Neuregelung zur Besteuerung von Photovoltaikanlagen

Der Umstieg auf regenerative Energien ist in Deutschland in vollem Gange. Zum Teil wird dieser Umstieg jedoch auch durch den Gesetzgeber explizit gefordert. Als eines der ersten regelt z. B. das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln), dass bei Neubauten öffentlicher Gebäude grundsätzlich die Errichtung von Solaranlagen (Photovoltaik oder Solarthermie) auf der gesamten technisch nutzbaren Dachfläche vorzusehen ist (§ 19 Abs. 3 EWG Bln) und auf Dächern öffentlicher Gebäude spätestens bis zum 31. Dezember 2024 Solaranlagen auf der gesamten technisch nutzbaren Dachfläche zu errichten sind, wenn dies statisch möglich ist (§ 19 Abs. 4 EWG Bln).

Hierbei können die Solaranlagen entweder selbst oder durch Dritte betrieben werden. Vor diesem Hintergrund stellen sich vermehrt Fragen, wie die Besteuerung von Photovoltaikanlagen bei Betreibern aus dem Bereich der öffentlichen Hand erfolgt. Gleichzeitig hat der Steuergesetzgeber im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 die Besteuerung von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) zum Teil neu geregelt.

1. Grundlagen

Werden PV-Anlagen als Volleinspeisungs- oder Überschusseinspeisungsanlagen betrieben und wird tatsächlich Strom in das öffentliche Netz eingespeist, unterhalten juristische Personen des öffentlichen Rechts bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 KStG einen Betrieb gewerblicher Art (BgA). Dieser kann nicht mit der Begründung, die Stromversorgung der Bürger gehöre zur Daseinsvorsorge, als Hoheitsbetrieb eingeordnet werden (§ 4 Abs. 3 KStG, § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV).

2. Ertragsteuerliche Neuregelung

Bisher unterlagen Gewinne aus dem BgA PV-Anlage stets der Ertragsbesteuerung. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 hat der Gesetzgeber im Einkommensteuergesetz eine Steuerbefreiung für bestimmte PV-Anlagen eingeführt (§ 3 Nr. 72 EStG). Die Steuerbefreiung ist u. E. auch für Zwecke der Körperschaftsteuer zu beachten (§ 8 Abs. 1 KStG). Von der Steuerbefreiung erfasst werden die Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen, wenn:

  • die PV-Anlage auf, an oder in Einfamilienhäusern einschließlich Nebengebäuden installiert ist und über eine im Marktstammdatenregister eingetragene maximal installierte Bruttoleistung von bis zu 30 kWp (Kilowatt-Peak) verfügt, oder
  • die PV-Anlage auf, an oder in nicht zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden installiert ist und über eine im Marktstammdatenregister eingetragene maximal installierte Bruttoleistung von bis zu 30 kWp verfügt oder
  • auf, an oder in sonstigen Gebäuden (z. B. Mehrfamilienhaus, gemischt genutzte Immobilie) installiert ist und über eine im Marktstammdatenregister eingetragene maximal installierte Bruttoleistung von bis zu 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit verfügt.

Werden mehrere grundsätzlich von der Steuerbefreiung erfasste PV-Anlagen betrieben, ist die Ertragsteuerbefreiung insgesamt auf höchstens 100 kWp je Steuerpflichtigen oder je Mitunternehmerschaft (bei einem gemeinsamen Betrieb der PV-Anlage durch mehrere Steuerpflichtige) begrenzt.

Während die Finanzverwaltung die gesetzlichen Neuregelungen für umsatzsteuerliche Zwecke von im Rahmen des BMF-Schreibens vom 27. Februar 2023 weiter erläutert, liegen bis zum Redaktionsschluss des Newsletters bisher zu den ertragsteuerlichen Änderungen noch keine Äußerungen der Finanzverwaltung vor. So bleibt insbesondere abzuwarten, ob die Grenze von 100 kWp installierter Bruttoleistung als Freibetrag oder als Freigrenze anzusehen ist.

Hiervon wird abhängen, ob Betreiber von mehreren PV-Anlagen, die insgesamt eine größere installierte Bruttoleistung als 100 kWp aufweisen, gleichwohl für die in Summe unterhalb der Grenze liegenden Anlagen die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen können oder ob diese bei Überschreiten der Grenze gänzlich wegfällt.

Die Ertragsteuerbefreiung ist bei einem kalendergleichen Wirtschaftsjahr ab dem 1. Januar 2022 anzuwenden. Sie gilt unabhängig vom Errichtungsdatum der PV-Anlage und gilt daher auch für Altanlagen.

3. Umsatzsteuerliche Neuregelung

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 wurde ein neuer ermäßigter Umsatzsteuersatz von 0 % eingeführt (§ 12 Abs. 3 UStG). Dieser ist von den geltenden Umsatzsteuerbefreiungen oder nicht umsatzsteuerbaren Sachverhalten zu unterscheiden. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 0 % gilt für:

  • die Lieferung von Solarmodulen an den PV-Anlagenbetreiber,
  • die Lieferung von für den Betrieb der PV-Anlagen wesentlichen Komponenten,
  • die Lieferung von Stromspeichern, die dazu dienen, den mit der PV-Anlage erzeugten Strom zu speichern,
  • die Installation der PV-Anlage und der o. g. Stromspeicher,
  • die Entnahme einer PV-Anlage aus dem Unternehmensvermögen sowie
  • für die umsatzsteuerlichen Nebenleistungen zu den vorgenannten Leistungen.

Voraussetzung ist, dass die PV-Anlage auf oder in der Nähe von:

  • Privatwohnungen,
  • Wohnungen oder
  • öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden,

installiert wird.

Um öffentliche und andere Gebäude, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, handelt es sich, wenn das jeweilige Gebäude für Umsätze nach § 4 Nr. 11b, 14 bis 18, 20 bis 25, 27 und 29 oder § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG oder für hoheitliche oder ideelle Tätigkeiten genutzt wird. Wird ein Gebäude sowohl für begünstigte als auch für nicht begünstigte Zwecke verwendet, ist grundsätzlich von einem begünstigten Gebäude auszugehen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die unschädliche Nutzung so sehr hinter der schädlichen Nutzung zurücktritt, dass eine Anwendung der Begünstigung nicht sachgerecht wäre. Hiervon ist auszugehen, wenn die unschädliche Nutzung in so engem Zusammenhang mit der schädlichen Nutzung steht, dass ihr kein eigener Zweck zukommt (z. B. Hausmeisterwohnung in einem Gewerbekomplex), oder wenn die auf die unschädliche Nutzung entfallenden Nutzflächenanteile weniger als 10 % der Gesamtgebäudenutzfläche ausmachen.

In der Nähe der genannten Gebäude befindet sich eine PV-Anlage insbesondere, wenn sie auf dem Grundstück installiert ist, auf dem sich auch das betreffende Gebäude befindet (z. B. Garage, Gartenschuppen, Zaun). Von einer Nähe ist daher auch auszugehen, wenn zwischen dem Grundstück und der Photovoltaikanlage ein räumlicher oder funktionaler Nutzungszusammenhang besteht (z. B. einheitlicher Gebäudekomplex oder einheitliches Areal).

Eine Größenbegrenzung der PV-Anlage ist für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 0 % nicht vorgesehen.

Der ermäßigte Steuersatz von 0 % hat somit in erster Linie Auswirkungen auf die Anschaffung der PV-Anlage. Seine Anwendung ist daher durch den Solateur zu prüfen. Hierzu wird der Auftraggeber regelmäßig dem Solateur die erforderlichen Daten insbesondere zum Gebäude zur Verfügung stellen müssen. Beträgt die (geplante) Anlagengröße jedoch nicht mehr als 30 kWp, darf der Solateur davon ausgehen, dass die gebäudebezogenen Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 0 % vorliegen (gesetzliche Fiktion).

Der ermäßigte Steuersatz von 0 % gilt für die begünstigten Leistungen, die ab dem 1. Januar 2023 erbracht werden. Auf das Datum der Beauftragung der PV-Anlage kommt es nicht an.

Werden PV-Anlagen gemietet oder gepachtet, unterliegt der Miet- oder Pachtzins nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 0 %, da dieser lediglich für Leistungen an den Anlagenbetreiber gilt.

An der Umsatzbesteuerung der Entgelte für die Stromeinspeisung in das öffentliche Netz haben sich keine Änderungen ergeben. Diese unterliegt bei Vorliegen der Unternehmereigenschaft weiterhin dem regulären Umsatzsteuersatz von 19 %.

Autor

Rainer Peukert
Tel: +49 341 60 03 2268

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 2-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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