Kein Einlagekonto bei rechtsfähigen privaten Stiftungen
Kein Einlagekonto bei privaten Stiftungen
Verfahrensbeteiligte vor dem BFH waren zwei (privatnützige) Familienstiftungen. In einer der Entscheidungen (Az. I R 42/19) ging es um die Förderung der eigenen Familie. Die Zahlung an die Destinatäre sollte aus den Vermögenszuwächsen erfolgen. Der Stifter stattete hierzu die Stiftung nach der Gründung mit weiteren Mitteln aus, die in einer „Kapitalrücklage“ erfasst wurden.
Die zweite Entscheidung (Az. I R 46/21) betraf die Förderung der Ausbildung der Enkelkinder des Stifters. Das Vermögen durfte sukzessiv verbraucht werden (Verbrauchsstiftung). Die Einzahlungen in das Stiftungsvermögen wurden jeweils in einer Erklärung zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos als Einlagen deklariert. Die Stiftungen hatten ein Interesse an der Feststellung eines Einlagekontos gemäß § 27 Abs. 7 KStG, damit die Zahlungen an die Destinatäre gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG als Rückführung von Einlagen und nicht als Kapitaleinkünfte bei den Destinatären berücksichtigt würden.
Der BFH lehnte die Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos ab. Er begründet seine Auffassung in der fehlenden gesetzlichen Grundlage für entsprechende Feststellung. Bei Kapitalgesellschaften ist der Bestand des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 1 KStG festzustellen. Nach § 27 Abs. 7 KStG ist die Vorschrift sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG gewähren, anzuwenden. Die Stiftung des privaten Rechts sei aber weder eine Kapitalgesellschaft noch eine andere steuerpflichtige Körperschaft oder Personenvereinigung im Sinne von § 27 Abs. 7 KStG, sondern eine Vermögensmasse. Bei Stiftungen sei im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften die Beteiligung der Destinatäre am Vermögen ausgeschlossen. Ebenfalls beständen nicht wie bei Vereinen Mitgliedsrechte an der Vermögensmasse.
Der BFH widerspricht damit der herrschenden Auffassung der Literatur, die eine Stiftung privaten Rechts in ergänzender Auslegung unter § 27 Abs. 7 KStG erfasst. Die Steuerbefreiung der Erträge bei den Destinatären könne nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG damit begründet werden, dass es sich um die Rückzahlung von (festgestellten) Einlagen handele. Es sei dagegen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 Halbsatz 1 EStG direkt beim Leistungsempfänger zu prüfen, ob die Erträge mit Gewinnausschüttungen iSd § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG „wirtschaftlich vergleichbar“ sind.
Der BFH empfiehlt dem Gesetzgeber indirekt, ein gesondertes Feststellungsverfahren für den Bestand des steuerlichen Einlagekontos gesetzlich zu regeln. So heißt es (in dem Urteil mit dem Az. I R 42/19 Rz. 24):
„Im Ergebnis könnte die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos – oder zumindest ein mit § 27 Abs. 8 KStG vergleichbares vereinfachtes Feststellungsverfahren – auch für rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts sinnvoll sein. Dies gilt insbesondere für Verbrauchsstiftungen, da jedenfalls in diesem Fall Zuführungen des Stifters zum Stiftungskapital nicht mit Nennkapital vergleichbar wären und ein gesondertes Feststellungsverfahren der Vereinfachung und Rechtssicherheit dienen könnte.“
Diese Empfehlung muss umso mehr gelten, da nach dem neuen Stiftungsrecht ab dem 1. Juli 2023 den Stiftungen gemäß § 83b BGB erlaubt wird, neben dem Grundstockvermögen ein sonstiges Vermögen zu bilden. Der Stifter kann somit wie im Fall der Verbrauchsstiftung der Stiftung Kapital zuführen, das nicht zum Grundstockvermögen gehört und dass er für die Stiftungszwecke verbrauchen kann.
Das Urteil gilt auch für gemeinnützige Stiftungen des privaten Rechts. Nach § 58 Nr. 6 kann eine gemeinnützige Stiftung beispielsweise bis zu einem Drittel ihres Einkommens dazu verwenden, um in angemessener Weise den Stifter und seinen nächsten Angehörigen zu unterhalten, ihre Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren.
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Autor*innen
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Christian Hassa
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