OLG Karlsruhe – Zurückweisung einer Vereinsanmeldung bei fehlendem Bescheid nach § 60a AO

Das OLG Karlsruhe hat mit seinem Beschluss vom 22. Januar 2024 (Az. 19 W 80/23) entschieden, dass die Anmeldung eines Vereins durch das Registergericht zurückgewiesen werden kann, wenn dieser aufgrund seiner Satzung gemeinnützige Zwecke verfolgt – es jedoch an einem Bescheid gemäß § 60a AO durch das Finanzamt, der die Gemeinnützigkeit (vorläufig) anerkennt, mangelt.

Sachverhalt

Auf der Gründungsversammlung am 20. Juli 2022 wurde der Gründungsvorstand gewählt. Die Vorsitzende und ihre zweite Stellvertreterin meldeten daraufhin unter Beifügung des Gründungsprotokolls und der Satzung den Verein zur Eintragung an. Gemäß § 2 Abs. 1 der Satzung verfolge der einzutragende Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung (folgend AO). Eine Bescheinigung des Finanzamtes gemäß § 60a AO, welche die Gemeinnützigkeit (vorläufig) anerkennt, war der Anmeldung nicht beigefügt.

Auf die Anmeldung hin beanstandete das Registergericht mit Schreiben vom 22. August 2022 unter anderem das Fehlen ebendieser Bescheinigung des Finanzamtes über die Gemeinnützigkeit. Der Verein teilte mit Schreiben vom 21. Oktober2022 unter anderem daraufhin mit, da vom Finanzamt bisher keine Rückmeldung erfolgt sei, habe man beschlossen, die gerichtlichen Gebühren für die Eintragung selbst zu tragen. Das Amtsgericht(AG) entgegnete mit Schreiben vom 26. Oktober2022 daraufhin, dass die Regelungen in § 2 und § 15 der Satzung wegen der fehlenden Anerkennung der Gemeinnützigkeit der Änderung bedürften. Der Verein teilte mit, dass eine Satzungsänderung zu der Frage der Gemeinnützigkeit nicht beabsichtigt sei. Vielmehr sei die Entscheidung des Finanzamts abzuwarten. Es gebe keinen Grund, warum die Gemeinnützigkeit nicht zuerkannt werden könnte.

Mit Beschluss vom 13. September 2023 wies das Registergericht den Eintragungsantrag zurück. Die Satzung sei weiterhin zu beanstanden, weil sie auf eine durch das zuständige Finanzamt weder vorläufig noch endgültig bestätigte Gemeinnützigkeit hinweise.

Der Beschwerde des Vereins gegen diesen Beschluss wurde durch das AG Mannheim (13. September2023 – 00 AR 2924/22, BeckRS 2023, 41767) – jedoch aus verfahrens- sowie materiellrechtlichen Gründen – nicht abgeholfen. In der Sache sei die Beschwerde nicht begründet, weil unter anderem die Regelungen zum Vereinszweck nicht geändert worden seien.

Während des Beschwerdeverfahrens teilte das zuständige Finanzamt mit, dass der Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit am 14.Dezember 2023 zurückgewiesen worden sei.

Entscheidung des OLG

Die sofortige Beschwerde des Vereins an das OLG Karlsruhe blieb ohne Erfolg. In der Sache sei die Zurückweisung der Anmeldung durch das Registergericht gemäß § 60 BGB zu Recht erfolgt.

Eine Anmeldung eines Vereins kann zurückgewiesen werden, wenn die in den §§ 56 bis 59 BGB bestimmten Voraussetzungen verletzt oder nicht erfüllt sind oder andere Vorschriften des Vereinsrechts verletzt sind. Die der Anmeldung zugrunde liegende Satzung darf keine Verstöße gegen geltendes Recht enthalten. Ob es sich bei der verletzten Vorschrift um eine Soll- oder Mussvorschrift handelt, soll dabei nicht maßgeblich sein.

Gemäß § 57 Abs. 1 BGB ist Mindestanforderung an die Vereinssatzung zur Gewährleistung des Verkehrsschutzes, dass der Vereinszweck wiedergegeben wird. Erforderlich ist daher, dass die Satzung ein zutreffendes Bild der Verhältnisse des Vereins für Dritte – bei Einsichtnahme in das Vereinsregister– widerspiegelt. Dazu gehört, dass für potenzielle Spender*innen, die Informationen über die von dem Verein verfolgten gemeinnützigen Zwecke unmittelbar aus der Satzung ersichtlich sind. Sie sollen sich darauf verlassen können, dass diese Zwecke auch von der Finanzbehörde anerkannt sind und ihre Spenden gemäß § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG steuermindernd berücksichtigt werden können. Soweit die Satzung des Vereins enthält, dass dieser ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der AO verfolgt, erweckt dies den Eindruck, dass die Satzung durch die Finanzbehörde überprüft wurde und die Anerkennung einer Spende möglich ist. Tatsächlich wurde der Antrag durch das Finanzamt aber zurückgewiesen. Unabhängig davon, ob gegen den ablehnenden Bescheid des Finanzamtes Einspruch eingelegt worden ist oder nicht, kann eine Eintragung des Vereins nicht erfolgen, solange nicht im Sinne des Vereins über einen etwaigen Einspruch entschieden worden wäre.

Fazit und Ausblick / Praxishinweise

Die Entscheidung macht die Praxisrelevanz des Antrags gemäß § 60a AO deutlich. In den Abstimmungsprozess zu den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften und Anforderungen sollte demnach unbedingt bereits vor der Gründung des Vereins und dem Beschluss über die Satzung in der Gründungsversammlung eingetreten werden. Dabei handelt es sich nicht um ein förmliches Antragsverfahren, sondern um ein zunächst informelles Vorverfahren. Das Finanzamt erhält so die Möglichkeit, präventiv Bedenken zu äußern, die vor der Gründungsversammlung durch die Beteiligten beseitigt werden können.

Gern begleiten wir Sie bei dem Gründungsprozess Ihres Vereins von dem Entwurf einer Satzung unter Beachtung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben bis hin zu dem Abstimmungsprozess mit dem Finanzamt.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 3-2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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