BFH – Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 26a EStG für Aufsichtsrat kommunaler GmbH
Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 26a EStG
Sachverhalt
Der Kläger war im Streitjahr 2015 als selbstständiger Rechtsanwalt tätig und erzielte Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG). Nebenberuflich war er als Aufsichtsrat für eine kommunale GmbH tätig, an welcher die Stadt D 90,5 Prozent der Anteile hielt. Die kommunale GmbH übernahm für die an ihr beteiligten Kommunen die kommunalen Pflichtaufgaben der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt D hatte den Kläger durch Beschluss zum Mitglied des Aufsichtsrats der GmbH bestellt. Der Kläger war in dieser Funktion gegenüber der Stadt D weisungsgebunden. Er erhielt von der GmbH aus ihrem Gesellschaftsvermögen eine jährliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 620 €. Dem Kläger entstanden im Streitjahr zudem für seine Aufsichtsratstätigkeit Aufwendungen in Höhe von 225 €.
Das Finanzamt behandelte die Einkünfte aus der Aufsichtsratstätigkeit unter Abzug der Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid als steuerbare und -pflichtige Einkünfte aus selbstständiger Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, lehnte eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 26a EStG jedoch ab. Die GmbH sei als Unternehmen des Privatrechts nicht steuerbegünstigt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG.
Nach einem erfolglosen Einspruchsverfahren hatte die Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 12. November 2020 (Az. 9 K 9167/17) Erfolg. Hiergegen legte das Finanzamt Revision beim BFH ein.
Entscheidung des BFH
Die Revision blieb jedoch ohne Erfolg. Zwar habe das Finanzgericht seine Entscheidung unzutreffend begründet, dem Ergebnis sei aber zu folgen. Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 26a EStG liegen vor, somit seien die dem § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG unterfallenden Einkünfte in voller Höhe steuerfrei.
Die Tätigkeit sei entsprechend dem Wortlaut des § 3 Nr. 26a EStG im „Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts“ (folgend jPöR) erfolgt. Der Kläger wurde nach außen für die jPöR aufgrund seiner förmlichen Bestellung als deren Vertreter tätig. Als Aufsichtsratsmitglied vertrete der Kläger gerade die Interessen der Stadt als Auftraggeberin. Wie das Innenverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem ausgestaltet ist, sei gerade nicht entscheidend. Ebenso wenig komme es darauf an, aus welchem Vermögen das Entgelt für eine Tätigkeit gemäß § 3 Nr. 26a EStG entrichtet wird. Das Entgelt muss demnach nicht aus dem Vermögen des Auftraggebers, hier der Stadt D, stammen.
In Abgrenzung zu § 3 Nr. 26 EStG enthalte die Norm des § 3 Nr. 26a EStG gerade keinen Katalog begünstigter Tätigkeiten. Demnach führe eine Auslegung des Wortlautes nach seinem Sinn und Zweck sowie dem Willen des Gesetzgebers dazu, dass die Tätigkeit einer ehrenamtlich tätigen Person im Auftrag einer jPöR im Rahmen der Nr. 26a gerade nicht der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke dienen muss. Der Passus sei allein auf die „unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG fallende(n) Einrichtung(en)“ zu beziehen, nicht aber auf jPöR. Die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG verankerte Unterscheidung zwischen dem ideellen Bereich und nicht begünstigten Bereichen einer Einrichtung entspreche nicht der Struktur einer jPöR. Der Gesetzgeber habe die Gewährung der Steuerbefreiung bei Tätigkeiten für jPöR nicht von einer zusätzlichen Voraussetzung abhängig machen wollen.
Fazit und Ausblick / Praxishinweise
Erstmals stellt der BFH klar, dass der Wortlaut „zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke“ nicht die Tätigkeit als solche betrifft, sondern sich ausschließlich auf die vom subjektiven Tatbestand umfassten begünstigten Körperschaften gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG als Auftraggeber bezieht. Einen Tätigkeitsbezug lehnt der BFH ausdrücklich ab.
Damit stellt sich der BFH gegen die bislang insbesondere von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, dass die nebenberufliche Tätigkeit gemäß § 3 Nr. 26a EStG immer auch begünstigte Zwecke fördern müsse (BMF, Schreiben vom 21. November 2014 – IV C 4 – S 2121/07/0010:032, BStBl. I 2014, S. 1581 Tz. 4). Als Rechtsfolge ist ein nebenberufliches ehrenamtliches Engagement für jPöR auch im wirtschaftlich gewerblichen Bereich einkommensteuerfrei möglich.
Die Entscheidung ist derzeit nicht zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt vorgesehen, weshalb abzuwarten bleibt, wie die Finanzverwaltung auf die Einschätzung des Gerichts reagiert. Dennoch ist bei der Erstellung von Steuererklärungen bei zukünftigen oder gegenwärtigen Tätigkeiten zugunsten von Kommunen und anderen jPöR verstärkt auf die Anwendung des § 3 Nr. 26a EStG zu achten.
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