Ausgleich von Wärmeverlusten in einem Fernwärmenetz
Ausgleich von Wärmeverlusten im Fernwärmenetz
Die Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG kann von Unternehmen des produzierenden Gewerbes wie beispielsweise Energieversorgungsunternehmen (EVU) für den Ausgleich von Wärmenetzverlusten beantragt werden. Wird die Wärme aus verschiedenen Anlagen in ein gemeinsames Rohrleitungsnetz eingespeist, ist die Steuererstattung nur im Verhältnis der tatsächlich von den Anlagen abgegebenen zur insgesamt in das jeweilige Netz eingespeisten Wärmeenergie möglich.
Nach § 54 Abs. 1 S. 1 EnergieStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag für versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die von einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes zu betrieblichen Zwecken verheizt worden sind. Eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse, die – wie hier – zur Erzeugung von Wärme verwendet worden sind, wird jedoch nur gewährt, soweit die erzeugte Wärme durch ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes genutzt wurde (§ 54 Abs. 1 S. 2 EnergieStG). Deshalb komme es nach Auffassung des BFH entscheidend darauf an, ob und in welchem Umfang die beipsielsweise mit Heizöl oder Erdgas erzeugte Wärme, die nicht den Verbraucher erreicht hat, sondern im Rohrleitungsnetz vor dem Einspeisepunkt verloren gegangen ist (sog. Wärmenetzverluste), dem betreffenden Unternehmen als Eigenverbrauch zuzurechnen sei. Solche Netzverluste werden nicht von dem Verbraucher „genutzt“, sondern von dem EVU. Das EVU verheize die Energieerzeugnisse zu „eigenen betrieblichen Zwecken“, weil es als Netzbetreiber und Lieferant der Wärme dazu verpflichtet sei, den Abnehmern Wärme in der vertraglich vereinbarten Menge zur Verfügung zu stellen. Der Ausgleich der Leitungsverluste sei untrennbar mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des EVU verbunden (Urteil des BFH vom 8. November 2016 – VII R 6/16).
Speisen mehrere Unternehmen aus verschiedenen Anlagetypen Wärme in ein Netz ein, ist die genaue Bestimmung, welche Wärme in welchem Umfang verloren gegangen ist, schwierig. Ein naheliegender Ansatz ist, dass die Einspeisungen der Anlagenbetreiber jeweils in etwa gleichem Umfang zum Ausgleich der Netzverluste beitragen. Dementsprechend hat der BFH entschieden, dass die von den verschiedenen Anlagen eingespeisten Wärmemengen grundsätzlich anteilig zur Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG berechtigen. Ein Nachweis dafür, dass die Netzverluste überproportional durch die in den Anlagen der Klägerin erzeugte Wärme ausgeglichen werden, sei von der Klägerin nicht erbracht worden.
Einem EVU sei es nicht gestattet, Leitungsverluste nach Belieben „bilanziell“ (d. h. sich selbst) zuzuordnen, da es nach Auffassung des BFH hierfür keine Rechtsgrundlage gebe. Es gebe gerade keine dem Stromsteuerrecht ähnliche Zurechnungsproblematik, weil StromStG und EnergieStG jeweils unterschiedliche Besteuerungssystematiken verfolgen; im Stromsteuerrecht entstehe die Steuer erst mit der Entnahme des Stroms aus dem Leitungsnetz. Besteuert werde nicht der erzeugte, sondern der entnommene Strom. Die Energiesteuer entstehe hingegen schon bei Verwendung der Energieerzeugnisse und damit im Zeitpunkt der Erzeugung der Wärme.
Die Entlastung sei dabei allerdings nicht auf die vom EVU selbst verheizten Energieerzeugnisse begrenzt. Die begünstigungsfähigen Mengen seien zwar nicht im Wege einer bilanziellen Zuordnung, sondern auf Grundlage einer physikalischen Betrachtung einer bestimmten Anlage anteilig zuzurechnen. Allerdings hat der BFH insoweit ergänzt, dass ein Verheizen zu eigenen betrieblichen Zwecken i. S. von § 54 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG grundsätzlich auch insoweit vorliege, als das EVU Energieerzeugnisse verheizt hat, um – rein rechnerisch betrachtet – von Dritten bezogene Wärmemengen auf einer bestimmten Temperatur zu halten und die damit verbundenen Wärmeverluste auszugleichen. Sofern das EVU Wärmemengen von seinen Lieferanten übernommen hat, sei das EVU als Betreiberin des Fernwärmenetzes allein für die weitere Verteilung der Wärme und dementsprechend auch für den Ausgleich der unvermeidbaren Netzverluste verantwortlich. Damit diene der Ausgleich von Netzverlusten in den Netzen auch den eigenen betrieblichen Zwecken des EVU.
Zur Vermeidung einer Doppelbegünstigung sei allerdings sicherzustellen, dass das verheizte Energieerzeugnis nicht schon nach einer anderen Vorschrift entlastet wird. Im konkreten Fall kam die Steuerentlastung nach §§ 53a EnergieStG für die gekoppelte Erzeugung von Kraft und Wärme in Betracht. Nach § 54 EnergieStG zusätzlich entlastungsfähig seien demnach nur das in Heizkesseln eingesetzte Heizöl bzw. Erdgas. Die in Blockheizkraftwerken eingesetzten Mengen waren schon nach § 53a EnergieStG begünstigt. Wie der BFH ausführlich darlegte, kam eine freie Zuordnung sämtlicher zum Ausgleich der Netzverluste eingesetzten Energieerzeugnisse nicht in Frage.
Autoren
Dr. Gregor Weimer
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Francois Chales de Beaulieu
Tel: +49 30 208 88 1792
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