vereinbarten die Vertragsparteien, dass dem Unternehmen F eine unwiderrufliche Option zum Erwerb des vollumfänglichen Eigentums an den Filmrechten (Kaufoption) zustand. Eine Verkaufsoption der Klägerin bestand hingegen nur in den Fällen der Auflösung, Liquidation oder Insolvenz des Unternehmens F bzw. in Fällen von Vertragsstörungen oder -verletzungen.
Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, dass der Abschluss des Filmvertriebsvertrages zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Filmrechten auf das Unternehmen F geführt hat. Die erstinstanzliche Klage hiergegen hatte Erfolg.
Der BFH hat nunmehr die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Das FG sei zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin mit Abschluss des Filmvertriebsvertrages das wirtschaftliche Eigentum an den Filmrechten nicht auf das Unternehmen F übertragen und daher im Streitjahr keine (abgezinste) Kaufpreisforderung zu aktivieren hatte. Die für Leasingverträge entwickelten Grundsätze zur Zurechnung wirtschaftlichen Eigentums können nicht uneingeschränkt auf die Nutzungsüberlassung von Filmrechten übertragen werden.
Gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO könne dem Unternehmen F als dem Nutzberechtigten nur dann das wirtschaftliche Eigentum an den Filmrechten zuzurechnen sein, wenn die Klägerin – als zivilrechtliche Eigentümerin – infolge der vertraglichen Vereinbarung während der gesamten voraussichtlichen Nutzungsdauer der Filmrechte von Substanz und Ertrag wirtschaftlich ausgeschlossen war. Wie der BFH ausführt, fehle es hieran z. B., wenn der zivilrechtliche Eigentümer – wie vorliegend die Klägerin – durch erfolgsabhängige Vergütungen während der gesamten Vertragslaufzeit weiterhin von Wertsteigerungen der Filmrechte profitiert. Da die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Filmrechten 50 Jahre betrage, könne auch nicht angenommen werden, dass mit Ablauf der Vertragslaufzeit von 42 Jahren die Filmrechte wertlos waren.
Schließlich hätte – so der BFH – die Endschaftsregelung und insb. die dort vereinbarte Kaufoption des Unternehmens F nicht zu einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Filmrechten geführt. Es sei jedenfalls vertretbar, anzunehmen, dass es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Filmverwertungsvertrags offen war, ob das Unternehmen F die Kaufoption ausüben würde.
Bedeutung für die Praxis
Auf den ersten Blick betrifft die dargestellte BFH-Entscheidung einen steuerrechtlich als außergewöhnlich zu bezeichnenden (Rand-)Bereich. Allerdings gelten auch i. R. d. Spezialgebietes die allgemeinen Grundsätze hinsichtlich des Übergangs von wirtschaftlichem Eigentum, die aufgrund der Besonderheiten der Filmbranche abgewandelt werden.
Bei Filmrechten handelt es sich um immaterielle Wirtschaftsgüter, sodass eine Differenzierung nach beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern ausscheidet. Zudem ist bei Filmrechten eine Ex-ante-Einschätzung der Wertentwicklung nicht möglich, da nicht absehbar ist, ob ein Film erfolgreich sein wird.
Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Bewertung der Konditionen einer Kaufoption und die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Ausübung dieses Rechts nur bedingt möglich ist.
Bei materiellen Wirtschaftsgütern verhält es sich hingegen anders: Da angesichts branchentypischer Erfahrungswerte die Wertentwicklung und die technische Nutzungsdauer zuverlässiger einzuschätzen sind, kann daraus abgeleitet werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für die Ausübung oder Nichtausübung einer Kaufoption am Vertragsende ist. Die Vereinbarung einer Kaufoption kann daher zum Übergang wirtschaftlichen Eigentums an dem Wirtschaftsgut führen.
Haben Sie Fragen oder weiteren Informationsbedarf?
Autorin
Dr. Kristina Frankus
Tel: +49 221 28 20 2503
Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.