Hohe Hürden für Rechtsschutz gegen die Rückforderung von Coronahilfen

Inzwischen vorliegende verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zu staatlichen Coronahilfen machen nochmals die hohen Hürden deutlich, die an gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Rückforderung von solchen – ohne Rechtsanspruch gewährten – staatlichen Subventionen gestellt werden.

Gleichzeitig lassen sie das Dilemma der Komplexität sowie ungenauer Festlegungen von Förderanforderungen bei gleichzeitiger äußerster Zurückhaltung der Bewilligungsbehörden zur Klärung schwieriger Abgrenzungs- und Rechtsfragen im Verwaltungsverfahren zu Tage treten. Zwar sind die Förderprogramme zum 30. Juni 2022 ausgelaufen. Die erforderlichen Schlussabrechnungen sind jedoch vielfach noch nicht erfolgt und Fragen der nachträglichen Überprüfung sowie Rückabwicklung dürften die Rechtspraxis noch einige Zeit beschäftigen.

Coronahilfen wurden regelmäßig unter dem Vorbehalt ihrer endgültigen Festsetzung auf Grundlage einer Schlussabrechnung bewilligt. Im Rahmen der Schlussabrechnung ist dann insbesondere der für die Höhe der Hilfen relevante, tatsächlich entstandene Umsatzrückgang zu berücksichtigen. Solche vorbehaltlichen Bewilligungsbescheide sind in ihrem Regelungsinhalt von vornherein dahingehend eingeschränkt, dass der Begünstigte die Zuwendung zunächst nur vorläufig bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung behalten darf. Ob ein Anspruch auf das endgültige Behaltendürfen der Zuwendung besteht, hängt vom abschließenden Bewilligungsbescheid (Schlussbescheid) ab.

Treten im Laufe des Verwaltungsverfahrens nach erfolgter Auszahlung der bewilligten Hilfen rechtliche Zweifelsfragen zum Verständnis einzelner Bewilligungsanforderungen auf, gelingt eine diesbezügliche Abstimmung und Klärung mit der Bewilligungsbehörde im Verwaltungsverfahren häufig nicht oder nur unzureichend. Einerseits sehen die Verfahrensregelungen zur Gewährung der Coronahilfen solche Abstimmungen nicht vor. Andererseits wird eine Abstimmung von den Bewilligungsstellen teilweise auch unter Verweis auf mangelnde personelle Ressourcen verweigert. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) erscheint dies bedenklich, jedenfalls soweit Antragsteller wohlbegründet um eine Überprüfung bitten.

Dies gilt erst recht, weil der gerichtliche Rechtsschutz gegen die Rückforderung staatlicher Subventionen erheblich eingeschränkt ist. An dieser Verwaltungspraxis dürfte sich aber in nächster Zeit nichts ändern.

Weniger prekär sind dabei Fälle, in denen die Bewilligungsbehörde die maßgeblichen Förderrichtlinien offensichtlich nicht richtig angewendet hat, insbesondere dies bereits nach dem Wortlaut der betreffenden Richtlinienregelung eindeutig erkennbar ist. Im Falle der Corona-Überbrückungshilfen finden sich die maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen in den sog. Vollzugshinweisen für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen, die durch Auslegungshilfen, die sog. FAQs, ergänzt werden. In solchen eindeutigen Fällen sind die Bewilligungsbehörden in der Regel bereit, ihren Bescheid zu ändern bzw. es liegt bei solchen Fehlern regelmäßig auch eine gegen die sog. Selbstbindung der Verwaltung verstoßende Ungleichbehandlung vor, wegen der auch eine gerichtliche Aufhebung des betreffenden Bescheides erreicht werden kann.

Anders ist die Situation jedoch bei Zweifelsfragen über das Verständnis der sich aus den Förderrichtlinien ergebenden Bewilligungsanforderungen bzw. – beim Fehlen solcher Anforderungen – soweit die Bewilligungsbehörde diese Lücke in den betreffenden Sachverhalten durch eine selbstbestimmte Handhabung geschlossen hat. Stellt die Bewilligungsbehörde z. B. nach Auszahlung der Coronahilfen fest, dass die Bewilligungsanforderungen nach ihrem Verständnis oder ihrer bisherigen Verwaltungspraxis gar nicht vorliegen, beispielsweise weil es an der Antragsberechtigung fehlt, und fordert sie deshalb die gewährten Hilfen zurück, ist dagegen verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz weitaus schwieriger zu erlangen. Dies wird auch in den vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zu Coronahilfen deutlich (vgl. z. B. VG München, Urt. v. 15. September 2021, M 31 K 21.110 = BeckRS 2021, 26855).

Weil es sich um staatliche Billigkeitsleistungen gemäß § 53 BHO bzw. der jeweiligen LHO handelt, besteht auf diese grundsätzlich kein Rechtsanspruch, sondern die Zuwendung erfolgt regelmäßig auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (§§ 23, 44 BHO/LHO). Damit verbunden ist ein eingeschränkter gerichtlicher Überprüfungsmaßstab. Die Verwaltungsgerichte sind auf die Prüfung beschränkt, ob bei der Anwendung solcher Richtlinien im Einzelfall das Grundrecht auf Gleichbehandlung verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Eine Überprüfung der einzelnen Zuwendungsanforderungen, insbesondere im Hinblick auf deren Verständnis, ist den Verwaltungsgerichten grundsätzlich verwehrt. Sie dürfen nicht ihr Verständnis einer solchen Anforderung an die Stelle des Verständnisses der zuständigen Bewilligungsbehörde setzen. Entscheidend ist, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Verwaltungspraxis gehandhabt hat – und damit die Sichtweise der Bewilligungsbehörde. Eine solche Richtlinie darf insbesondere nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, denn sie dient nur dazu, eine dem Grundrecht der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten.

Ein verwaltungsgerichtlich überprüfbarer Verstoß gegen materielle Rechtsvorschriften durch die Ablehnung eines Förderantrages oder durch die Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter staatlicher Hilfen kommt eher selten in Betracht. Die hier zwar zu berücksichtigenden Grundsätze des Vertrauensschutzes schlagen im Bereich des Subventionsrechts und hier insbesondere auch wegen der ausdrücklichen Vorläufigkeit der Zuwendungsbewilligung nicht durch. Nach der Rechtsprechung ist ein Vertrauen in das Behaltendürfen solcher Zuwendungen nur unter besonderen Umständen schutzwürdig (vgl. EuGH NVwZ 1990, 1161; BVerwG NJW 1998, 3728, 3730 f.). Die bloße Verletzung von Verfahrensvorschriften reicht ebenfalls regelmäßig nicht.

Ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Absatz 1 des Grundgesetzes liegt darüber hinaus nicht schon in jeder Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte. Vielmehr muss diese so wenig sachlich begründet sein, dass sie willkürlich erscheint. Dazu dürfen die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sein, sodass sich der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen. Während aus Sicht des Förderrichtliniengebers bzw. der Bewilligungsstelle mithin das Vorliegen irgendeines plausiblen sachlichen Grundes für die entsprechende Regelung bzw. Handhabung des Fördersachverhaltes ausreicht und die Willkürgrenze selbst dann nicht überschritten wird, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe, muss der Rückforderungsbetroffene als Kläger zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass alle zur Rechtfertigung des Vorgehens in Betracht kommenden sachlichen Argumente für die betreffende Förderpraxis unzureichend sind und eine willkürliche Ungleichbehandlung vorliegt. Regelmäßig kann dies nur schwer gelingen. Coronahilfeempfänger wie auch sonstige Antragsteller auf staatliche Subventionen sind daher gut beraten, Zweifelsfragen noch im Antragsstadium zu klären bzw. jedenfalls auch Vorkehrungen für das Worst-Case-Szenario der Rückforderung ausgezahlter Mittel bei Zugrundelegung des für den Antragsteller ungünstigsten Verständnisses der betreffenden Förderregelung zu treffen.

Autor

Dr. Markus Nagel
Tel: +49 341 60 03 2185

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 4-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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