Zur Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG)
Zur Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG)
Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs sind:
Verankerung eines „Rollout-Fahrplans“
Mit dem neuen MsbG wird ein konkreter Zeitplan mit verbindlichen Zielen verankert, um die Energiewende durch eine Umsetzung des Smart-Meter-Rollouts bis ins Jahr 2030 zu fördern. Dabei entfällt künftig das Erfordernis der sogenannten BSI-Marktanalyse und -Markterklärung.
Darüber hinaus fällt die bislang geltende Drei-Hersteller- Regel, die bereits aus EU-rechtlicher Sicht nicht erforderlich war. Mittlerweile ist eine Vielzahl von Smart-Meter-Gateways auf dem Markt verfügbar, sodass auch auf nationaler Ebene eine Zertifizierung durch drei unabhängige Hersteller*innen nicht mehr als erforderlich angesehen wird. Vielmehr kann nun das innovativste Produkt das Umsetzungstempo vorgeben, ohne auf den technischen Gleichstand mit anderen Produkten warten zu müssen.
Einführung des „agilen Rollouts“
Mit dem neuen § 31 MsbG kann der Rollout dadurch bei Verbraucher*innen bis 100.000 kWh (optional < 6.000 kWh) und Erzeuger*innen bis 25 kW (optional 1 bis 7 kW) sofort mit den bereits zertifizierten Geräten starten, selbst wenn noch nicht alle Funktionen freigeschaltet sind. Damit kann sich die Branche auf den Pflichtrollout vorbereiten und die Steuerung der Smart-Meter-Gateways in dieser Phase „üben“. Hierdurch sollen alle Marktteilnehmenden schnellstmöglich von der Digitalisierung profitieren. Noch fehlende Funktionen und Updates können zu einem späteren Zeitpunkt installiert werden, ohne die bereits installierten Geräte ausbauen zu müssen.
Bislang verlangte die Rechtsprechung die Umsetzung aller gesetzlich genannten Mindestfunktionalitäten für die Freigabe durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Entsprechend hoch waren die Hürden für einen schnellen Marktzugang. Durch den agilen Rollout können die Messstellenbetreiber* innen während der Umsetzung weitere Funktionen erproben. Den Voraussetzungen des EU-Rechts an den notwendigen Mindest-Funktionsumfang wird dennoch vollständig Rechnung getragen.
Gerechte Kostenverteilung und Verbesserung des Datenschutzes
In § 30 MsbG (n. F.) wird die Kostenverteilung für die Smart Meter geregelt. So dürfen z. B. gem. Abs. 1 Ziff. 6 an Messstellen an Zählpunkten mit einem Jahresstromverbrauch über 6.000 kWh bis einschließlich 10.000 kWh für den Messstellenbetrieb für jeden Zählpunkt insgesamt brutto jährlich nicht mehr als 100 € in Rechnung gestellt werden. Den Privathaushalten und Kleinanlagenbetreiber*innen dürfen davon allerdings nur maximal 20 € im Jahr berechnet werden. Dies entspricht der heutigen Preisobergrenze für eine moderne Messeinrichtung. Da die Netzbetreiber* innen in besonderer Weise vom Smart-Meter- Rollout profitieren, wird die dargestellte Kostenverteilung als angemessen angesehen.
Um den Datenschutz zu verbessern, werden die allgemeinen Anforderungen an die Datenkommunikation (durch Vorgaben zu Speicherungen, Löschungen, Anonymisierung, Pseudonymisierung und den weiter ausdifferenzierten Zweckvorgaben) im neuen MsbG präzisiert und erweitert.
Beschleunigung der Einführung dynamischer Tarife
Gem. § 41a Abs. 2 EnWG müssen aktuell lediglich Lieferant*innen, die mehr als 100.000 Letztverbraucher* innen beliefern, dynamische Stromtarife anbieten, sofern ein Smart Meter installiert ist. Durch die enthaltene Änderung des EnWG werden sämtliche Lieferant*innen verpflichtet, ab dem 1. Januar 2025 Letztverbraucher*innen mit intelligenten Messsystemen dynamische Stromtarife anzubieten. Mit dieser Fristsetzung wird der Branche ein realistischer Zeitplan für die Umsetzung der erforderlichen Vorbereitungen vorgegeben.
Das Angebot dynamischer Stromtarife soll für die Verbraucher*innen Anreize schaffen, zu Zeiten hoher Stromerzeugung bei gleichzeitig niedrigem Strombedarf ihren Verbrauch kostenoptimierend zu steuern.
Einführung des Auffangmessstellenbetreibers
In § 11 MsbG (n. F.) werden die bisherigen Regelungen zur Sicherstellung des Messstellenbetriebs beim Ausfall eines Messstellenbetreibers ergänzt und neu gestaltet, um in diesen Fällen die Fortsetzung von Messstellenbetrieb und Rollout zu gewährleisten.
Während beim Verlust der Zertifizierung und der fehlenden Genehmigung in der alten Fassung des MsbG lediglich die (mit erheblichem Zeitverzug verbundene) Verpflichtung zur Ausschreibung der Grundzuständigkeit vorgesehen war, sieht die Novelle die Übernahme der Grundzuständigkeit kraft Gesetzes durch den Auffangmessstellenbetreiber bereits nach sechs Monaten vor. Wird die Grundzuständigkeit in diesem Zeitraum nicht übertragen, endet nach Ablauf dieser Frist der Notbetrieb und der Auffangmessstellenbetreiber rückt mit allen Rechten und Pflichten kraft Gesetzes entschädigungslos in die Grundzuständigkeit ein.
Die Bestimmung der Person des Auffangmessstellenbetreibers folgt aus § 11 Abs. 2 Satz 1 und 3 MsbG (n. F.). Satz 1 definiert als Auffangmessstellenbetreiber denjenigen grundzuständigen Messstellenbetreiber, der nach den aktuellsten der Bundesnetzagentur zur Erstellung ihres Monitoring-Berichts gemäß § 35 des Energiewirtschaftsgesetzes vorliegenden Daten bundesweit die meisten intelligenten Messsysteme in absoluten Zahlen betrieben hat. Das entsprechende Unternehmen wird durch die Bundesnetzagentur zu Beginn eines jeden Kalenderjahres nach Satz 3 veröffentlicht.
Konkretisierung der Rolle des Smart- Meter-Gateway-Administrators
Mit § 34 MsbG (n. F.) wird die bisherige Rolle der Messstellenbetreiber*innen als Smart-Meter-Gateway- Administrator*innen weiter beschrieben und Standard- und Zusatzleistungen der Messstellenbetriebs definiert. Die Standardleistungen (z. B. Erhebung viertelstundengenauer Netzzustandsdaten, Prozesse zur Datenkommunikation) sind dabei obligatorisch im Messstellenbetrieb enthalten. Die Zusatzleistungen (z. B. Ausstattung von Messstellen mit Strom- und Spannungswandlern und deren anschließender Betrieb, für die Direktvermarktung von Anlagen nach dem Erneuerbare-Energien- Gesetz und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz notwendige Datenkommunikation über das Smart-Meter-Gateway) dürfen nur dann verweigert werden, wenn technische Gründe dagegen sprechen. Im Übrigen haben die Energieversorgungsunternehmen, Direktvermarktungsunternehmen, Letztverbraucher* innen, Anschlussbegehrende nach dem EEG und Anlagenbetreiber*innen nunmehr einen Anspruch auf die Zusatzleistungen.
Den gesamten Gesetzentwurf einschließlich der Begründung finden Sie hier.
Autorin
Maria Elisabeth Grosch
Tel: +49 30 208 88 1174
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 1-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.