BFH: neue Handhabe für die Grundsätze zum Spendenabzug bei Darlehen an Stifter
BFH: Verflechtung zwischen Unternehmensbereichen
Sachverhalt
Ausgangspunkt der Entscheidung war, dass der Kläger, der als Stifter eine Stiftung gegründet hatte, einen Spendenabzug für eine an die eigene Stiftung geleistete Spende begehrte. Die rechtsfähige und gemeinnützige Stiftung erfüllte die Voraussetzungen zur Erteilung von Spendenbescheinigungen nach § 10b EStG. Der Stifter war Vorsitzender des zweiköpfigen Vorstands und hatte das Entscheidungsrecht bei Stimmengleichheit inne.
Der Stifter erhielt von der Stiftung eine Spendenbescheinigung für eine erbrachte Zuwendung in das Vermögen der Stiftung, die der Stifter selbst als Vorstand unterzeichnete. Kurze Zeit darauf gewährte die Stiftung ein verzinsliches Darlehen in der Höhe der vom Stifter zugewendeten Vermögenswerte an den Stifter zurück. Ob die Darlehensverträge unter Beachtung des § 181 BGB, dem sog. Insichgeschäft, zivilrechtlich wirksam waren, wurde von den Beteiligten und dem Finanzgericht nicht erörtert.
Das Finanzamt gewährte dem Stifter im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zunächst den Spendenabzug als sogenannte Vermögensstockspende (§ 10b Abs. 1a EStG), ohne zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von den gewährten Darlehen zu haben. Nach Kenntniserlangung von den Umständen versagte das Finanzamt den Spendenabzug, wogegen der Stifter erfolglos Einspruch und Klage erhob. Das vorinstanzliche Finanzgericht begründete eine Versagung des Spendenabzugs damit, dass es hierfür an der Voraussetzung der Unentgeltlichkeit der Zuwendung fehle, weil in der Darlehensgewährung eine schädliche Vorteilsgewährung zugunsten des Stifters liege, indem er diese ohne bankübliche Formalitäten erlangte.
Entscheidung des BFH
Der BFH stellte sich der Entscheidung des Finanzgerichts entgegen und entschied, dass eine Darlehensgewährung in engem zeitlichem Zusammenhang mit einer Zuwendung den Spendenabzug nicht ausschließe, wenn das Ergebnis einer Gesamtwürdigung deren Fremdüblichkeit ergebe und die tatsächliche Durchführung des Darlehensvertrages keine Zweifel an dem, aus Sicht des Zuwendenden bestehenden, Fremdkapitalcharakter der Mittel zulässt. Das Darlehen sei für sich gesehen bereits ein ausgewogenes gegenseitiges Rechtsverhältnis, sodass die Annahme eines überschießenden Gegenleistungsanteils für die vorangegangene Spende nicht statthaft ist.
Dem Grunde nach sei für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Darlehensgewährung von einer Stiftung aus gespendeten Beiträgen an den Stifter zunächst die Bereitstellung der Darlehensmittel aus Eigen- oder Fremdkapital maßgeblich. Der BFH führt hierzu aus, dass nach der Zuwendung an die Stiftung ein Darlehensbetrag nicht mehr zu den eigenen Mitteln des Spenders gehöre, selbst wenn er in der Höhe dem Betrag der vorherigen Spende entspreche. Die Darlehenssumme sei dann zu verzinsendes und zurückzuzahlendes Fremdkapital der Stiftung. Ein Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO sei hierin nach Ansicht des BFH nicht gegeben, weil die Darlehensvaluta zur Zeit der Gewährung gerade kein Eigenkapital des Stifters darstelle und sich dessen Stellung tatsächlich und wirtschaftlich derart verändert habe, dass er im Eigenkapital in der Höhe der Zuwendung entreichert sei und stattdessen eine Verbindlichkeit in dieser Höhe eingehe.
Außerdem ist für die Annahme einer fremdüblichen Darlehensgewährung die Einhaltung der für die Anlage von Mitteln des Vermögensstocks einer Stiftung üblichen Grundsätze erforderlich. Aus dem Gebot der sicheren und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung ergibt sich insbesondere, dass Risiko und erwarteter Ertrag in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen müssen.
Darüber hinaus verlangte der BFH, dass auch die vereinbarten Darlehensbedingungen in ihrer Ausgestaltung einem Fremdvergleich standhalten können. Für die Annahme der Fremdüblichkeit soll nicht auf einzelne Details des Vertrages abgestellt, sondern eine Gesamtwürdigung durchgeführt werden. Dadurch könnten Abweichungen in einzelnen Detailfragen unter Umständen durch gegenläufige Aspekte ausgeglichen werden.
Zuletzt verlangte der BFH für einen Spendenabzug, dass auch die tatsächliche Durchführung des Darlehensvertrages keine Zweifel aufkommen lassen dürfe, dass die valutierten Darlehensmittel aus Sicht des Stifters Fremdkapital darstellen und diesen endgültig wirtschaftlich belasten. Die Trennung der unterschiedlichen Vermögenssphären von Stifter und Stiftung stellen ein wesentliches Indiz im Wege der Gesamtwürdigung dar, sodass der Vermögensabfluss beim Stifter zu einer endgültigen wirtschaftlichen Belastung geführt haben muss.
Fazit und Ausblick/Praxishinweise
Der BFH hat zum ersten Mal konkret die Frage des Spendenabzugs im zeitlichen Zusammenhang mit einem Darlehen an den Stifter beurteilt. Mit dieser Entscheidung wurden praxistaugliche Kriterien zur Beurteilung der Unentgeltlichkeit einer Zuwendung als Voraussetzung für einen Spendenabzug geschaffen, was sehr zu begrüßen ist.
Hinsichtlich des Fremdvergleichs, innerhalb dessen die Gesamtumstände des konkreten Einzelfalls anhand der genannten Kriterien abzuwägen sind, hat der BFH deutlich gemacht, was er für maßgeblich erachtet. Das ist zum einen, dass der Vermögensabfluss beim Stifter zu einer endgültigen wirtschaftlichen Belastung bei diesem führen müsse. Zum anderen könne bei der Gesamtbetrachtung z. B. eine nicht vollständige Besicherung des Darlehens durch eine höhere Zinsforderung ausgeglichen werden. Darüber hinaus gehe von einer etwaigen zivilrechtlichen Unwirksamkeit der Darlehensverträge zwar grundsätzlich eine Indizwirkung gegen einen Spendenabzug aus, diese sei jedoch durch den rechtlichen Bestand und die Endgültigkeit der Spende deutlich zu entkräften.
Der BFH hat darüber hinaus ausdrücklich offen gelassen, ob der Spendenabzug bei Erfüllung sämtlicher objektiver Voraussetzungen zusätzlich noch ein subjektives Tatbestandsmerkmal, die sog. Spendenmotivation, erfordert.
Zudem ist ungeklärt geblieben, ob der Vertrauensschutz in die Zuwendungsbestätigung nach § 10b Abs. 1a EStG ausgeschlossen ist, wenn ein Insichgeschäft i. S. d. § 181 BGB vorliegt. Hierbei hat der BFH dem Finanzgericht hinsichtlich der Beurteilung des Vertrauensschutzes keine Maßgaben erteilt, sodass diesbezügliche Rechtsunsicherheiten verbleiben.
Autoren
Dr. Alexander Becker
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Christian Hassa
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 1-2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.