Steuerermäßigungen in der Preiswertung

Die Preiswertung ist naturgemäß ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots. Welcher Preis dabei in die Wertung miteinfließt, ist vom Auftraggeber zu definieren. Hierbei stehen dem Auftraggeber im Rahmen seines Ermessens mannigfaltige Ausgestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Eine Frage stellt sich jedoch grundsätzlich immer: Sollte der Brutto- oder der Nettopreis angesetzt werden und was passiert, wenn Bieter angeben, eine Steuerermäßigung in Anspruch nehmen zu dürfen? Mit dieser Frage hat sich die VK Bund in ihren Beschluss vom 23. August 2021 (Az.: VK 1-84/21) auseinandergesetzt.

Die Entscheidung, ob der Brutto- oder Nettopreis in die Wertung einfließt, wird zumeist maßgeblich davon beeinflusst, ob der Auftraggeber zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Ist ein Auftraggeber zum Vorsteuerabzug berechtigt, kann er sich die an seinen Auftragnehmer gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückholen. Der Auftraggeber wird von der Umsatzsteuer also nicht bleibend belastet, sodass die Höhe der Umsatzsteuer für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots von geringer Bedeutung ist. Ist der Auftraggeber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, muss er seinerseits die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, sodass die Höhe der Umsatzsteuer sich auf ihn sehr wohl auswirkt und daher auch bei der Preiswertung berücksichtigt werden sollte. Daher ist es in diesen Fällen wichtig zu wissen, in welcher Höhe Umsatzsteuer anfallen wird.

Inkludiert ein Bieter in seinem Bruttopreis eine Steuerermäßigung, ist der Auftraggeber nicht notwendigerweise dazu verpflichtet, diese Steuerermäßigung ohne Weiteres anzuerkennen. Vielmehr trifft den Auftraggeber, wenn er Zweifel daran hat, dass die Steuerermäßigung im konkreten Fall Anwendung findet, gemäß der Entscheidung der VK Bund eine entsprechende Prüfungspflicht.

Bei Entscheidungsfindung darf sich der Auftraggeber auf gesicherte (unbestrittene, bewiesene oder beweisbare) Erkenntnisse stützen, sofern die Entscheidung vertretbar ist. Dies wiederum bedeutet, dass der Auftraggeber die Tiefe seiner Prüfung selbst entscheidet.

Im Fall der VK Bund legte der Bieter auf Bitten des Auftraggebers neben einer Eigenerklärung auch einen Anerkenntnisnachweis der Bundesagentur für Arbeit vor, aus dem hervorging, dass die Bieterin eine anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen war. Ebenfalls denkbar wäre auch die Vorlage eines Umsatzsteuerbescheides, aus dem sich die Anwendung der Steuerermäßigung durch die Finanzbehörden ergibt, oder eine Stellungnahme des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers. Eine konkrete Bescheinigung der Finanzbehörden zur Anwendbarkeit der Steuerermäßigung lässt sich in der Regel nicht vorlegen, da die Finanzbehörden entsprechende Bescheinigungen grundsätzlich nicht ausstellen.

Schließlich ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. So verfügen Auftraggeber zum einen intern zumeist nicht über das notwendige vertiefte steuerrechtliche Know-how. Zum anderen widerspräche eine monatelange Prüfung der steuerlichen Rechtslage wohl dem Beschleunigungsgrundsatz. Schließlich kann ein Auftraggeber ohnehin keine bindende Entscheidung über die Anwendbarkeit treffen, da diese Entscheidungsbefugnis ausschließlich den Finanzbehörden zusteht.

Es kommt also lediglich darauf an, dass der Auftraggeber im Rahmen seiner Ermessens etwaige Zweifel beseitigt. Inwieweit die entsprechende Aufklärung ausreichend war, ist zudem nur eingeschränkt durch die Vergabekammern nachprüfbar. Sollte sich demnach eine solche Frage einmal stellen, können sich Auftraggeber mit einer hinreichenden Dokumentation des Aufklärungsprozesses schützen.

Autorin

Theresa Katharina Klemm
Tel: +49 30 208 88 1447

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 4-2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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